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    Friends With Kids
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Friends With Kids
    Von Robert Cherkowski

    So mancher, der bereits die 30 überschritten hat, fühlt sich heutzutage noch immer jugendlich und außerhalb der Pflicht, erwachsen zu werden. Auch Hollywood hat diese sogenannte Generation Y längst für sich entdeckt und so wurden etwa in „American Pie 4: Das Klassentreffen" ältergewordene Helden der Vergangenheit wiedervereint. Daneben haben sich zuletzt zahlreiche Filmemacher auf unverkrampfte Weise mit den Schwierigkeiten des späten Erwachsenwerdens, Beziehungsproblemen und anderen Herausforderungen des ganz normalen Lebens jenseits der 30 auseinandergesetzt. Während beispielsweise David Wain in „Wanderlust - Der Trip ihres Lebens" und Judd Apatow in „Beim ersten Mal" die komödiantische Seite des Themas abgedeckt haben, wagte sich Sarah Polley mit „Take This Waltz" an eine dramatischere Perspektive auf die verlängerte Adoleszenz. Mit ihrem Regiedebüt „Friends with Kids" positioniert sich Schauspielerin Jennifer Westfeldt („24", „Ganz schön schwanger") nun zwischen Lachen und Weinen. Mit der Hilfe eines gut aufgelegten Ensembles gelingt ihr eine feine Tragikomödie, die allerdings unter dem gleichen Problem zu leiden hat wie das Leben so mancher Angehöriger der Generation 30+: Es passiert zu wenig Aufregendes!

    Julie (Jennifer Westfeldt) ist Single und zwar aus Überzeugung: Die Beziehungen in ihrem Umfeld sind ihr Warnung genug, sich nicht in eine Zweisamkeit um jeden Preis zu stürzen. Dennoch wächst in ihr der Wunsch nach einem Kind. Da die biologische Uhr der leicht spleenigen Investment-Beraterin unaufhaltsam tickt, muss ihr platonischer Freund Jason (Adam Scott) als Samenspender herhalten. Da auch Jason bald richtig Lust auf das Experiment Kind bekommt, entwickelt sich über die Geburt hinaus eine entspannte gemeinsame Elternschaft, für die beide von ihrem Bekanntenkreis beneidet werden – vor allem von Ben (Jon Hamm) und Missy (Kristen Wiig), die lange Jahre als das Traumpaar galten und sich nun überraschend getrennt haben. Als Julie und Jason sich dann aber in jeweils andere Partner verlieben, merken sie, dass ihre Beziehung aus mehr als aus einem gemeinsamen Kind besteht. Für die Liebe scheint es da jedoch schon zu spät...

    Jennifer Westfeldts Film ist von einer albernen Klamotte wie dem erwähnten „American Pie"-Aufguss weit entfernt, denn die Hauptdarstellerin, Regisseurin und Drehbuchautorin beweist auf jeder Ebene Fingerspitzengefühl: Gerade die Szenen, in denen sich Julie und Jason zwecks Zeugung zusammenfinden und versuchen, unpersönlichen Sex zu haben, sind von einer sehr wahrhaftigen Kombination von Peinlichkeit und Intimität geprägt. In exzellenten Momenten wie diesen ist „Friends with Kids" nah an offensichtlichen Vorbildern wie etwa Lawrence Kasdans Klassiker „Der große Frust". Auch Westfeldt bewegt sich über weite Strecken gekonnt zwischen Lachen, Schmunzeln, Grübeln und Weinen. Dies ist nicht zuletzt der überzeugenden Darstellerriege um die Regisseurin selbst zu verdanken, dem neben Adam Scott als Jason unter anderem auch Megan Fox und das „Brautalarm"-Quartett Maya Rudolph, Chris O'Dowd, Kristen Wiig und Jon Hamm angehören.

    So ist es wieder einmal eine Wohltat, das minimalistische Spiel des meist auf Komödien abonnierten Adam Scott („Party Down", „Die Hochzeit unserer dicksten Freundin") zu beobachten, der erneut zeigt, dass er auch im (halb-)dramatischen Fach eine gute Figur macht. Etwas linkisch tapst er durch sein Leben und versucht Gefühle zu artikulieren, die er nicht mit seiner Boheme-Attitüde in Einklang zu bringen vermag. Daneben demonstriert „Mad Men"-Star Jon Hamm („Mad Men")" wie schon in „Brautalarm" und erneut im Zusammenspiel mit Kristen Wiig einmal mehr seinen Sinn für Selbstironie und „Transformers"-Star Megan Fox zeigt als Schönheit, die Jason den Kopf verdreht, dass sie mehr kann als nur gegen außerirdische Roboter zu kämpfen.

    Während die Figurenzeichnung sehr gut gelungen ist, hapert es zuweilen jedoch beim Erzähltempo. Die Handlung von „Friends with Kids" plätschert arg gemächlich vor sich hin und nimmt nie so recht Fahrt auf. Das mag zum als langer, ruhiger Fluss dargestellten Leben passen, etwas mehr dramatische Verdichtung wäre aber durchaus angebracht gewesen. So sind die altbekannten Diskussionen um Erwachsenwerden, Lebensplanung und Liebeswirrwarr hier doch arg zahlreich und ausführlich – auch wenn sich die Protagonisten den bekannten Fragen hier mit einer angenehm sachten Art und Leichtigkeit stellen. In den besseren Momenten wirkt „Friends with Kids" so wie ein entspannter Abend mit Freunden und intelligenten Gesprächen, in den schlechteren wiederum wie ein erzwungenes Raclette-Essen mit seichtem Small-Talk, bei dem man den frühen Abschied herbeisehnt.

    Fazit: Jennifer Westfeldt gestaltet ihren tragikomischen Reigen entspannt und relaxt, insgesamt hätte ihm etwas mehr Pepp und Tempo jedoch durchaus gutgetan.

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