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    Wrong Cops
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Wrong Cops
    Von Thomas Vorwerk

    Der Filmtitel ist bei „Wrong Cops“ Programm: Jeder Polizist, der in diesem Film mehr als zwei Minuten zu sehen ist, offenbart kriminelle und schlichtweg asoziale Tendenzen, und besonders helle wirken sie dabei auch nicht. Als hätte man „Bad Santa“ und „Police Academy – Dümmer als die Polizei erlaubt“ gekreuzt, nur mit dem etwas eigenartigen, offenbar absichtlich nicht immer zündenden Humor, den man aus den Komödien von David Gordon Green („Ananas Express“) oder Adam McKay („Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“) kennt. Und wenn tatsächlich mal ein Kriminalfall aufzulösen ist (ein Mordfall), nimmt man schlichtweg von einer Ermittlung Abstand und gibt den Ratschlag, die Blutspuren (und somit Beweismittel) zu beseitigen, bevor die Flecken schwer entfernbar werden. Independent-Künstler-Multitalent Quentin Dupieux, auch bekannt als Mr. Oizo, erzählt mit diesen ganz und gar nicht idealen Polizisten eine Geschichte, die trotz der Übernahme von einigen Ansätzen und Figuren aus dem Vorgänger „Wrong“ sich stark von diesem unterscheidet. Sie ist deutlich weniger surreal, aber auch nicht ganz so gut.

    Officer Duke (Mark Burnham) trägt zwar eine Polizeiuniform, doch er benimmt sich wie das komplette Gegenteil einer Ordnungskraft. Er verkauft u. a. Drogen oder drängt seinen Kollegen „Sunshine“ (Steve Little), der ihm Geld schuldet, den Körper eines „Dreivierteltoten“, der bei einem bizarren „Arbeitsunfall“ von Duke angeschossen wurde, verschwinden zu lassen. Doch „Sunshine“, der zunächst durch den zufälligen Fund einer Tasche mit 13.000 Dollar zum Glückspilz des Films zu avancieren schien, hat plötzlich andere Probleme: Seine Kollegin Officer Holmes (Arden Myrin) erpresst ihn, weil sie den Familienvater in einem schwulen Pornoheft wiederentdeckt hat. Da engagiert Sunshine halt mit Officer Rough (Eric Judor) einen weiteren Kollegen, damit dieser die Erpresserin bei der Geldübergabe aus dem Hinterhalt erschießt. Officer de Luca (Eric Wareheim) ist derweil damit beschäftigt, alle Frauen, die er trifft, unter Waffengewalt zu zwingen, ihre Brüste zu offenbaren, damit er diese seiner Fotosammlung zuführen kann.

    Einige prägende Trends aus „Wrong“ hat Dupieux auch in seinem neuen Film übernommen. Neben der (vom Regisseur selbst geführten) Kamera mit geringer Tiefenschärfe, was jeweils einen Großteil des Bildes unscharf und irreal erscheinen lässt und hier noch durch den auffällig häufigen Gebrauch von Freeze-Frames und Zooms unterstützt wird, gibt es auch wieder surreale Momente: Ein Reh, das mitten auf einer Beerdigung auftaucht, wirkt fast poetisch in seiner thematisch passenden Fragilität, doch das Zusammenwirken der stilistischen Mittel mit dem filmischen Sujet, wie es in „Wrong“ begeisterten konnte, vermisst man dieses Mal, denn Dupieux arbeitet hier lieber mit drastischeren „komischen“ Mitteln. So ist Officer Duke bei seinem florierenden Drogenhandel auf eine wahnwitzige Idee gekommen, um die Übergabe „unauffälliger“ zu gestalten: Er versteckt die Drogen im mit Klebeband umwickelten Bauch von toten Ratten! Als es dann zu einem Lieferengpass bei den Tarnverpackungen kommt, steigt er auf tote Fische um...

    Skurrile Ideen hat Dupieux nach wie vor. Im Mittelpunkt eines längeren Handlungsstrangs stehen etwa die musikalischen Ambitionen von Officer Rough, dessen vermeintlicher Super-Hit den entscheidenden Impetus von dem in der Inhaltsangabe erwähnten „Dreivierteltoten“ erhält. Der wird im Verlauf eines kleinen „Staffellaufs“ mehrfach von Cop zu Cop „weitergegen“ und avanciert schließlich - auch zu 75% tot - noch zum neuen Komponisten-Kumpel von Rough. Gemeinsam spricht man sogar bei einem Produzenten vor. Dieser klärt sie dann allerdings auf, dass der innovative Auftritt des seltsamen Duos zwar großes Potenzial habe, aber das Quäntchen an nötigem Talent leider fehle.

    Talent(e) kann der Film dagegen ausreichend vorweisen. Neben den seltsamen Hauptdarstellern, die Fans des Regisseurs allesamt schon aus seinen früheren Filmen kennen, gibt es dieses Mal zudem viele Gaststars. So taucht etwa Eric Roberts („The Expendables“) für eine Szene auf, und wer jemals daran zweifelte, dass Regisseur Dupieux ein großer Fan von David Lynchs Fernsehserie „Twin Peaks“ ist, wird zugeben müssen, dass es kein Zufall sein kann, dass Ray Wise und Grace Zabriskie in „Wrong Cops“ mitspielen (leider ohne gemeinsame Szene). Sie spielten einst die Eltern der Fernsehgeschichte schreibenden Laura Palmer.

    Den verblüffendsten Auftritt hat aber ausgerechnet ein Musiker. Schockrocker Marilyn Manson spielt den verhuschten David Dolores Frank, der mit seiner Zahnspange und dem Augen-Make-Up wie eine Alan-Rickman-Version aus der „Twilight Zone“ wirkt. Musik ist bei Elektro-DJ Dupieux ohnehin steht sehr präsent, so auch hier. Der an die Werke von Deutsch Amerikanische Freundschaft oder ähnlichen deutschen Elektro-Acts aus den Achtzigern erinnernde Soundtrack trägt viel zum Charme des Low-Budget-Selfmade-Films bei, der trotz vieler Schwächen ein echter Dupieux ist. Da gehört auch dazu, dass der Regisseur seinen eigenen Debütfilm „Rubber“ einmal im Fernsehen laufen und von den Figuren in den höchsten Tönen loben lässt.

    Fazit: Quentin Dupieux ist ein eigenwilliger Komiker wie zum Beispiel auch Helge Schneider, der Filme macht, die Fans als Kult verehren, die aber viele „Uneingeweihte“ als saublöden Schmarrn abtun werden. So ist es auch bei „Wrong Cops“, der trotz aller skurrilen Ideen aber eine ganze Stufe schwächer als Vorgänger „Wrong“ ist.

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