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    Kokowääh 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Kokowääh 2
    Von Christoph Petersen

    Am Ende von „Kokowääh" waren alle glücklich und sämtliche Patchwork-Verwirrungen aufgelöst. Trotzdem verlangte das Publikum (mit mehr als 4,3 Millionen Besuchern war die Dramödie der erfolgreichste deutsche Film 2011) nach mehr und Regisseur Til Schweiger („Keinohrhasen", „Schutzengel") war bereit, es ihnen zu geben. Aber das ist gar nicht so einfach, schließlich ist der zentrale Kuckuckskind-Konflikt des Originals längst aus der Welt geräumt. Also mussten für die Ensemble-Komödie „Kokowääh 2" von Tattoos mit Rechtschreibfehlern über selbstgebastelte Villen für vier Schildkröten namens Stefan bis hin zu Kunstfilmen über Frauen, die sich langsam die Haut abziehen, für alle liebgewonnenen Figuren des ersten Teils ganz neue Handlungsstränge erfunden werden. Und was soll man sagen, es ist wie so oft: Bei manchen ist es gut gelungen, bei anderen eher weniger.

    Damit Henry (Til Schweiger) endlich lernt, seine Socken selbst wegzuräumen und überhaupt mehr Verantwortung für sich und seine beiden Kinder zu übernehmen, zieht seine Freundin Katharina (Jasmin Gerat) erst mal aus. Und weil Kuckuckskind-Papa Tristan (Samuel Finzi) all sein Geld bei einer Börsenwette auf Kuhscheiße verloren hat, zieht er dafür bei Henry ein. Dem kommt die Hilfe beim Toilettenschrubben und Kinderhüten nämlich gerade ganz gelegen, muss er doch als frischgebackener Filmproduzent seinen ausgeflippten Star Matthias Schweighöfer (als er selbst) irgendwie wieder unter Kontrolle kriegen. Aber nicht nur die Erwachsenen sind in Nöten, auch Töchterchen Magdalena (Emma Schweiger) hat Beziehungsprobleme: Die Neunjährige ist nämlich total verschossen in den blonden Max (Nico Liersch) aus der Klasse über ihrer. Der hat sogar einen Personal Trainer, steht aber leider eher auf reifere Frauen...

    Während Junggeselle Henry in „Kokowääh" noch damit klarkommen musste, dass aus dem Nichts plötzlich seine achtjährige Tochter vor der Tür stand, geht es in seiner Beziehung zu Katharina diesmal – etwas überspitzt ausgedrückt - um Socken in der Vase und Schlüssel im Kühlschrank. Zwar holt Schweiger mit seinen sepiafarbenen, großes Kino verheißenden Bildern und seiner konsequenten Musikuntermalung auch aus diesen Beziehungssorgen an Emotionen heraus, was nur herauszuquetschen ist, aber gerade im Vergleich zum deutlich spannenderen Konflikt des Vorgängers wirkt das doch eher zahnlos. Ähnlich schade ist, dass der großartige Samuel Finzi („Ludwig II.") vom Zweitvater auf Augenhöhe diesmal zum bloßen Sidekick degradiert wird. Wenn Tristan gegenüber zwei muslimischen Ladenbesitzern (u.a. Boxer Artur Abraham) so oft seinen als „Du Schlampe!" missverstandenen Wunsch nach einer Duschlampe wiederholt, bis die ihm die Visage demolieren, dann scheint sein IQ gegenüber dem in „Kokowääh" deutlich in den Keller gerutscht zu sein. Vielleicht ist daran aber auch einfach nur der tierische Sex mit seiner neuen jungen Freundin Anna (Jytte-Merle Böhrnsen) schuld.

    Aber es gibt auch ebenso viele positive Überraschungen: Emma Schweiger ist nicht nur erneut das gar nicht heimliche Highlight des Films, sie hat in den vergangenen zwei Jahren auch noch mal einen Schritt nach vorne gemacht. Wenn sie das für ein geradeaus denkendes Kind unverständliche Treiben der Erwachsenen immer wieder mit einem fulminant-entnervten Augenrollen kommentiert, sind ihr Sympathien des Publikums sicher und sie hat die Lacher auf ihrer Seite. Auch die Wirkung des berührenden Finales geht hauptsächlich auf ihr Konto. Nur ab und zu gibt ihr das Skript schlagfertige Oneliner vor, die einfach nicht zu einer Neunjährigen passen wollen und bei denen der Zuschauer plötzlich eher den drehbuchschreibenden Papa als die schauspielernde Tochter vor Augen hat.

    Ebenfalls richtig gut ist Matthias Schweighöfers („What A Man", „Schlussmacher") Tour-de-Force-Parodie eines übergeschnappten Schauspielstars. Zwischen ausgelassenen Pool-Partys mit barbusigen Groupies und Russischem Roulette mit seiner Katze will er nun statt kassenträchtiger Komödien nur noch hochtrabende Arthouse-Kunstfilme mit bösem Ausgang drehen. Diesen Seitenhieb auf seine angeblich Happy-End- und Mainstream-verachtenden Kritiker kann sich Regisseur Schweiger nicht verkneifen (wie er uns auch im Interview verrät), aber nachdem es im Reizklima zwischen dem Superstar und großen Teilen der Presse in den vergangenen Jahren auch immer wieder Schläge unter die Gürtellinie gab, ist diese Spitze zumindest ein charmant-gewitzter Wink mit dem Zaunpfahl.

    Fazit: Nicht alle liebgewonnenen Figuren aus dem ersten Teil überzeugen auch in der Fortsetzung. Aber die augenrollende Emma Schweiger und der herrlich selbstironische Katzenmörder Matthias Schweighöfer reißen's raus.

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