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    Speed - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Speed - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
    Von Sophie Charlotte Rieger

    Wer kennt es nicht, das Gefühl, keine Zeit zu haben? Wie viel wir auch planen und organisieren, es bleibt einfach nie ausreichend Zeit, um neben allen Aufgaben auch noch zu entspannen. Genau diesem Dilemma sieht sich auch Filmemacher Florian Opitz ausgesetzt. Der Titel seines Dokumentarfilms, „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" beschreibt seine persönliche Mission, die er mit der Kamera einfängt. Dabei zeichnet Opitz zwar ein umfassendes Bild des zeitgenössischen Stressphänomens und sucht verschiedene Lösungsansätze, bleibt dabei aber am Ende auf ausgetretenen Pfaden stecken statt neue Perspektiven zu eröffnen.

    Die Feststellung, dass er nie ausreichend Zeit für die schönen Dinge des Lebens hat, steht am Annfang von Florian Optiz' kritischer Selbstbeobachtung. Das Problem der verlorenen Zeit geht er in drei Schritten an: Zunächst widmet er sich einer Bestandsaufnahme, geht Phänomenen wie dem Burnout auf den Grund und studiert entsprechende Ratgeberliteratur. Darauf folgt die Ursachensuche, die ihn insbesondere in die Finanzwelt führt. Schließlich präsentiert er alternative Lebensentwürfe von Menschen, die sich auf verschiedene Weise dem modernen Zeitdruck entzogen haben und wagt am Ende gar, einen Lösungsansatz für unsere Gesellschaft zu formulieren.

    „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" beginnt als persönlicher Film, in dem Regisseur Florian Opitz auch als Protagonist vor die Kamera tritt. Er gewährt kleine Einblicke in sein Familienleben in Berlin-Kreuzberg mit Frau und Kleinkind, wodurch das abstrakte Thema des Films lebendig wird und die allgemein formulierte Suche zu einer ganz persönlichen Mission. Zunehmend tritt die Person Florian Opitz jedoch in den Hintergrund und macht Platz für Spezialisten aus Wirtschaft und Forschung, die zur Zeitproblematik Stellung nehmen. Zwar taucht Opitz selbst im letzten Drittel des Films wieder verstärkt auf, der persönliche Stil des Anfangs aber bleibt verloren. Was als Privatmission beginnt, wird am Ende dann doch zu einer reinen Informationssammlung zum Thema Zeit.

    Diese Sammlung aber ist Florian Opitz gut gelungen. Er beleuchtet Bereiche, deren Bedeutung für das individuelle Stressempfinden den meisten Zuschauern unbekannt sein dürfte. Seine Interviewpartner haben Erhellendes zu berichten, auch wenn es ihnen nicht immer gelingt, sich allgemeinverständlich auszudrücken. Gerade im Mittelteil, wenn es um komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge geht, verlangt der hohe Abstraktionsgrad des Dargestellten dem Publikum einige Aufmerksamkeit ab. So überraschend „Speed" hier auch ist, so wenig neu sind die Lösungsvorschläge, die Opitz im abschließenden Teil anbietet.

    Wenn das Leben auf dem Land, jenseits des Zeitdrucks, als „Ausstieg aus dem Hamsterrad" gepriesen wird, dann zeugt das eher von Ratlosigkeit als von mühsam errungener Erkenntnis, zumal es sich hier ja geradezu um einen Gemeinplatz eines alternativen Lebensentwurfs handelt. Es mag zwar etwas dran sein an der verlockenden Langsamkeit des Landlebens, aber neu ist die Idee mitnichten und auch Opitz gibt zu, dass solch ein Aussteigerleben erst durch finanzielle Sicherheit möglich wird. Dass er schlussendlich mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen sogar politisch Stellung bezieht, verleiht dem Film auf der einen Seite zwar eine aktuelle Note, andererseits riskiert Opitz damit auch, belächelt zu werden und als etwas naiver linker Konsumkritiker abgetan zu werden.

    Fazit: Florian Opitz thematisiert in seinem Dokumentarfilm „Speed – Auf der Suche der verlorenen Zeit" das vielleicht größte Problem unserer heutigen Gesellschaft. Auch wenn er durchaus originelle Nachforschungen anstellt, wirken die angebotenen Lösungsvorschläge bedauerlich klischeehaft und wenig praktikabel.

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