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    The F-Word – Von wegen nur gute Freunde!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The F-Word – Von wegen nur gute Freunde!
    Von Tim Slagman

    „Harry Potter“ ist für Daniel Radcliffe Segen und Fluch zugleich. Die Rolle als Zauberlehrling machte den unbekannten britischen Schüler zum Star, doch der wehrte sich öffentlich und teils auch sehr bitte über die Festlegung auf ein Image und kämpfte dagegen an: Radcliffe gerierte sich mal als ungezogener Saufbold, legte eine Alkoholbeichte ab, ließ auf der Bühne die Hosen runter, spielte im viktorianischen Gruselfilm „Die Frau in Schwarz“ einen Familienvater und in „Kill Your Darlings“ den homosexuellen Beat-Poeten Allen Ginsberg, und wird 2015 in einer „Frankenstein“-Verfilmung als Igor zu sehen sein. Es scheint, als wolle mit dieser Vielfalt jemand unbedingt beweisen, dass er weit mehr kann als die eine Rolle, die seine Kindheit und Jugend und seine Wahrnehmung in der Welt ungemein geprägt hat. Für den Zuschauer ist dies ein Glücksfall, wenn es aufgeht: So wie in Michael Dowses Romantikkomödie „The F-Word - Von wegen gute Freunde!“, die dem glänzend aufgelegten Hauptdarsteller einiges von ihrem Charme verdankt.

    Wallace (Daniel Radcliffe) ist ein junger Mann aus Toronto, der schwer unter der frischen Trennung von seiner Ex-Freundin leidet. Auf einer Party begegnet er Chantry (Zoe Kazan), die auf seine schwungvollen, aber etwas unbeholfenen Smalltalk-Versuche einsteigt. Könnte da mehr drin sein? Die Ernüchterung folgt auf dem Fuße: Chantry ist vergeben an den gutaussehenden und karriereorientierten Ben (Rafe Spall). Also sind die beiden erst einmal nur Freunde, eine furchtbare Situation. Doch dann wird Ben nach Dublin versetzt und Wallace bietet sich die Chance, den Trennungsschmerz seiner platonischen Freundin auszunutzen. Doch das würde so ein freundlicher und eigentlich auch schüchterner Kerl wie er doch niemals tun… oder doch?

    „The F-Word“ ist die Adaption des Bühnenstücks „Cigars and Toothpaste“ von T.J. Dawe und Michael Rinaldi. Regisseur Michael Dowse („Goon – Kein Film für Pussies“) und sein Drehbuchautor Elan Mastai („Der Samariter - Tödliches Finale“) haben aus dieser Vorlage eine romantische Komödie gemacht, die den altbekannten Genreregeln folgt, sich aber auch als Reflexion dieser verstehen lässt. Aus dem Gerüst, das uns hunderte romantische Komödien mit einer solchen oder einer ähnlichen Ausgangsposition schon gezeigt haben, brechen Dowse und Mastai nur in winzigen, dafür umso intelligenteren Details aus. Ansonsten sind da eben zwei, die einander gerne hätten, denen aber etwas im Wege steht, und sei es ihr eigener aktueller Gefühlshaushalt. Nette Animationen versinnbildlichen die Lust am Ausbruch, und einen Sidekick (Adam Driver aus „Girls“), der als Wallaces Ratgeber für eine etwas krachlederne Art von Humor zuständig ist, gibt es natürlich auch.

    Die stärksten Momente in „The F-Word“ sind allerdings gerade nicht diejenigen, die mit großem Herzschmerz beladen oder hippen Wortgefechten ironisch angeheizt werden. Es sind stattdessen die Szenen, in denen die Stille dominiert oder gezeigt wird, wie sehr Wallaces eifriges Geschwätz in Wirklichkeit nur eine große und sehr schweigsame Unsicherheit verbergen soll. Da versucht er etwas übereifrig, Chantry vor dem Verlassen der Party, auf der sie einander begegnet sind, noch einmal anzusprechen, und nur seine und ihre Hast zeigen, dass sie eigentlich gar nicht mehr unbedingt angesprochen werden möchte, jedenfalls nicht von ihm. Später sitzen sie - ohne es zu ahnen - in derselben Kinovorführung von Rob Reiners Fantasy-Romanze „Die Braut des Prinzen“. Als sie am Eingang den jeweils anderen bemerken, wird schnell das Handy gezückt, sich darin vertieft und mit bekannter Vogel-Strauß-Taktik gehofft, nicht entdeckt zu werden. In solchen wundervollen kleinen Momenten findet das wahre Leben mit seinen unerklärlichen Schwächen und Fehltritten den Weg in die Bilder von „What If“.

    In einer romantischen Komödie, bei der alles ja dann doch irgendwie und unvermeidlich auf den einen Ausgang zusteuert, sind die Darsteller besonders wichtig. Zwischen ihnen muss die Chemie stimmen, sonst ist das Projekt ohnehin zum Scheitern verurteilt, da hilft auch kein noch so guter erzählerischer Kniff mehr. Hier kann Regisseur Dowse gleich auf zwei große Trümpfe zurückgreifen: Zoe Kazan („Ruby Sparks“, „Meek's Cutoff“) ist als Chantry so zerbrechlich und gleichzeitig stark, dass man Wallaces Bedenken, dieser Frau nahekommen zu dürfen, durchaus nachvollziehen kann. Und „Harry Potter“ Daniel Radcliffe verzichtet auf alle mimischen Extreme, die er zum Beispiel im Horrorfilm „Horns“ so stark einsetzte, dass er dort seine Figur viel zu sehr überzeichnete. Her gibt er stattdessen einen verschüchterten, aber sympathischen Jedermann mit nervösem Blick und schiefem Grinsen und verstärkt so die Grundierung einer dann doch manchmal arg märchenhaften Geschichte.

    Fazit: „The F-Word“ folgt den ausgetretenen Pfaden der romantischen Komödie, wobei tolle Hauptdarsteller und kluge Details aus der Alltagswirklichkeit für ein unterhaltsames und sympathisches Vergnügen sorgen.

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