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    Agent Hamilton - Im Interesse der Nation
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Agent Hamilton - Im Interesse der Nation
    Von Katharina Granzin

    Seit mittlerweile 26 Jahren ist der wackere Agent Hamilton nun schon im Dienst. 1986 erschien der erste Roman über Carl Gustav Gilbert Graf Hamilton, einen schwedischen Adligen mit linksradikaler Vergangenheit, besser bekannt als Top-Agent Coq Rouge. Zehn Bücher der Spionagereihe hat der schwedische Journalist und Bestsellerautor Jan Guillou insgesamt verfasst, neun sind auch auf Deutsch erschienen. Inzwischen darf Carl Hamilton wie so viele erfolgreiche Romanhelden eine zweite Existenz als Filmfigur führen. In früheren Bearbeitungen verkörperten Stellan Skarsgard („Verblendung") und Peter Stormare („Fargo") den Superagenten, nun schlüpft der hierzulande vor allem als Gunvald Larsson aus „Kommissar Beck" bekannte Mikael Persbrandt in die Rolle. An seiner Seite ist mit Pernilla August („Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung") ein weiteres prominentes schwedisches Leinwandgesicht zu sehen, und auch abseits der stimmigen Besetzung hat die dänische Regisseurin Kathrine Windfeld („Wallander") alles richtig gemacht. „Agent Hamilton" ist spannend und temporeich inszeniert, die Figuren gewinnen für einen Actionfilm erstaunlich viel Kontur und auch die Altersfreigabe ab 18 hat sich der Thriller redlich verdient.

    Agent Hamilton (Mikael Persbrandt) hat sich undercover in eine russische Mafiabande eingeschlichen, die Waffen nach Schweden schmuggelt. Doch gerade als der Deal mit Terroristen über die Bühne gehen soll, gehen Angehörige einer obskuren amerikanischen Sicherheitsfirma unter der Führung von Rob Hart (Jason Flemyng) dazwischen und kapern die Lieferung von schwedischen Spezialraketen. Hamilton kann als einziger Überlebender entkommen. Zurück in der Heimat tötet er jedoch aus Versehen seine Freundin: Seine Verteidigungsmechanismen funktionieren sogar im Schlaf. Und während in Schweden eine hübsche – dazu schwangere – Kommissarin dabei ist, den Todesfall aufzuklären, wird der Agent – quasi zu Therapiezwecken – wieder in die Welt hinausgeschickt. Es gilt, die verlorenen Raketen wiederzufinden. Die werden bereits in diversen internationalen Konflikten eingesetzt und haben den Tod eines somalischen Exilpolitikers und seiner Familie verursacht. Einer von Harts Männern, Benjamin Lee (Ray Fearon), wollte dies verhindern und wird nun von den eigenen Kollegen gejagt. Doch Hamilton schaltet sich ein, unterstützt von der palästinensischen Top-Agentin Mouna (Saba Mubarak), die zu seiner Unterstützung nach Schweden kommt. In den eigenen Reihen scheint es nämlich einen Verräter zu geben...

    Was „Agent Hamilton" vor allem interessant macht, ist die Gebrochenheit seiner Hauptfigur. Zwar ist Hamilton in erster Linie ein harter Kerl, aber einer mit dem sprichwörtlichen weichen Kern. Wobei Mikael Persbrandt nicht ganz in diese Rolle passt: Was ihm fehlt, ist diese gewisse Bruce-Willis-Komponente, die Fähigkeit, in Sekundenbruchteilen von sensibel auf steinhart umschalten zu können. Dass jedoch in Schweden einer mit so freundlichen Augen als Killeragent „im Auftrag der Nation" ins Kino geschickt wird, passt wiederum auch irgendwie zur sympathischen IKEA-Nation mit den so tief vergrabenen düsteren Kehrseiten, die von einer ganzen Generation von Krimiautoren international erfolgreich ins Licht gezerrt werden.

    Hamilton jedenfalls ist eben nicht nur der kehlenaufschlitzende Killer, der gleich in der ersten Szene einem Gegner mit bloßen Händen das Genick bricht. Gerade hatte er begonnen, ein normales, ein gesetztes Leben zu beginnen – an der Seite einer Frau, die ja nun auf sehr unglückliche Weise umgekommen ist. Als er das seiner alten Bekannten Mouna erzählt, kontert die nur kühl, er müsse sich dem stellen, was er sei. All das macht Carl Hamilton zu einer wahrhaft tragischen Figur: Er lebt als einer, der er nicht mehr sein will. Seit dem Tod der Geliebten gibt es aus diesem existenziellen Dilemma erst recht kein Entkommen mehr, denn im Interesse der Nation ist es Carl sogar versagt, sich offen zu seiner Schuld zu bekennen. Und damit ist Hamilton aber auch der passende (Anti-)Held in einer Welt zunehmender Orientierungslosigkeit, in der es brutal und blutig zugeht.

    Fazit: „Agent Hamilton" ist ein perfekt inszenierter und gefilmter Action- und Agententhriller – das schwedische Gegenstück zu James Bond mit stärkerer psychologischer Komponente.

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