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    Den Himmel gibt's echt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Den Himmel gibt's echt
    Von Christoph Petersen

    Nach dem unerwartet-überwältigenden Erfolg von Mel Gibsons Jesus-Epos „Die Passion Christi“ ging der US-amerikanischen Filmindustrie plötzlich ein Licht auf: Dank der Hilfe von konservativen Nachrichtensendern wie Fox News und von Predigern, die ihre Schäfchen vor allem in den republikanisch geprägten Staaten gleich busladungsweise in die Kinos karren, lässt sich mit speziell auf ein christliches Publikum zugeschnittenen Filmen tonnenweise Geld verdienen. Leider sind die meisten infolge dieser Erkenntnis entstandenen Werke ziemlicher Schund, wobei Kirchen-Kitsch wie „Gespräche mit Gott“ noch zu den harmloseren Beiträgen zählt. Viel schlimmer sind solche nur vordergründig warmherzige Kinomärchen wie „Last Ounce of Courage“ oder „God's Not Dead“, die sich hintenherum als üble Propaganda entpuppen und im sowieso schon gespaltenen Amerika perversen Hass gegen alle Nicht-Christen schüren. Randall Wallaces Verfilmung von Todd Burpos Nahtoderfahrungs-Bestseller „Den Himmel gibt's echt“ gehört zwar glücklicherweise in die Kategorie „harmlos“, aber sehr viel mehr Positives lässt sich über das Erbauungsdrama nicht sagen.

    Der zweifache Familienvater Todd Burpo (Greg Kinnear) ist ein guter Mann. Für seine handwerklichen Fähigkeiten lässt er sich in wirtschaftlich schweren Zeiten auch schon mal mit einem Teppich statt mit Geld bezahlen, er ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und hält am Sonntag die Predigten in der kleinen örtlichen Kirche. Als sein Sohn Colton (Connor Corum) an einer Magengrippe erkrankt, verläuft diese so schwer, dass der Vierjährige schließlich sogar operiert werden muss. Nach dem Eingriff berichtet der Junge davon, wie er während der Prozedur aus seinem Körper gefahren ist und im Himmel Jesus getroffen hat. Natürlich tun Todd und seine Frau Sonja (Kelly Reilly) die Erzählungen ihres Sohnes zunächst als pure Fantasie ab, doch dann schildert Colton immer wieder Dinge – etwa Fakten über verstorbene Angehörige -, die er eigentlich überhaupt nicht wissen kann…

    Auch dank einer hervorragenden Schauspielleistung von Greg Kinnear (oscarnominiert für „Besser geht’s nicht“) ist Todd Burpo im Film ein supersympathischer Typ, der sich immer vor seine Kinder stellt, stets die richtigen Worte findet und in seinen Gottesdiensten neben den üblichen Kirchenliedern auch schon mal „We Will Rock You“ anstimmen lässt. Und als sein Sohn ihm von seinem Ausflug in den Himmel erzählt, beginnt er zu zweifeln… erst an der Geschichte selbst, dann an seinem Umgang mit ihr: Soll er wirklich zulassen, dass sein Sohn auf dem Schulhof gehänselt wird, oder nicht doch besser dem Spuk ein Ende bereiten, selbst wenn die Geschichte von der Himmelfahrt wahr sein könnte? Als Zuschauer hätten wir Todd auf diesem steinigen Weg des Zögerns und Abwägens gerne begleitet und uns von seinen Krisen inspirieren lassen, aber da machen einem die Filmemacher leider einen Strich durch die Rechnung.

    Denn während ihr Protagonist zweifelt, pfeifen Regisseur Randall Wallace („Wir waren Helden“, „Secretariat“) und sein Co-Drehbuchautor Chris Parker („Battle Of The Year“) auf jegliche Ambivalenz und bezeugen ihrem angepeilten Zielpublikum, was es zumindest ihrer Meinung nach offenbar sowieso nur hören will: „Ja, die Story ist hundertprozentig wahr!“ Wenn Colton nämlich das erste Mal seine Geschichte erzählt, hat der Zuschauer ihn bereits mit in den Himmel begleitet – und dieser Ausflug ist nicht nur wenig inspirierend, sondern auch noch unfassbar kitschig geraten. Damit ist der eigentlich spannende innere Konflikt des Protagonisten für den Zuschauer von Anfang an hinfällig, denn hier herrscht Gewissheit. Dabei verzichten die Macher aber zumindest darauf, billige Seitenhiebe gegenüber Andersdenkenden auszuteilen: Es gibt im ganzen Film nur eine nicht gläubige Figur (eine Psychiaterin), die offensichtlich dazu da ist, die Perspektive einer Skeptikerin unterzubringen. Die wird hier zwar im Gegensatz zu vielen Nicht-Christen in anderen Filmen des Genres durchaus mit Respekt behandelt, aber gleichzeitig ist immer zu spüren, dass die Macher sie nicht wirklich ernst nehmen.

    Fazit: Zweifeln verboten! Selbst wenn es zwischenzeitlich den Anschein hat, dass in „Den Himmel gibt’s echt“ tatsächlich einige ambivalente Zwischentöne zugelassen würden, entpuppt sich das Glaubensdrama schlussendlich doch nur als überlanger Kirchen-Werbespot.

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