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    Martyrs - The Ultimate Horror Movie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Martyrs - The Ultimate Horror Movie
    Von Christoph Petersen

    Man mag „Martyrs“ (von 2008) für ein misogynes Stück Scheiße oder - wie wir - für ein transzendentales Meisterwerk halten, aber eines lässt einen der schockierend-konsequente Film ganz sicher nicht: kalt. Nicht umsonst ist Pascal Laugiers tabubrechender Schocker in unserer Liste der 25 verstörendsten Filme aller Zeiten neben weiteren bahnbrechenden Werken wie „A Serbian Film“ oder „Die 120 Tage von Sodom“ auf dem neunten Platz gelandet. Schon bei den ersten Gerüchten einer US-Neuauflage gingen die Fans deshalb in den Internetforen auf die Barrikaden, weil sich einfach niemand vorstellen konnte, dass der Plot in Hollywood auch nur annähernd so radikal umgesetzt werden könnte wie in Frankreich. Nun ist das Remake der Brüder Kevin Goetz und Michael Goetz („Scenic Route“) tatsächlich da – und die Skepsis stellt sich wenig überraschend als absolut berechtigt heraus. Andere Stoffe können das übliche Hollywood-Weichwaschen zumindest soweit verkraften, dass anschließend noch ein ordentlicher Film dabei herauskommt, aber „Martyrs“ geht daran völlig zugrunde.

    Als sie nach grausamsten Misshandlungen endlich ihren Peinigern entkommen kann, vertraut sich die junge Lucie (Troian Bellisario) im Kinderheim nur einem der anderen Mädchen an – und seitdem ist Anna (Bailey Noble) auch ihre beste Freundin. Zehn Jahre später erhält Anna einen überraschenden Anruf: Lucie behauptet, die Monster von damals endlich aufgespürt zu haben. Als Anna die Ranch der vermeintlichen Sadisten erreicht, ist es jedoch bereits zu spät. Lucie hat eine ganze Familie mit ihrer Schrotflinte ausgelöscht. Zwar hilft Anna ihrer wirren Freundin dabei, die Leichen zu verscharren, allerdings ist sie sich nicht sicher, ob das wirklich die Täter waren oder ob Lucie in ihrem Wahn da nicht eine x-beliebige Familie umgenietet hat…

    Achtung: Ab hier enthält die Kritik Spoiler – zum Original und zum Remake.

    Es geht den Tätern in „Martyrs“ darum, ihre Opfer bis zu einem Zustand des Märtyrertums zu quälen, um auf diese Weise eine Verbindung zu Gott (oder was auch immer nach dem Tod auf uns warten mag) aufzubauen. Ein absurd abgehobenes Konzept, das im Original aber allein schon durch die ungeheuerliche Konsequenz und die kalt-systematische Umsetzung der Quälereien jegliche Grenzen belangloser Folterpornos sprengt. Nachdem Lucie sich selbst das Leben genommen hat, nimmt Anna ihren Platz als kommende Märtyrerin ein – und der Zuschauer begleitet sie über Monate dabei, wie jegliche Menschlichkeit immer und immer wieder aus ihr herausgeprügelt wird. Weil dabei hauptsächlich Schläge und keine ausgefallenen Folterwerkzeuge eingesetzt werden, wird das grausame Geschehen für den Zuschauer unmittelbar erfahrbar – man hat praktisch keine Chance, sich ihm zu entziehen und die Folterungen „zu genießen“, wie es bei „Saw“, „Hostel“ und Co. möglich ist. So heißt es dann auch in unserer 4,5-Sterne-FILMSTARTS-Kritik:

    „Muss man brutalste Misshandlungen zu einer viertelstündigen Sequenz ausdehnen, um das Ausmaß menschlichen Leidens begreifbar zu machen? Ja, das muss man. Wäre Pascal Laugier so feige gewesen, im letzten Moment gnädig abzublenden und seinen geschundenen Protagonisten die Möglichkeit auf Erlösung einzuräumen, hätte der Film nicht funktioniert.“

    Eine Hypothese, die das Remake nun belegt! Durch einen einfachen Rollentausch eröffnen sich die Regisseure eine Abkürzung, die das ganze Konstrukt in sich zusammenstürzen lässt: Statt sich umzubringen, wird Lucie wieder eingefangen – so muss nicht Anna das ganze Martyrium von Anfang an erleiden, stattdessen wird einfach behauptet, dass Lucie schon fast am Ziel angekommen sei und nur noch eine letzte Stufe fehle. Man hört kurz aus dem Nebenraum eine Bohrmaschine und sieht dann noch, wie ein (durchaus großes) Stück Haut von ihrem Rücken abgezogen wird, aber dann ist der angestrebte nebulöse Märtyrer-Status angeblich auch schon erreicht. So wird nicht nur der ganze Plot der Lächerlichkeit preisgegeben, die Regisseure machen ihren Film auch leicht konsumierbar – und so muss er sich trotz deutlich weniger Folterszenen viel eher den Vorwurf der Frauenverachtung gefallen lassen als das Original. „Martyrs“ hat eine Geschichte, die man entweder ganz oder gar nicht erzählt. Die Macher des Remakes haben nicht den Mumm für „ganz“ und nicht den Verstand für „gar nicht“.

    Fazit: Das Internet hat von Anfang an gesagt, dass ein Remake von „Martyrs“ eine doofe Idee ist. Das Internet hatte Recht.

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