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    Wyssozki - Danke, für mein Leben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Wyssozki - Danke, für mein Leben
    Von Elke Koepping

    Der russische Liedermacher Wladimir Semjonowitsch Wyssozki genoss in der ehemaligen Sowjetunion einen ähnlichen Kultstatus wie hierzulande wohl Jim Morrison zur gleichen Zeit. Ebenso wie dieser lebte Wyssozki schnell und starb früh an den Folgen eines langjährigen Drogen- und Alkoholmissbrauchs. Im Gegensatz zu Morrison durfte er seine Musik jedoch nicht offiziell publizieren. Über 600 regimekritische Lieder machten ihn gegenüber der sowjetischen Führung schnell missliebig. Inoffiziell sollen jedoch mehr als eine Million illegaler Tonbandmitschnitte seiner ebenso illegalen Konzerte in der Bevölkerung kursiert haben. Einzig die Vorliebe Leonid Brejnevs für seine Musik bewahrte ihn wohl vor der Inhaftierung oder Ausweisung. Noch heute wird er von der russischen Bevölkerung als regelrechter Volksheld verehrt. Sein Sohn Nikita Wyssozki schrieb das Drehbuch zum in Russland produzierten Biopic „Wyssozki – Danke für mein Leben", für die Regie zeichnet Nachwuchsfilmemacher Piotr Buslow verantwortlich. Entstanden ist ein temporeiches Drama, das ganz ohne die für den US-Mainstream typische Effekthascherei auskommt.

    Im Sommer 1979 ist Wyssozki bereits von den Spätfolgen seiner Drogensucht geschwächt – ein Herzstillstand bringt ihn ins Krankenhaus, außerdem leidet er unter schweren Nierenproblemen. Sein Vertrauter und Tourneebegleiter Kulagin (Ivan Urgant) überredet ihn, trotz seines Gesundheitszustandes die geplanten illegalen Konzerte in Usbekistan zu geben, denn für Kulagin steht eine Menge Geld auf dem Spiel. Derweil bereitet dort der russische Geheimdienst unter der Aufsicht des Agenten Bechtejev (Andrej Smoljakow) eine Falle vor, um Wyssozki zu verhaften und endgültig aus dem Verkehr zu ziehen. In Taschkent spitzt sich die Lage dramatisch zu, als Wyssozki die Drogen ausgehen und sein geschwächter Körper von Entzugserscheinungen geschüttelt wird. Seine Geliebte Tatjana (Oksana Akinshina, „Die Bourne Verschwörung"), die die Drogen aus Moskau herbeischaffen soll, beginnt einen Wettlauf gegen die Zeit...

    Gleich zu Beginn des Films wird die Geschwindigkeit vorgegeben, mit der sich die Ereignisse hier entwickeln werden: Völlig benebelt rast Wyssozki mit seinem Mercedes durch die leeren und dunklen Straßen Moskaus. Er steht gesundheitlich bereits am Abgrund und verschwendet keinen einzigen Gedanken mehr an die Gefahr, in die er sich begibt. Ebenso wird damit aber ein Mann charakterisiert, der ohne Rücksicht auf die Folgen immer hundertprozentig von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt ist – ganz im Stile eines Actionhelden, dem nur noch 24 Stunden bleiben, um die Welt zu retten. Nebenbei beeindruckt der Film durch eine Fülle von Details, die den kleinbürgerlichen Muff der sowjetischen Gesellschaft der 70er Jahre äußerst authentisch wiedergeben. Die vielgepriesene russische Seele und die Eigenheiten von Sprache und geselligem Miteinander setzt Regisseur Buslow dabei äußerst amüsant in Szene.

    Der für westliche Verhältnisse exotische Hauptspielort Usbekistan wird mit bildmächtigen Kamerafahrten durch die Wüste eingefangen. Insbesondere lebt der Film aber von der Dynamik seiner beiden Antagonisten, die sich nie persönlich gegenüberstehen: Wyssozki und Bechtejev. Große Mühe wendet derzeit die Produktionsfirma auf, um die Identität des Wyssozki-Darstellers geheim zu halten: Auch im Abspann ist nur der Name „Wladimir Wyssozki" zu lesen. Mit hohem Aufwand in der Maske und in der Postproduktion mit Hilfe von computergenerierten Bildern wurde die größtmögliche Ähnlichkeit der Filmfigur zum realen Vorbild hergestellt.

    Andrei Smolyakov gelingt eine äußerst facettenreiche Darstellung des linientreuen Geheimdienstverantwortlichen Bechtejev, der ebenso Opfer des totalitären Systems und des bürokratischen Wahnsinns ist wie Wyssozki. Am Ende befreit sich Bechtejev ein Stück weit aus den Zwängen, die sein Leben beherrschen, weil der unbändige Glaube Wyssozkis an die Freiheit auf ihn abgefärbt hat. Die Abhörszenen mit Bechtejev sind dabei deutlich an „Das Leben der Anderen" und an Ulrich Mühes beeindruckende Darstellung des Stasi-Offiziers Wiesler angelehnt. Im Übrigen fällt auf, dass den Frauenfiguren im Film kaum mehr als Statistinnenrollen zugedacht sind. Dem positiven Gesamteindruck tun diese Aspekte allerdings keinen Abbruch.

    Fazit: Piotr Buslows furioses Biopic „Wyssozki - Danke für mein Leben" steht sinnbildlich für die neue Konkurrenzfähigkeit des russischen Kinos und kann in puncto Tempo, Dramatik und Besetzung mühelos neben Hollywood-Großproduktionen bestehen.

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