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    Confession
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Confession
    Von Robert Cherkowski

    An episch ausgewalzten oder pflichtschuldig zusammengeschusterten Liebesgeschichten ist Hollywood nun wirklich nicht arm. Wenige der dabei vereinten Leinwandpaare haben eine so starke Chemie, dass unvermeidlich auch im Publikum die Funken sprühen – zu den ganz Großen zählen etwa Ryan O'Neal und Ali MacGraw („Love Story"), Richard Gere und Julia Roberts („Pretty Woman"), Heath Ledger und Jake Gyllenhaal („Brokeback Mountain") oder „Susi und Strolch". Mit „Confession of a Child of the Century" formuliert Sylvie Verheyde die Antithese dazu. Drogenrocker Pete Doherty und Von-Trier-Furie Charlotte Gainsbourg als Albtraumpaar der Saison – das kann ja heiter werden. Die beiden Skandalnudeln geben sich hier allerdings über weite Strecken sehr handzahm und so kommt es weder zu Heroin- und Crack-Exzessen, noch zu genitalen Verstümmelungen und sonstigen exzessiven sexuellen Aktionen. Stattdessen gibt man sich seriös in einem romantischen Historienstück, das visuell überzeugt, aber erzählerisch kaum fesselt.

    Frankreich im frühen 19. Jahrhundert: Octave (Pete Doherty) steckt in der Krise. Nachdem er von seiner Frau Elise (Lily Cole) betrogen wurde, fordert der Gehörnte seinen Nebenbuhler zum Duell heraus. Er verliert und fängt sich eine Kugel in den Arm. Damit ist der Startschuss für eine selbstzerstörerische Depression gefallen, die ihn ins Party-Nachtleben und den Suff führt – gemeinsam mit seinem Freund Desgenais (August Diehl). Seine Pechsträhne jedoch reißt nicht ab, wenig später verstirbt auch noch sein Vater. Von dem erbt er ein abgelegenes Landhaus, auf dem er sich ein wenig von seinen Ausschweifungen erholt. Dort lernt er auch die Witwe Brigitte (Charlotte Gainsbourg) kennen, die zwar um einiges älter und ernsthafter auftritt als Partylöwe Octave, jedoch eine ähnliche Traurigkeit in sich zu tragen scheint. Langsam bahnt sich eine Liaison zwischen den beiden an. Wird es Octave gelingen, seinen Lebensstil an den Nagel zu hängen und wieder Vertrauen zu einem Menschen aufzubauen?

    Sylvie Verheydes Kostümdrama wirkt wie eine Kreuzung aus Cary Fukunagas nebelverhangener „Jane Eyre"-Interpretation und Sofia Coppolas poppiger „Marie Antoinette": Die englische Melancholie verhängnisvoller Liebschaften trifft auf den Hedonismus der Salons. Verheydes schwebende Inszenierung zielt weniger auf Dialoge oder Handlungspunkte ab, vielmehr schwelgt die Regisseurin in Impressionen und lässt den Rhythmus des Films vom Soundtrack aus der Feder von NousDeux The Band bestimmen. Gelegentlich erinnert diese Arbeitsweise an den so langatmigen wie hypnotischen Schlussakt von Terrence Malicks „The New World". Die Kamera ist immer dabei, doch scheint sie ähnlich desinteressiert am feierlichen Partygetümmel zu sein wie Octave selbst. Derweil rückt Verheyde immer wieder das Gesicht Pete Dohertys ins Zentrum, der zwar nicht wirklich Schauspieler ist, doch genug traurigen Rockstar-Appeal mitbringt, um zu faszinieren.

    Ein Blick in sein weltflüchtiges Jungengesicht reicht aus, um das gezielte und gekonnte Type-Casting zu erkennen – und für gut zu befinden. Neben ihm darf August Diehl („23", „Die kommenden Tage") ordentlich vom Leder ziehen und sich durch die Salons berserkern. So charmant Diehl hier auftritt, so schräg wirkt allerdings seine Saufbruderschaft mit Doherty. Gelegentlich hat man fast den Eindruck, als würde der starke deutsche Mime bei seinem fachfremden Kollegen ins Leere spielen. Ähnlich und noch komplizierter sieht es zwischen Doherty und Charlotte Gainsbourg aus. Verheyde gibt ihrer Hauptdarstellerin viel Raum zur Entfaltung, Diese dankt es ihr mit einer sensiblen Performance. In den gemeinsamen Szenen des Paares wird die Scheu der beiden Getriebenen deutlich, die sich nicht binden wollen und wie Geister umeinandertreiben.

    Die Sachlichkeit, mit der diese Beziehung geschildert wird, und der versonnene Look, der alles in milchigen Glanz hüllt, schaffen eine Atmosphäre, in der Gainsbourgs Spiel noch besser zur Geltung kommt. Eine Laufzeit von zwei Stunden lässt sich damit jedoch nicht füllen. „Confession Of A Child Of The Century" zieht und zieht sich. Und wenn die beiden unglücklich Liebenden dann doch mal aus sich rausgehen, wirken die entsprechenden Szenen plötzlich wie Fremdkörper im Film. Beim weitestgehend verhohlenen Balztanz zwischen Doherty und Gainsbourg ist ein gelegentlicher Blick auf die Uhr nahezu unvermeidlich – nie wirkt das amouröse Treiben dringlich; es könnte wohl auch für alle Ewigkeit in der Schwebe bleiben, ob und wie gut die beiden nun als Paar harmonieren. Und was darüber hinaus? Dass es damals schon depressive Menschen mit Bindungsängsten gab, haben wir ja bereits zuvor geahnt.

    Fazit: „Confession Of A Child Of The Century" bietet viele interessante Ansätze – zu einem homogenen Ganzen fügen sich charismatische Darsteller, stimmungsvoller Soundtrack und imposante Bilder hier jedoch nicht zusammen. So lässt Sylvie Verheydes Film oft seltsam kalt, wo er eigentlich berühren sollte.

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