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    Brake
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Brake
    Von Robert Cherkowski

    Immer wieder werden in Ungnade gefallene oder vergessene Stars durch mutige Casting-Coups zurück ins Rampenlicht geholt. Wie sich am Beispiel John Travoltas zeigt, dessen klinisch tote Karriere von Quentin Tarantino mit „Pulp Fiction" wiederbelebt wurde, kann auf das Comeback aber durchaus der erneute Absturz folgen. Noch rasanter lief das etwa bei Burt Reynolds ab, einem anderen Superstar der 70er, der seit seinem aufsehenerregenden Wiederauftauchen in Paul Thomas Andersons „Boogie Nights" 1997 kaum Nennenswertes mehr vorweisen kann. Und selbst Mickey Rourke mag nach „The Wrestler" wieder öfter in A-Produktionen vertreten sein, dann aber bloß als Bösewicht oder schriller Vogel. Auch Stephen Dorff („Blade") ist mit dem Aufs und Abs in Hollywood bestens vertraut: Stand der 90er-Jahre-Beau nach einem längeren Karrieretief eben noch vor der Kamera von Sophia Coppola im Venedig-Sieger „Somewhere", geht es nun mit Gabe Torres' Thriller „Brake" schon wieder hinab ins Tal der Dutzendware.

    Secret-Service-Agent Jeremy (Stephen Dorff) erlebt ein böses Erwachen, als er in völliger Finsternis in einem Glaskasten erwacht. Mit einer langsam auf Null zurückzählenden Stoppuhr über sich und einem Funkgerät in der Hand versucht er, herauszufinden, wie er in diese missliche Lage gekommen ist. Am anderen Ende der Leitung meldet sich ein gewisser Henry (JR Bourne), der in einer ähnlichen Misere steckt. Wenig später stellt Jeremy fest, dass er sich in einem Kofferraum befindet. Und ebenso schnell wird ihm klar, dass es sich bei seinen Entführern wohl um Terroristen handeln muss, die wissen wollen, wo sich das geheime Präsidenten-Versteck „Roulette" befindet, in das sich der mächtigste Mann der Welt im Falle eines Erstschlages zurückziehen würde. Mit immer perfideren Methoden soll Jeremy nun eine Aussage entrissen werden...

    Daraus, dass hier ganz offensichtlich Rodrigo Cortés' Überraschungshit „Buried - Lebend begraben" Pate stand, macht Regisseur Torres erst gar keinen Hehl. Nicht zuletzt aufgrund ihrer kostengünstigen Umsetzbarkeit schreit diese minimalistische Idee ja quasi nach Nachahmung. Torres und sein Hauptdarsteller Dorff folgten dem Ruf und variieren die Prämisse leicht: Wo sich Ryan Reynolds in „Buried" noch in einem finsteren Sarg unter der Erde wiederfand, ist Torres' Protagonist in einem Glaskasten im Kofferraum eingekerkert, muss jedoch ebenfalls per Telefon mit Terroristen verhandeln, die von ihm Informationen verlangen. Die entscheidenden Unterschiede sind dabei jedoch nicht thematischer, sondern vielmehr qualitativer Natur.

    Wo „Buried" durch ein eine wirksam-minimalistische Lichtsetzung, kleine Ausbrüche ins Surreale und eine packend gespielte Gratwanderung zwischen Hoffnung und Verzweiflung überzeugte, wirkt „Brake" einfach durchweg wie ein Verschnitt eben jenes Films. Auch Stephen Dorff macht längst keinen so engagierten Eindruck wie unter Sophia Coppolas Regie in der Rolle des geschassten und ausgebrannten Stars. Selbst in der Erwartung des nahezu sicheren Todes tritt er noch seltsam eitel auf – cool geht die Welt zugrunde. In einem Kammerspiel wie „Brake" jedoch muss fast die gesamte Handlung für 90 Minuten auf seinem Gesicht ablesbar sein, die für den Erfolg des Filmkonzepts entscheidende Intensität und Identifikationstauglichkeit erreicht der fotogene, aber nur selten angemessen nuanciert spielende Dorff hier indes nicht.

    Auch über die klischeebeladenen Dialoge gewinnt „Brake" keine Eigenständigkeit. Besonders die ausgerechnet in dieser misslichen Lage ausgetragenen Beziehungskonflikte zwischen Jeremy und seiner Freundin wirken arg konstruiert und wenig plausibel. Ein Totalausfall ist der Film aber dennoch keineswegs. Der über Jeremy angebrachte und immer wieder für Überraschungen sorgende Zähler ist eine nette Idee, die Dynamik ins reduzierte Treiben bringt. Und vor allem in der ersten Hälfte hat Torres aber auch in schwächeren Szenen ein Erzähltempo drauf, das mitreißt – bis ein lauwarmes Überraschungsende mit einem schrägen Gastauftritt des bisher erfolglosen Comeback-Aspiranten Tom Berenger („Platoon") den Film unspektakulär ausklingen lässt.

    Fazit: „Brake" ist die in nahezu jeder Hinsicht weniger überzeugendere Variante von „Buried" – es reicht eben nicht, einfach eine erfolgreiche Idee nachzuverfilmen.

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