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    Klappe Cowboy!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Klappe Cowboy!
    Von Thilo Podann

    Filme übers Filmemachen: Sie sind eine ganz spezielle Herausforderung, die Regisseure immer wieder reizt. Klassische Beispiele sind etwa François Truffauts „Die amerikanische Nacht", das Backstage-Musical „Singin' in the Rain" und natürlich Federico Fellinis Nabelschau „8 1/2". In den vergangenen Jahren war das Filmemachen besonders oft Gegenstand von Komödien wie „Bowfingers große Nummer", „Tropic Thunder" oder „Zack and Miri Make a Porno". In diese Richtung zielt auch Timo Jacobs, der mit seinem Regiedebüt „Klappe Cowboy!" einen alles andere als konventionell erzählten Film vorlegt. Jacobs begleitet den erfolglosen Regisseur Cowboy bei seinen haarsträubenden Versuchen, in der Berliner-Filmszene Fuß zu fassen – und wie einst Truffaut übernimmt er die Hauptrolle des Filmemachers auch gleich selbst.

    Nordlicht Cowboy (Timo Jacobs) war schon immer ein Verlierer. So schafft er es als jugendlicher Filmemacher beim Nachwuchswettbewerb auch nicht, sich gegen die sehr überschaubare Konkurrenz durchzusetzen. Trotz dieser frühen Enttäuschung folgt er seiner Passion und landet Jahre später im Mekka des deutschen Kinos: Berlin. Doch auch hier wird er von Kollegen eher belächelt, man macht sich hinter seinem Rücken über ihn und seine Filme lustig. Nun soll Cowboys neues Skript „8 Fäuste gegen Berlin" endlich den erhofften Durchbruch bringen. Sein Wunschpartner für die Realisierung ist niemand Geringeres als Bernd Eichinger (der während der Entstehungsphase von „Klappe Cowboy!" noch lebte). Aber der Erfolgsproduzent ahnt noch nicht einmal etwas von der Existenz des Regie-Cowboys, der zeitgleich mit seiner improvisierten Filmcrew bestehend aus Kameramann Kinski (Peter Koskowski) und Tontechniker Molle (David Bredin) zahlreiche andere Projekte startet. Denn eins besitzt er im Überfluss: Ideen. Ein Werbespot für Hautkrankheiten heilende Fische und ein Musikvideo für eine Würstchen verkaufende Rocksängerin sind nur zwei davon. Und dann wäre da noch die Konzeptkünstlerin Yps (Yps van Tule), für die Cowboy einen Kunstfilm drehen soll...

    Regie, Hauptrolle, Drehbuchautor, Produzent: Bei seinem Spielfilmdebüt übernimmt der gebürtige Hamburger Timo Jacobs fast alle wichtigen Rollen. Und schuf vor der Kulisse der deutschen Hauptstadt eine phasenweise sehr unterhaltsame Anarcho-Komödie, die vor allem eine Hommage an das Kino ist. Munter zitiert sich Jacobs durch die Filmgeschichte, angefangen bei Kameramann Kinski, der nicht umsonst den Namen des wohl kontroversesten deutschen Schauspielers überhaupt trägt. Weitere Verweise gelten unter anderem natürlich Bernd Eichinger („Der Untergang"), den Meister-Regisseuren Alfred Hitchcock und Quentin Tarantino sowie den Schauspielgrößen Bruce Lee und Marlene Dietrich. Dass Cowboy bei einer Verfolgungsjagd „Lauf, Forrest, lauf" hinterhergerufen wird, ist da eine Selbstverständlichkeit.

    Inszenatorisch wirkt der teils improvisierte Film streckenweise wie ein Helge-Schneider-Klamauk, ohne aber den einzigartig individuellen Witz des ungekrönten Königs des schrägen Humors zu erreichen. Dennoch sind gerade diese humorvollen Einlagen die stärksten Szenen des Films. Besonders die beiden skurrilen Nebenfiguren Kinski und Molle sorgen immer wieder für witzige Momente: Etwa wenn Cowboy versucht, dem untalentierten Schauspieler Kinski die Methode des legendären Schauspiellehrers Sanford Meisner näherzubringen („Du bist skeptisch – Ich bin skeptisch") oder wenn der wortkarge Dauerbiertrinker Molle („There is no beer around here") als Passagier im bierkastengroßen Fahrradanhänger mit durch Berlin fährt und bei der planlosen Odyssee seelenruhig an seiner Bierflasche nuckelt.

    Doch zwischen diesen lustigen Lichtblicken wirkt „Klappe Cowboy!" in vielen Passagen zu überladen. Eine wirklich stringente Handlung gibt es nie, was zwar offensichtlich auch nicht beabsichtigt ist, wodurch es einem aber dennoch zuweilen unnötig schwer gemacht wird, dem Geschehen zu folgen. Oft scheint es, dass Cowboy einfach kein Talent dafür hat, einen komplett durchdachten Film zu realisieren, sich dessen aber erst zu spät bewusst wird. Inwieweit dieser Punkt Teil des Selbstporträts ist, das Timo Jacobs hier offenkundig auch zeichnet, ist unklar, aber durch den offensiven Umgang mit dem Verlierer und Versager, der im Regisseur steckt, bekommen seine absurden und chaotischen Schöpfungen durchaus einen eigenen Reiz.

    Ganz zu Beginn des Films stellt Timo Jacobs seine Methode vor: Als Cowboy in einem kleinen Programmkino seinen neuesten Film präsentiert, vermischt der Regisseur die filmische Fiktion mit der Realität. In seiner Rolle beschreibt er die Regeln, denen sowohl der Film im Film als auch das Gesamtwerk „Klappe Cowboy!" gehorchen soll: „ Es geht um die Bilder, um die Visualität und nicht um Theorie. Es geht um das, was die Bilder an Ausdruck, an Stärke haben, welche Emotionen sie transportieren können." Kurz vor dem Abspann öffnet Jacobs dann eine weitere Meta-Ebene, die zwar so manchen Zuschauer ähnlich verdutzt zurücklassen wird wie Schauspieler und Kameramann Kinski, die sich jedoch stimmig in das abstrakte Gesamtbild einfügt. Und ob wir jetzt am Ende „8 Fäuste gegen Berlin", „Klappe Cowboy!", oder etwas völlig anderes gesehen haben, bleibt jedem selbst überlassen.

    Fazit: Timo Jacobs Erstlingswerk ist zumindest streckenweise eine amüsante und unterhaltsame Komödie, die jedoch zu oft in ein bizarres Mosaik aus grotesken Teilsequenzen zerfällt.

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