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    Prakti.com
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Prakti.com
    Von Christoph Petersen

    Von Michael Jackson nachäffenden russischen Büro-Zombies bis hin zu Quälreime trällernden deutschen Nachwuchs-Bahnern – statt aus den Fehlern anderer zu lernen, nimmt die Schwemme von auf YouTube zu Fremdschäm-Clickhits avancierenden Unternehmens-Werbevideos einfach nicht ab. So ein Ausrutscher passiert der Marketing-Abteilung von Google (Börsenwert: 240 Milliarden Dollar!) aber natürlich nicht – und tatsächlich hat sich der Internet-Titan nun statt Online-Filmchen mit Shawn Levys „Prakti.com“ gleich eine ganze Traumfabrik-Großproduktion als Werbeplattform gesichert: Das „Hochzeits-Crasher“-Traumpaar Vince Vaughn und Owen Wilson holt mit seinem anarchischen Charme aus dem marketingwirksamen Praktikum-bei-Google-Plot heraus, was nur geht - aber dabei stoßen selbst die versierten Hollywood-Improvisationskünstler immer wieder an ihre Grenzen: Eine Arbeitsplatz-Komödie, bei der man sich über den Arbeitsplatz nicht lustig machen darf, ist schlussendlich eben doch ein Widerspruch in sich!

    Die Uhren-Vertreter Billy McMahon (Vince Vaughn) und Nick Campbell (Owen Wilson) sind die erfolgreichsten Verkäufer ihrer Branche – dumm nur, dass heutzutage alle nur noch auf ihr Handy schauen und das Geschäft mit den wertvollen Zeitmessern ungebremst in den Ruin schlittert. Aber so schnell wirft das redegewandte Duo die Flinte nicht ins Korn: Auf der Suche nach einem neuen Job stößt Billy auf eine Praktikanten-Anzeige von Google – und entgegen jeder Wahrscheinlichkeit finden sich die beiden Computer-Analphabeten plötzlich zwischen einem Haufen halb so alter Universitäts-Genies auf dem Campus des Suchmaschinen-Giganten wieder. In Teams eingeteilt müssen die Praktikanten hier einen Sommer lang vom App-Programmieren bis zum Quidditch-Duell alle möglichen Aufgaben erledigen – und nur die Gewinner werden mit der heißersehnten Festanstellung belohnt...

    „Prakti.com“ überzeugt immer dann, wenn Regisseur Shawn Levy („Nachts im Museum“, „Real Steel“) seine Stars von der Leine und einfach drauflos improvisieren lässt – etwa wenn Will Ferrell als notgeiler Matratzen-Verkäufer vorbeischaut oder Billy und Nick im Google-Vorstellungsgespräch auf die Frage antworten sollen, wie sie sich auf die Größe eines 25-Cent-Stücks geschrumpft und in einen Mixer gesteckt verhalten würden. Vince Vaughn („Dickste Freunde“) und Owen Wilson („Midnight in Paris“) strahlen noch immer denselben anarchischen Charme wie zu „Die Hochzeits-Crasher“-Zeiten (der Film avancierte 2005 in den USA zur bis dahin erfolgreichsten Erwachsenen-Komödie aller Zeiten) aus – nur dürfen sie diesen in „Prakti.com“ leider nur bis zu dem Grad ausspielen, ab dem er der Google-Werbebotschaft zuwiderlaufen könnte. Ein bisschen ist das, als würde man sich eine Sportveranstaltung im Fernsehen anschauen – auf drei gute Spielszenen folgt erst einmal eine Botschaft des Sponsors!   

    Das Google-Praktikum als „mentale Hungerspiele“ (in Anspielung auf den tödlichen Teenie-Wettstreit aus „Die Tribute von Panem“) zu bezeichnen, ist da bereits das höchste der Gefühle! Ansonsten wird Google als Universal-Heilsbringer abgefeiert: Wenn Billy erstmals auf die Praktikumsanzeige stößt, wird das als geradezu biblischer Erweckungsmoment inszeniert - und im finalen Wettbewerb mutiert Papas Pizzaladen nach einem einzigen Google-Werbegespräch zum erfolgreichen Franchise-Unternehmen mit nicht endenwollenden Wachstumschancen. Egal ob einen diese alles andere als schleichende Werbung nun richtiggehend nervt oder man sie einfach an sich vorbeirauschen lässt – sie raubt der Komödie auf jeden Fall ihren satirischen Biss! Da täuscht dann selbst ein Quidditch-Wettbewerb als Seitenhieb auf das Google-Nerdtum (es gab sogar einen Quidditch-Consultant am Set!) nicht mehr über den Eindruck des Films als bloßes Marketing-Gimmick hinweg.

    Fazit: „Prakti.com“ entpuppt sich dank des Comedy-Traumpaars Vince Vaughn und Owen Wilson als einer der charmantesten Werbefilme überhaupt – trotzdem bleibt natürlich die Frage, ob man für einen zweistündigen Google-Spot wirklich einen vollen Kinoeintritt auf den Tresen legen möchte.

    PS: Die korrekte Antwort auf die Frage mit dem Mixer lautet übrigens, dass beim Schrumpfen die Muskelkraft im Vergleich zur Körpergröße so sehr zunimmt, dass man wie ein Floh einfach aus dem Mixer herausspringen könnte – aber wer die Lösung im Vorstellungsgespräch einfach so runterbetet, dem fehlt leider die nötige Googliness!

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