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    Once a thief
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Once a thief
    Von Christian Horn

    „Wir haben so viel Energie und Mühe in den Film Bullet In The Head gesteckt und daher war die unerwartet negative Reaktion auf den Film ein sehr schmerzliches Erlebnis für mich. Viele meiner Freunde haben versucht, mich wieder aufzumuntern. All das bewog mich, wieder eine Komödie zu machen, um mich wieder aufzurappeln. Viele Leute denken, meine Filme seien pessimistisch, grau und voller Verzweiflung. Wie dem auch sei, ich will ihnen zeigen, dass ich noch immer nach vorne schaue und fortschrittlich sein möchte. So ist die Komödie, die ich gemacht habe, eigentlich so etwas wie ein öffentlicher Beweis für meine optimistische Einstellung.“ (John Woo in einem Interview mit Ralph Umard)

    Die Komödie, von der John Woo hier spricht, ist „Once A Thief“ (deutscher Verleihtitel: „Killer Target“) und wurde 1991, unmittelbar nach dem Kassenflop mit „Bullet In The Head“, gedreht. Abgesehen davon, dass ein Regisseur wie John Woo der Öffentlichkeit freilich überhaupt keinen „Beweis“ für seinen Optimismus schuldet, tut er dies hier dermaßen überzogen und gestellt, dass „Once A Thief“ ganz klar einer der schlechten Hongkong-Filme des Filmemachers geworden ist. Die drei asiatischen Superstars Chow Yun-Fat (The Killer, Corruptor), Leslie Cheung (A Chinese Ghost Story, Happy Together) und Cherie Chung („Peking Opera Blues“, „Winners And Sinners“) albern über die gesamte Spiellänge vor der Kamera herum wie schlechte Klassenkasper. Das liegt nicht unbedingt am Schauspiel, sondern an der beinahe infantilen Inszenierung und der hauchdünnen Geschichte. Trotzdem: Komplett uncharmant ist der Film nun auch nicht.

    Ralph Umard fasst die Story von „Once A Thief“ in seinem Buch „Film ohne Grenzen“ sehr schön und prägnant zusammen: „Elegantes Gaunertrio (Chow, Cheung, Chung) klaut Kunst und kommt mit einem blauen Auge davon. Happy End? Und wie!“ Die Kunst, die das Trio klaut, ist ein wertvolles Gemälde. Und das machen die drei Profidiebe im Auftrag eines reichen Mannes, der sie nach getaner Arbeit nicht bezahlen, sondern töten will. Chow Yun-Fat kommt dabei vermeintlich ums Leben, kehrt aber – nun an den Rollstuhl gefesselt – auf die Bildfläche zurück. Und dann gelangt die Wahrheit ans Licht: Der eigene Adoptivvater, der Mann, der den Dreien ganz in der Tradition von Charles Dickens Oliver Twist das Klauen beibrachte, steckt hinter dem Anschlag! Garniert wird die Handlung dann noch mit einem Klassiker: Zwei Männer, nämlich Yun-Fat und Cheung, buhlen um dieselbe Frau: ihre hübsche Mitstreiterin Cherrie Chung – um wen auch sonst?

    Wer die wichtigen Filme von John Woo kennt (vor allem die Gangster-Balladen aus der Hongkonger Zeit) wird „Once A Thief“ womöglich für einen untypischen Woo-Film halten. Der Humor steht im Vordergrund, Schießereien und Actionszenen treten zurück; ebenso der Verbrauch an Kunstblut und die Melodramatik. Wenn man den Blick jedoch vor Woos Durchbruch mit A Better Tomorrow (1986) richtet, wird schnell klar, dass „Once A Thief“ doch nicht so untypisch ist, sondern vielmehr einen Rückgriff auf vergangene Tage markiert. Anfang der Achtziger hat John Woo sich nämlich als Auftragsregisseur überdrehter Komödien einen Namen gemacht. Filme wie „Run Tiger, Run“ oder „Plain Jane To Rescue“, die hierzulande weder erwerblich, noch bekannt sind, waren große Hits an der asiatischen Kinokasse und legten Woo schnell auf das Komödienfach fest - eine Ausnahme aus dieser Zeit ist der brutale und stupide Dschungel-Actionfilm „Heroes Shed No Tears“; vor der Komödienzeit hat Woo übrigens Kung-Fu-Streifen inszeniert, von denen manch einer gar nicht schlecht ist, zum Beispiel „A Last Hurrah For Chivalry“. Ganz so ungewöhnlich ist das Drehen einer Komödie also nicht. Aber ein wenig irritierend, wenn man bedenkt, dass „Once A Thief“ in der Filmographie von „Bullet In The Head“ und Hard Boiled gerahmt wird.

    Aber warum scheitert Woo dann mit „Once A Thief“? Ganz klar: Seine Inszenierung ist definitiv überzogen und viel zu bemüht. Sie will gute Laune verbreiten, nein: versprühen, und absolut unbekümmert rüberkommen. Der Humor wirkt daher in etwa so wie der eines Menschen, der gezwungen wird, für eine Fotografie zu lächeln: unecht, gestellt, unspontan. So grinst Chow Yun-Fat beispielsweise fast den gesamten Film über und tritt als clownesker Witzbold auf.

    Es gibt aber auch Stellen, die zu gefallen wissen. Etwa die Einbruchsaktionen, die zwar komplett unrealistisch und übertrieben sind, aber doch etwas für sich haben. Vor allem die, in der Yun-Fat an den Rollstuhl gefesselt gemeinsam mit Leslie Cheung in professioneller Manier einen Hochsicherheitstrakt infiltriert. Oder die Szene, in der Yun-Fat – ebenfalls im Rollstuhl sitzend – eine Tanzeinlage zum Besten gibt. Außerdem ist es schön anzusehen, wie er wild um sich kreischend und in Zeitraffer einen Kung-Fu-Kampf bestreitet.

    Alles in allem ist „Once A Thief“ ein Film geworden, der eskapistischer nicht sein könnte und durch seinen überdrehten Slapstick und die spürbare Gestelltheit dahinter kaum der Rede wert ist. In einem Interview äußert Woo sich zur Drehbuchphase: „Ursprünglich sollte es ein sehr ernster Liebesfilm werden, ohne Happy End, nicht so überdreht und schon gar nicht so lustig. Traurig, ja, dramatisch sollte er werden, mit Chow Yun-Fat zum Schluss allein im Schnee. Aber ich habe mich überzeugen lassen und einen fröhlichen Film mit Happy End aus dem Material gemacht.“ Schade.

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