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    Hugo Koblet – Pédaleur de charme
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Hugo Koblet – Pédaleur de charme
    Von Asokan Nirmalarajah

    Hugo Koblet, eine Schweizer Radsport-Legende der Nachkriegszeit, verstarb Mitte der 1960er Jahre. 2009 begann mit der Aufführung von Gerhard Meisters Theaterstück „Hugos schöner Schatten“ im Stadttheater Bern ein Revival der Sportlegende, die 2010 mit der Premiere von Daniel von Aarburgs „Hugo Koblet – Pédaleur de charme“ ihre Fortsetzung fand. Knapp vier Jahre später startet das gelungene Sportlerporträt, eine passgenaue Mischung aus Dokumentarfilm und Spielfilm, in den deutschen Kinos, und liefert mit Archivmaterial, neuen Interviews und soliden Spielszenen ein spannendes Porträt Koblets.

    Hugo Koblet (Manuel Löwensberg) erblickt am 21. März 1925 als Sohn eines Zürcher Bäckers das Licht der Welt. Während seine verwitwete Mutter (Chantal Le Moign) und sein älterer Bruder die Bäckerei am Laufen halten, zieht es den jungen Hugo zum Radsport. Bereits als junger Spund kann er einen ersten Achtungserfolg bei einem lokalen Wettrennen landen. Als junger Mann schließlich beginnt er 1946 seine Profikarriere als Bahnradfahrer und gewinnt seine ersten Titel. Im Jahre 1950 gelingt dem wagemutigen und leidenschaftlichen Koblet, der in Konkurrenz zu seinem besonnenen und disziplinierten Landsmann Ferdy Kübler steht, der Sensationserfolg: Nachdem er für die Schweizer Radmannschaft nicht gewählt wurde, erlangt Koblet als Teil des italienischen Teams internationalen Ruhm und gewinnt als erster Nicht-Italiener die Landesrundfahrt, den Giro d’Italia. Im darauffolgenden Jahr gelingt Koblet sogar noch ein größerer Erfolg: Er gewinnt das größte Radrennen der Welt, die Tour de France. Lebemann Koblet, dem der Spitzname „Pédaleur de Charme“ aufgrund seines eleganten Fahrstils zufiel, widmet sich fortan den Frauen, dem Geld und seinem Ego. Doch bald nimmt seine Karriere eine unerwartete Wendung, die ihn zu einer tragischen Figur macht.

    Daniel von Aarburgs Films beginnt mit einer Nachstellung des mysteriösen Unfalltods Hugo Koblets im Jahre 1964, der von vielen als Freitod des zu der Zeit hoch verschuldeten, einsamen und antriebslosen Ex-Sportlers gedeutet wird. Danach springt die Erzählung zurück in die Jugend Koblets, als sich Hugo erstmals auf ein Rad setzte. Fortan wechselt der Regisseur souverän und nahtlos zwischen Dokumentar- und Spielfilm, ohne sich dabei in inszenatorische Kapriolen zu verlieren, um die zwei Ebenen voneinander zu unterscheiden. Mit einer wohltuenden, unaufgeregten Sachlichkeit nähert sich Filmemacher von Aarburg in „Hugo Koblet – Pédaleur de charme“ seinem Subjekt, lässt Zeitzeugen aus Koblets Freundes- und Bekanntenkreis zu Wort kommen und dramatisiert die interessanteren Momente von Koblets Werdegang mit detailverliebten, liebevoll ausgestatteten Spielfilmszenen, in der Koblet-Darsteller Manuel Löwensberg („Tag am Meer“) aus dem Off auch mal dessen Gedanken spricht. So entsteht ein facettenreiches und nie langweiliges Bild eines Sportlers, der letztlich an seinen Lastern zugrunde ging. Gerade hier ermöglicht es die Mischung aus Dokumentar- und Spielfilmszenen, Koblets Lebensgeschichte abwechslungsreich darzustellen.

    Der Radsport selbst bleibt aber am Rande. Fraglos ist Koblet selbst eine faszinierende Figur, gerade auch in seiner Eitelkeit, die sich etwa darin äußert, dass er sich nach jedem gewonnen Rennen für das Siegerfoto noch einmal die nassen Haare kämmte. Doch über die kulturelle Bedeutung des Radsports in der Schweiz, gerade auch während Koblets Leben erfährt man wenig. Die vollständige Konzentration auf Koblet führt dann auch dazu, dass sein nicht minder interessanter Rivale Ferdy Kübler, der als alter, aber immer noch vitaler Mann im Interview auftaucht, etwas zu kurz kommt. Hier verraten die Zwischentöne und Redepausen mehr als der Film selbst, in dem geradlinig und schnörkellos eine Geschichte erzählt wird. Zu irgendwelchen Deutungen lassen sich die Macher nicht hinreißen und vermeiden es auch zu starke Akzente zu setzen, sowohl inszenatorisch als auch thematisch. So bleibt „Hugo Koblet – Pédaleur de charme“ zwar ein klein wenig oberflächlich, aber kann doch durchweg unterhalten und informieren.

    Fazit: Daniel von Aarburg gelingt mit „Hugo Koblet – Pédaleur de charme“ eine gelungene Mischung aus Dokumentation und Spielfilm, die viel über den legendären Schweizer Rennfahrer zu erzählen weiß, auch wenn manchmal ein Blick über den reduzierten Fokus wünschenswert gewesen wäre.

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