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    Renoir
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Renoir
    Von Christian Horn

    Mit dem Filmtitel „Renoir" sind gleich zwei Personen gemeint: Vater Auguste und Sohn Jean – der impressionistische französische Maler und der (zum Zeitpunkt der Handlung: künftige) Filmregisseur von Weltrang. Der alte wie der junge Mann finden bei der jugendlichen Schönheit Andrée Inspiration, die als Bindeglied von Gilles Bourdos doppeltem Biopic „Renoir" fungiert. Die gut gespielten Hauptfiguren und die schönen Bilder machen den Historienfilm, der seine Premiere 2012 auf dem Filmfestival in Cannes feierte, durchaus sehenswert, auch wenn „Renoir" bisweilen etwas zu bedächtig dahinplätschert.

    Frankreich, 1915: Während der Erste Weltkrieg tobt, lebt der Maler Auguste Renoir (Michel Bouquet) auf seinem Anwesen an der französischen Mittelmeerküste. Der berühmte Künstler sitzt im Rollstuhl, sorgt sich um seine beiden Söhne, die an der Front kämpfen, und kann mit seinen steifen Fingern nur noch mühselig malen. Als Auguste nach dem Tod seiner Frau mit dem eigensinnigen Bauernmädchen Andrée (Christa Theret) einer neuen Muse begegnet, findet der Meister neue Lebenskraft. Die schöne Rothaarige steht dem Maler Modell und befeuert seinen Schaffenstrieb. Mit der Rückkehr des 21-jähriges Sohns Jean (Vincent Rottiers), der im Krieg beinahe das linke Bein verloren hätte, verkompliziert sich die Situation: Jean verliebt sich in Andrée, die seine Leidenschaft für das Kino entfacht.

    Mit Auguste und Jean Renoir treffen in „Renoir" zwei unterschiedliche Künstlertypen aufeinander. Der 1841 geborene Maler Auguste erscheint als Vertreter einer vergangenen Epoche, während der feinfühlige, von Stahlgewitter und Grabenkampf desillusionierte Jean ein Mann der Moderne ist. Als Bindeglied dient Andrée Heuschling, die im Alter von 15 Jahren und auf Empfehlung von Henri Matisse zur letzten Muse des Malers aufsteigt und ebenfalls Vertreterin einer neuen Epoche ist: Mal als Tänzerin oder Sängerin, dann als Schauspielerin oder Aktmodell lebt Andrée nach ihrem eigenen, freigeistigen Vorstellungen. Dass die junge Frau letztlich unter dem Pseudonym Catherine Hessling in den ersten Stummfilmen von Jean Renoir Hauptrollen übernimmt, ist da nur folgerichtig. Die Filmkarriere von Jean Renoir („Die große Illusion"), der vor allem die Dreißigerjahre des französischen Kinos prägte und von den Regisseuren der Nouvelle Vague verehrt wurde, spielt in „Renoir" allerdings keine Rolle.

    Regisseur Gilles Bourdos („Ein Engel im Winter") inszeniert das Liebesdreieck im Künstlerumfeld als ruhiges, bisweilen allerdings auch etwas langatmiges Drama mit elegischer Grundhaltung. Der taiwanesische Kameramann Mark Ping Bing Lee („Naokos Lächeln") taucht die grüne Landschaft samt Flusslauf in prachtvolles Licht, das gewissermaßen die impressionistischen Werke von Auguste Renoir spiegelt. Für die Sinnlichkeit in dieser idyllischen Szenerie sorgt Christa Theret („LOL - Laughing Out Loud"), die mit ihrem rosigen Gesicht und den roten Haaren der Inbegriff der Jugend ist. Als Gegensatz tritt der deutlich ältere Michel Bouquet auf, der bereits für Claude Chabrol („Die untreue Frau") oder Francois Truffaut („Das Geheimnis der falschen Braut") vor der Kamera stand. Auf überzeugende Weise verkörpert der Mime den alternden Künstler, der die Kraft für sein Alterswerk findet, während Vincent Rottiers den jungen Jean Renoir mit der nötigen Verve ausstattet.

    Fazit: Nach dem Thrillerdrama „Ein Engel im Winter" inszeniert Gilles Bourdos mit „Renoir" ein sinnliches Biopic, das als Schauspielerfilm gefällt – die betont ruhige und gelassene Erzählweise des Films sorgt jedoch für zwischenzeitliche Ermüdungserscheinungen.

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