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    Animals
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Animals
    Von Ulf Lepelmeier

    Auf den ersten Blick erinnert „Animals“ an „Ted“, die Komödie von Seth MacFarlane, bei der ein derbe Sprüche raushauender Teddy-Bär an der Seite von Mark Wahlberg die Kinokassen zum Klingeln brachte. Doch auch wenn der Protagonist von Regisseur Marçal Forés' Kinofilmdebüt ebenfalls einen plüschigen Bären zum besten Freund hat, ist sein Coming-of-Age-Film gänzlich anders gelagert. Eher verwandt mit „Donnie Darko“ taumelt Forés' Protagonist Pol verstört und nach sich selbst suchend durch den schwarzromantischen Film, dessen Inszenierung sich allerdings als ebenso orientierungslos erweist, wie der introvertierte Teenager, der sich an seinen imaginären Bärenfreund klammert.

    Der zurückhaltende Pol (Oriol Pla) besucht eine englischsprachige Highschool irgendwo in Katalonien und scheint ein unauffälliger Teenager zu sein. Allerdings verfügt der bei seinem großen Bruder Llorenç (Javier Beltrán) lebende Jugendliche mit dem Teddybären Deerhoof über einen fiktiven Freund, mit dem er nicht nur seine Begeisterung für Musik, sondern auch seine innersten Gedanken teilt. Als Pols Bruder ihn besorgt nach seine Realitätsflucht fragt, Freundin Laia (Roser Tapias) ihm verstärkte Avancen macht und ihn der neue Mitschüler Ikari (Augustus Prew) magisch anzieht, versucht Pol die tröstende Beziehung zu Deerhoof abzubrechen. Doch seine starken Gefühlswallungen bestürzen ihn zunehmend und so sehnt er sich mehr und mehr nach dem emotionalen Halt des Bären zurück, der an einen Stein gebunden auf dem Grunde eines Sees liegt...

    Regisseur Marçal Forés' gelingt es vortrefflich das Gefühl des Verlorenseins herauszukristallisieren, das bei seinem jugendlichen Protagonisten vorherrscht, der seine Realität genauso in Frage stellt wie seine Sexualität. Zudem generieren die verträumten Aufnahmen von Kameramann Eduard Grau („Buried“, „A Single Man“) eine märchenhaft-melancholische Grundstimmung. Vom dunklen Bereich des Bewusstseins künden unterdessen die Waldbewohner, die Pols Wege kreuzen und im Sinne von Goyas Radierung „Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“ als Vorbote des Todes fungieren. So schwankt Pol zwischen dem Willen sein Leben auszuloten und einer zugleich zunehmenden Todessehnsucht hin und her. Immer wieder gelingen Forés' auf diese Weise stimmungsvolle Sequenzen. „Animals“ wirkt trotzdem nicht ganz rund. Halbherzige Storyschlenker und eine unfokussierte Charakterisierung der Figuren fallen immer wieder störend ins Gewicht.

    Hauptdarsteller Oriol Pla ist die pubertäre Unsicherheit und Verwirrung den ganzen Film hindurch förmlich ins Gesicht geschrieben. Die Figur des sich an seine Kindheit in Form seines imaginären Freundes klammernden Teenagers, den die Versuchungen der Erwachsenwelt locken, verkörpert er überzeugend, ohne dass es ihm gelingt, in der Rolle des verschlossenen Jünglings eigene Akzente zu setzen. Pols familiäre Hintergründe bleiben beständig im Verborgenen. Einzig sein älterer Bruder, der sich besorgt um einen Zugang zu dem verschlossenen Jungen bemüht, tritt in Erscheinung, während über die Eltern kein einziges Wort verloren wird.

    Die übrigen Figuren werden nur gestreift, so dass weder die an Pol interessierte Laia noch der geheimnisvolle neue Mitschüler Ikari, der eine besondere Faszination auf Pol ausübt, eine genauere Betrachtung erfahren. Während der Regisseur zulässt, dass sich die punkige Rockmusik etwas zu vehement in den Vordergrund drängt, beweist er im Umgang mit der Stofffigur mehr Geschick als mit den Menschen. Es gelingt ihm, dass sich der Zuschauer gefühlsmäßig ähnlich an dem Teddy festklammert wie der verunsicherte Pol. Auch wenn Deerhoof über keinerlei Mimik verfügt und sich mit unpersönlicher Computerstimme an den Jugendlichen wendet, erzeugt der größtenteils mittels Stop-Motion-Technik zum Leben erweckte kleine Bär, spielend eine große Emotionalität.

    Fazit: Regisseur Marçal Forés gelingen in seinem allerdings verworrenen Kinodebüt „Animals“ immer wieder einnehmende Szenen und Stimmungsmomente.

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