Mein Konto
    Hinter der Tür
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Hinter der Tür
    Von Robert Cherkowski

    In den 1980ern war Istvan Szabo einer der wildesten und versiertesten Filmemacher Europas. Zusammen mit Klaus Maria Brandauer, mit dem er eine ähnlich fruchtbare Partnerschaft pflegte wie etwa Martin Scorsese mit Robert De Niro, schuf er echte Klassiker des modernen Historienkinos. Ob in der Klaus-Mann-Verfilmung „Mephisto", dem k.u.k.-Drama „Oberst Redl" oder dem NS-Okkultismus-Biopic „Hanussen" – Szabó trumpfte stets mit erzählerischer Dichte, beeindruckender Schauspielführung und nicht zuletzt inszenatorischer Originalität auf. Hier hatte ein begabter Regisseur früh eine klare und laute Stimme gefunden – eine so laute Stimme, dass er darüber heiser werden sollte. „Taking Sides - Der Fall Furtwängler" und zuletzt „Being Julia" wirkten im Vergleich zu seinen 80er-Großtaten schon deutlich kurzatmiger. Sein neuester Wurf, das Historiendrama „Hinter der Tür", ist nun trotz internationaler Frauenpower in Gestalt von Helen Mirren und Martina Gedeck eine Enttäuschung.

    Budapest in den 60ern: Damit seine schreibende Frau Magda (Martina Gedeck) den Kopf von der alltäglichen Arbeit frei hat, engagiert Tibor (Karoly Eperjes) die Haushälterin Emerenc (Helen Mirren). Emerenc mag tüchtig und bauernschlau sein, ist dabei auch extrem schrullig. Von einer Sekunde auf die andere wechselt ihr Gemütszustand und schlägt so etwa von herzlicher Ergebenheit in ungebremste Zerstörungswut um. Über die Jahre gelingt es Magda dennoch, eine Beziehung zur spleenigen Lady aufzubauen und ein wenig Licht in ihr geheimnisvolles und von zahlreichen Schicksalsschlägen geprägtes Leben zu bringen. Nur bei einem Thema ist und bleibt Emerenc stur: Niemand darf sie daheim besuchen und ihre kleine Datscha von innen sehen. Als Emerenc jedoch krank wird und um ihr Leben kämpft, bricht Magda ihr Versprechen und lässt die Tür öffnen...

    Mit dem halbherzigen „Hinter der Tür" ergeht sich Szabó in unkonzentrierten und ermüdend redundanten Beobachtungen, statt das Leben seiner Protagonistinnen, den Zeitgeist und das politische Klima im Budapest der 60er zu ergründen. Da sich die Handlung hier bloß auf einer einzigen Straße und eigentlich nur in Magdas Haus entfaltet, wäre ein wenig mehr visuelle und erzählerische Raffinesse dringend nötig gewesen. Stattdessen erinnern die Kulissen eher an besonders günstige TV-Sets, während Szabó immer wieder auf die gleichen, arg konventionellen halbtotalen Einstellungen (also TV-typische Bildausschnitte, in denen die Figuren von Kopf bis Fuß erfasst werden) zurückgreift.

    Auch mit ihrem Drehbuch stolpern Szabó und seine Co-Autorin Andrea Vészits des Öfteren und lassen sämtliche Figuren entweder wirr, merkwürdig unsympathisch oder schlicht nicht fassbar daherkommen. Ohne weitere Erklärung kann sich hier im Handumdrehen eine Freundschaft zur Feindschaft entwickeln. Gelegentlich vergeht zwischen zwei Szenen ein Monat, mal nur eine Stunde, ohne dass dem Publikum Anhaltspunkte für die erzählte Zeit geliefert würden. Die Geschichte zweier Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs, die sich wider alle Normen zusammenraufen, verkommt so schnell zur Geduldsprobe.

    Historienprofi Szabó, der sich früher so gut darauf verstand, persönliche Dramen mit den Wirren der Weltgeschichte zu verbinden, scheucht seine Schauspieler durch ein museales Nachkriegs-Ungarn, ohne ein Bewusstsein für das Klima des Landes und der Zeit zu schaffen. Die einzigen Highlights kommen mit lose verstreuten Rückblenden, die Emerencs hartes und entbehrungsreiches Leben zeigen, die durchaus stimmungsvoll geraten sind und die wie Inseln der Kreativität wirken. Ebenso bemerkenswert ist, dass Martina Gedeck („Bella Martha") und Helen Mirren („Die Queen") auch in einem so schwachen Film noch ihre schauspielerische Würde bewahren.

    Fazit: Mit „Hinter der Tür" verspielt der einstige Meisterregisseur Szabó einen Teil seiner Reputation. Sein Versuch eines Historiendramas scheitert trotz bemühter Schauspielerinnen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top