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    Aloha - Die Chance auf Glück
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Aloha - Die Chance auf Glück
    Von Carsten Baumgardt

    Amy Pascal, von 2006 bis 2015 mächtige Co-Vorsitzende von Sony Pictures, ist die größte Verliererin des spektakulären Sony-Leaks-Skandals, bei dem Hacker tonnenweise pikante interne E-Mails des Filmstudio-Giganten öffentlich machten. So kamen unter anderem ihre unangebrachten Witzchen über US-Präsident Barack Obama ans Licht der Öffentlichkeit und die Managerin musste schließlich gehen. Ein besseres Gespür zeigte Pascal bei Cameron Crowes „Aloha - Die Chance auf Glück“, zu dem sie äußerte: „Ich gebe nie wieder einem Film grünes Licht, wenn das Drehbuch lächerlich ist. Es ist egal, wie sehr ich den Regisseur mag oder die Schauspieler. Es funktioniert niemals.“ Mit dieser Aussage trifft Pascal ins Schwarze, denn Crowes romantische Militär-Tragikomödie ist erzählerisch tatsächlich eine einzige Irrfahrt. Nur das Charisma der Besetzung mit Bradley Cooper, Emma Stone, Rachel McAdams und Bill Murray sowie die exotische Hawaii-Atmosphäre hieven den Film immerhin noch ins Mittelmaß.

    Der smarte Militärberater und Unternehmer Brian Gilcrest (Bradley Cooper) sucht auf dem idyllischen Hawaii nach einer zweiten beruflichen Chance – ausgerechnet bei seinem alten Chef, dem Milliardär Carson Welch (Bill Murray), den er einst bei einem Einsatz in Kabul stark enttäuscht hat. Brian überwacht den Start eines Satelliten, der von Hawaii aus in die Erdumlaufbahn geschossen werden soll. Da keiner der Beteiligten Brian so ganz traut, wird ihm die rigoros-schnittige Kampfpilotin Allison Ng (Emma Stone) als Aufpasserin zur Seite gestellt. Nachdem sich die beiden zunächst nicht sonderlich gut verstehen, kommen sie sich bald immer näher. Aber dann ist da auch noch Brians ehemalige große Liebe Tracy (Rachel McAdams), die er vor 13 Jahren auf der Insel hat sitzen lassen. Sie ist inzwischen mit dem schweigsamen John „Woody“ Woodside (John Krasinski) verheiratet, hat eine zwölfjährige (!!!) Tochter (Danielle Rose Russell) und einen jüngeren Sohn (Jaeden Lieberher). Brian ist hin- und hergerissen zwischen Tracy, für die er noch einiges empfindet, und seinem neuen Schwarm Allison – eine komplizierte Konstellation.

    Ein Cast mit lauter Stars, ein Filmemacher, der uns schon mit solchen Meisterwerken wie „Almost Famous“ (2000) und „Singles“ (1992) beglückte – was ist bei diesem so vielversprechenden Projekt nur schiefgegangen? Das führt uns wieder zu Amy Pascal zurück, die das Unheil kommen sah: Die Wurzel des Übels liegt im Drehbuch. Aus einem schlechten Skript kann kein Regisseur der Welt einen wirklich guten Film machen  - nicht einmal, wenn es wie hier von ihm selbst stammt. Cameron Crowe findet nie die richtige Balance zwischen seinen sehr unterschiedlichen Geschichten und Stimmungen, zwischen Insel-Folklore, Militär-Farce, Romantik-Komödie, Liebesdreieck, Familiendrama und Selbstfindungstrip -  so fehlt „Aloha“ (was für ein plakativer Titel!) sowohl ein überzeugender roter Faden, als auch ein einheitlicher Erzählton. Manchmal macht der Film als heiter-beschwingter Hawaii-Schwank in seltsam entrückter Atmosphäre richtig Spaß, aber auch der Mythos des Eilands wurde schon überzeugender eingefangen (etwa im vergleichbaren „The Descendants“ von Alexander Payne) und als Ganzes kommt Crowes Werk nicht über die Story-Havarie hinweg.

    Die erzählerischen Schwächen lassen sich exemplarisch an der Figur der Kampffliegerin Allison Ng ablesen, die Emma Stone („Irrational Man“, „Birdman“) zunächst als hyperpedantische Vollblutsoldatin einführt - irgendwo zwischen grenzenloser Naivität, militärischer Strenge und blindem Gehorsam. Doch diese Charakterisierung ist nicht von Dauer, immer wieder kommen ganz andere, widersprüchliche Facetten zum Vorschein. Stone sorgt dabei zwar für einige charmante Momente, aber es gibt keine nachvollziehbare Figurenentwicklung, die einzige Konstante scheint Allisons Vorliebe für Pfefferminztee zu sein. Bei Bradley Cooper („American Sniper“, „Hangover“) liegt das Problem wiederum woanders: Sein Brian sollte der Sympathieträger in der Geschichte sein, aber er ist ein schwer durchschaubarer und mäßig liebenswerter Zyniker. Immerhin sorgt er in seinen schweigenden „Männergesprächen“ mit John Krasinskis („Away We Go“) stoisch-stillem und ebenfalls kaum zu durchschauenden Woody für eine der amüsantesten Szenen des Films, während Bill Murray („Lost In Translation“) als spleeniger Milliardär eine kauzige Karikatur seiner selbst spielt. Einzig Rachel McAdams‘ („Southpaw“, „A Most Wanted Man“) emotional verwirrte Tracy ist eine stimmig austarierte Figur. Durch sie kommt Herz und Lebendigkeit in den Film – und eine Ahnung der Wahrhaftigkeit von Crowes besseren Werken.

    Fazit: Cameron Crowes romantische Hawaii-Tragikomödie „Aloha“ ist ein vermurkster, wild-wüster, völlig unausgegorener Genremix, der allerdings durch tolle Einzelszenen und eine seltsam anziehende Atmosphäre besticht.

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