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    I Used To Be Darker
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    I Used To Be Darker
    Von Michael Meyns

    Scheidungsgeschichten sind im amerikanischen Independentkino ein so beliebtes Sujet, dass man durchaus von einem eigenen Sub-Genre sprechen kann. Von Noah Baumbachs „Der Tintenfisch und der Wal“ bis zu So Yong Kims „For Ellen“ - um nur einige Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zu nennen - thematisieren Regisseure mehr oder weniger schmerzhafte Trennungen und sezieren einen oft autobiographisch gefärbten  Beziehungssumpf. In die gleiche Kerbe schlägt nun auch Matt Porterfield in seinem dritten Spielfilm „I Used To Be Darker“, in dem er erneut hinter die Oberfläche der nur scheinbar heilen Mittelklassewelt seiner Heimatstadt Baltimore blickt. Doch so authentisch manche Beobachtungen auch sind, das komplette Fehlen von Selbstironie macht Porterfields Film zu einer wenig erbaulichen Nabelschau.

    Taryn (Deragh Campbell) ist 19, hat aber den Gemütszustand eines kleinen Kindes. Von ihrer Familie in Nordirland ist sie weggerannt und flüchtet sich zu ihrer Tante Kim (Kim Taylor) nach Baltimore. Kein gutes Timing, denn Kims Ehe zu Bill (Ned Oldham) liegt in den letzten Zügen, was nicht zuletzt ihre Tochter Abby (Hannah Gross) belastet. In diese schwelenden Konflikte taucht Taryn mit ihren eigenen Problemen ein und sieht sich bald zwischen ihren Verwandten hin und her gerissen.

    Schon seine ersten beiden Filme „Hamilton“ und „Putty Hill“ siedelte Matt Porterfield in seiner Heimatstadt Baltimore an, allerdings nicht in den verfallenen Teilen, die Schauplatz der herausragenden Kultserie „The Wire“ sind, sondern in den Vororten der Mittelschicht, wo auch dieser Film spielt. In hübschen Häusern leben dort die Protagonisten, gehen geregelter Arbeit nach und machen Urlaub auf den Hamptons. Doch zumindest Teile dieser heilen Welt liegen im Argen, auch wenn der Schein gewahrt bleibt.

    Ohne eine Handlung im klassischen Sinne zu verfolgen, deutet Porterfield nach und nach Beziehungsgeflechte an, entwickelt Parallelen zwischen den Figuren, schafft Bezüge, ohne am Ende Lösungen anzubieten oder gar kathartische Momente zu erzwingen. Vom Umgang mit Beziehungen, Trennungen und anderen Problemen erzählt er und lässt seine Hauptdarsteller ihr Leben immer wieder mit ihrer Musik kommentieren. Denn mit Kim Taylor und Ned Oldham hat er zwei leibhaftige Musiker gecastet, die zwar keine großen Stars sind, doch in der Singer-Songwriter-Szene durchaus bekannt sind. Immer wieder greifen sie daher zur Gitarre und spielen mal sentimentale, mal wütende Lieder, die oft mehr von ihrem Gefühlsleben verraten als die Dialoge.

    Immer wieder streift Porterfield auch durch die Szene Baltimores, zeigt Kim und ihre Band bei einem kleinen Club-Gig, verfolgt Taryn und Abby bei einem Konzert in einem Underground-Club. Doch so authentisch diese Momente auch sind, über weite Strecken läuft „I Used To Be Darker“ allzu behäbig ab, bleiben die Probleme saturierter Mittelklasse-Existenzen irgendwie irrelevant. Denn im Gegensatz zu einer Serie wie „Girls“, in der ein ähnliches Milieu beschrieben wird, aber ähnlich banale Themen mit Witz und Selbstironie überhöht werden, bleibt Porterfields Erzählung essentiell flach. Seine Figuren sind leidlich nette Menschen, die sich trennen. Das ist weder besonders ungewöhnlich, noch besonders interessant und dementsprechend beliebig bleibt auch „I Used To Be Darker.“

    Fazit: Mit „I Used To Be Darker“ versucht Matt Porterfield die Befindlichkeiten diverser Mittelstands-Existenzen in Baltimore zu beschreiben, verlässt sich dabei jedoch zu sehr auf authentische Milieubilder und vergisst sowohl dramatische Überhöhung als auch nur den Hauch von Selbstironie.

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