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    Faust
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    Schnafffan
    Schnafffan

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    4,5
    Veröffentlicht am 13. Februar 2012
    [...]Irgendwie mag sich mancher wenigstens nach Beginn des Abspanns an "2001: Odyssee im Weltraum" erinnert haben...wie Kubrick scheint auch Sokurov davon begeistert zu sein,mehr Fragen zu stellen als zu beantworten. Seine ausschweifende, obwohl grade im ersten Teil des Films sich doch nahezu beiläufig entwickelnde Symbolik und Metaphorik ist größtenteils sehr abstrakt,oftmals nur schwer zu begreifen.Trotzdem soll hier ein vorsichtiger Deutungsversuch unternommen werden.[...]Der sehr souverän aufspielende Johannes Zeiler gibt den nach Erkenntnis strebenden Doktor noch vergleichsweise traditionell als rastlosen,rational denkenden Wissenschaftler,der angesichts der sich ihm durch Gretchen eröffnenden völlig neuen Welt der Sinnlichkeit und Begierde zunehmend von seiner Menschlichkeit loslässt. Mephisto hingegen,hochinteressant und mit einem herrlich subtilen Humor dargestellt vom grandiosen Anton Adasinskiy,erscheint als gänzliche Negation all dessen,was die berühmte Darstellung von Gustav Gründgens als schmeichelhaften,verführerischen Charismatiker ausmachte: Dieser Teufel ist höchstens in seiner Hässlichkeit abschreckend bzw. in seiner Skurillität anziehend, ist gekrümmt, missgebildet, offensichtlich nicht geschlechtsfähig trotz hoher obszönistischer Tendenzen, bizarr, fast kauzig. Außergewöhnliche Verführungskünste hat er nicht wirklich nötig,er kann sich auf die dunkle Seite Fausts,seine Not und Gier nach Macht verlassen. Dass er als aufdringlicher, verdorbener Pfandleiher etabliert wird,im Kontext des fiktiv-geschichtlichen Hintergrundes des Films also eine kaum versiegbare Geld- und Knauserquelle in Zeiten höchster Finanznot,erscheint zwar ein wenig plakativ,ist jedoch in Bezug auf Fausts Nöte (zu denen hier eben,zumindest am Anfang des Films,auch ein nicht unwichtiger finanzieller Aspekt zählt) oder aber auch einem Kernsatz von Fausts Famulus Wagner ("Wo das Geld ist,da ist der Teufel.") nur konsequent.[...]Für die junge Geliebte des Doktors und ihren Leidensweg interessiert sich Sokurov nun weit weniger, ihm geht es primär um ihre Rolle als Objekt der Begierde und ihren Anteil an der Verführungsstruktur, die Faust zum Schuldigen werden lässt.Vorallem für ersteren Punkt erweist sich die junge Isolda Dychauk als vortreffliche Wahl,gibt sie ihrer Figur doch die nötige Mischung aus naiver Unschuld, religiös motivierter Tugend- und Gewissenhaftigkeit als auch venusartigem Ausdruck sexueller Anmut und Lust.[...][Die Stilistik des Films] ist maßgeblich von Bruno Delbonnels eindrucksvoller Kameraarbeit geprägt: Seine bleichen,weichgewaschenen Farben, schrägen Perspektiven, bizarren Bildverzerrungen und mit Motiven der deutschen Romantik spielenden Einstellungen erschaffen eine eigentümliche Atmosphäre,die jedoch nie zum Selbstzweck verkommt.Vielmehr unterstützt sie Sokurovs eigenwillig-radikale Umsetzung,die vorallem durch einen fast völligen Verzicht selbst einfachster dramaturgischer Effekte verblüfft (und anstrengt!). Dieser ist wiederum das entscheidende Element seiner aussagekräftig vom Anfang bis zum Ende der Handlung aufgebauten Kontinuität,welche durch die Reduzierung der Individuen im filmischen Raum eine zentrale Symbolik des Films zum Ausdruck bringt: Die Vereinsamung Fausts und die Abkehr von seiner Menschlichkeit. So ist es grade im ersten Teil des Films,der primär im nur selten verlassenen Mikrokosmos der neuzeitlichen Stadt angesiedelt ist, interessant zu beobachten,wie beiläufig und fließend die Szenen und Räume ineinander übergehen, sich fast wie in Echtzeit einander abwechseln,während gleichzeitig der filmische Raum nahezu überbordert von den Menschen der Stadt[...] Unterstützt wird dieser Umstand auf der Tonspur,in die vordergründigen Dialoge der Protagonisten mischen sich die Alltagsgespräche der sie umgebenden Personen,oft so laut,dass man die eigentlich relevanten Gespräche kaum noch versteht. Faust ist hier am Anfang der Handlung noch Teil dieser Masse,muss sich durch diese Menschenmengen hindurchschieben,[...]seine Worte tauchen fast völlig im Stimmengewirr seiner Mitmenschen unter.[...]Und doch vollzieht sich der Wandel erst mit dem fortschreitenden Verlust von Fausts Menschlichkeit. Reziprok dazu erscheinen mit fortlaufender Spieldauer des Films immer weniger Menschen im Bild,nach der überborderdernden Stadtbevölkerung am Anfang sind es später nur noch eine Delegation von Trauergästen,gegen Ende eine kleine Ansammlung merkwürdiger traumartiger Gestalten,dem Auffinden der eigentlich gestorbenen drei Soldaten anschließend nur noch Faust und Mephisto und als Ersterer auch diesen gewaltsam hinter sich lässt,ist er,angekommen in einer felsigen leblosen Landschaft,von Mensch und Menschlichkeit endgültig verlassen und entfremdet.[.........] FAZIT: Alexander Sokurovs "Faust" ist einzigartiges Arthouse-Kino,inszenatorisch bestechend und intellektuell höchst anspruchsvoll.Freilich ist das nur für jene relevant,die sich auf diesen Film einzulassen bereit sind.
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