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    The Stone Roses: Made of Stone
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The Stone Roses: Made of Stone
    Von Michael Meyns

    „Was ist Glück?“ wird am Anfang von Shane Meadows Dokumentation „The Stone Roses: Made Of Stone“ ausgerechnet Regie-Legende Alfred Hitchcock gefragt. „Ein klarer, reiner Moment, ohne Konflikte, die nur die Kreativität hemmen“ antwortet der Regisseur und bringt Glück und Fluch der Musikcombo The Stone Roses auf den Punkt. Ende der 80er Jahre veröffentlichte die Band mit „The Stones Roses“ eines der einflussreichsten Alben aller Zeiten, nur wenige Jahre später brach man im Streit auseinander. Ende 2011 gaben sie ihre Wiedervereinigung bekannt, die Shane Meadows („This Is England“) zum Anlass für eine Dokumentation nahm. Der Regisseur zeichnet zwar grob die Bandgeschichte nach, aber in allererster Linie ist sein Film der eines Fans. Ohne Hemmungen deutet Meadows seine Begeisterung für die Roses an, schafft es aber trotz des euphorischen Charakters seiner Dokumentation auch die Komplexität der Bandstruktur anzudeuten.

    Ian Brown, John Squire, Mani und Reni – so heißen die vier Musiker, die im nordenglischen Manchester Mitte der 80er Jahre die Stone Roses formten. Nach etlichen Jahren des Touren, erster Single-Veröffentlichungen und wachsender Berühmtheit veröffentlichten sie 1989 ihr selbstbetiteltes Debütalbum, dass damals ein ordentlicher Erfolg war inzwischen aber zu den einflussreichsten Alben der jüngeren Musikgeschichte gezählt wird. Doch statt die Weltherrschaft zu erringen, wie die Roses in typisch unbescheidenem britischen Musikerduktus planten, – der Einfluss auf ähnliche Aussagen der Gallagher-Brüder (Oasis) ist unübersehbar und nicht zufällig – rieben sie sich in Streitigkeiten mit sich selbst und ihrer Plattenfirma auf, legten 1993 noch ein mediokres zweites Album vor und lösten sich 1996 auf.

    Zwar hatte 2009 Gitarrist John Squire eine Wiedervereinigung der Roses noch als Grabschändung bezeichnet, doch am 11. Oktober 2011 gab das Quartett das Comeback bekannt, auf das viele Hardcore-Fans gewartet hatte. Unter ihnen auch Shane Meadows, Regisseur von ungeschönten Arbeiterklasse-Filmen wie „This is England“, der aus dem gleichen Stoff ist wie die Musik der Roses. Dass Meadows aus seiner Begeisterung für die Roses keinen Hehl macht, lässt seinen Film zwar zu einer Ode werden, schmälert seine Qualität aber nur bedingt.

    Aus altem Archivmaterial, Bandproben und Konzertmitschnitten formt Meadows seinen Film, zeichnet grob Aufstieg und Fall der Band wieder, doch eine klassische Dokumentation ist nicht sein Ziel. Vielmehr ist es die Evokation einer Zeit, eines Lebensgefühl, wie etwa ein großartiges frühes TV-Interview bei einem Lokalsender zeigt: Da sieht man mit Brown und Squire zwei immer noch ziemlich verpickelte Mitzwanziger, die auf hochtrabende Journalistenfragen einsilbig antworten, und sich in ihrer Attitüde irgendwo zwischen Überforderung, Belustigung, Bekifftheit oder dem bewegen, was auf Englisch so treffend „They just don’t give a fuck“ heißt. Mit dieser Haltung trafen die Roses Ende der 80er Jahre genau den Zeitgeist eines Englands, das von Jahren des Thatcherismus geprägt war, was besonders im Norden, in der ehemaligen Arbeiterhochburg Manchester, zu enormer Arbeitslosigkeit geführt hatte. Bevor sich die Stadt neu erfand, zur Technologiehochburg wurde, viel Geld anzog mit dem auch die Wiedergeburt des Fußballvereins Manchester United begann, gab es die Stone Roses, die den Zeitgeist erfassten und wohl daher auch 25 Jahre später noch wie Götter verehrt werden.

    „I wanna be adored“ heißt dann auch nicht umsonst der erste Titel, den die Roses bei ihrem ersten Konzert der Reunion spielten, einem kleinen Gig vor 1100 euphorischen, verklärt dreinblickenden Fans, die jede Textzeile mitsingen. Die Minuten dieses Gigs sind fraglos der Höhepunkt von Meadows Film, Minuten des absoluten Glücks, in denen jede Frage nach dem „Was macht die Stone Roses so großartig“ durch die schiere Wucht ihrer Musik beantwortet wird. Doch der Friede wahrte nicht lange, schon wenige Wochen später stürmte Drummer Reni bei einem Konzert in Amsterdam wütend von der Bühne, die geplante Welttournee fand nicht statt, was aus den Roses wird, bleibt offen. Doch welches Glück eine Band verströmen kann, das bringt Shane Meadows in seinem Film kongenial auf den Punkt.

    Fazit: Shane Meadows „The Stone Roses: Made Of Stone” ist eine Ode an eine der einflussreichsten Bands der 80er Jahre, die Fans und solchen, die es werden wollen, viel Stoff liefert, auch wenn nicht alle wichtigen Aspekte der Bandgeschichte thematisiert werden.

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