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    Star Wars 8: Die letzten Jedi
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Star Wars 8: Die letzten Jedi
    Von Carsten Baumgardt

    Nicht weniger als den Untergang des Abendlandes schienen viele Fans zu befürchten, als die Rechte für das „Star Wars“-Franchise 2012 von Lucasfilm an Disney gingen. Dabei ist es kurioserweise gerade der Mäuse-Konzern, der penibel genau auf die Befindlichkeiten der gigantischen Anhängerschar schaut: So kamen die Strategen offenbar zu dem Schluss, dass es George Lucas‘ umstrittener Prequel-Trilogie (1999 bis 2005) bei allen Qualitäten zuallererst am magischen ursprünglichen „Star Wars“-Feeling mangelt. Denn davon servierte J.J. Abrams im ersten Film des Franchises unter Disney-Ägide nahezu eine Überdosis, an der sich insbesondere die älteren Fans berauschen konnten. So mancher stieß sich zwar daran, dass der grandiose Nostalgie-Trip „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ als „gefühltes Remake“ daherkam, doch Disney bediente damit eine zweifellos vorhandene starke Sehnsucht. Bei „Star Wars 8: Die letzten Jedi“ übernimmt jetzt Indie-Regisseur Rian Johnson („Brick“, „Looper“) das Zepter, von dem sich zumindest die murrenden Nostalgie-Gegner erhofften, dass er der Sternen-Saga eine ordentliche Frischzellenkur verabreichen würde.

    Sein überwältigend-bombastisches Weltraum-Abenteuer „Star Wars: Die letzten Jedi“ fällt nun allerdings weniger kühn und mutig aus als von vielen Fans erhofft. Johnson führt den Mythos zwar souverän weiter, liefert aber letztlich wenig überraschend „nur“ eine Evolution statt einer echten Revolution. Gerade erzählerisch ist „Star Wars: Die letzten Jedi“ ziemlich konventionell, einzig mit der hier eher unerwarteten Maßnahme, bei allem existenziellen Überlebenskampf immer wieder trockenen Humor einzustreuen, der deutlich über das bisher übliche Augenzwinkern hinausgeht, setzt der Regisseur einen klaren neuen Akzent – und der erweist sich tatsächlich als erstaunlich wirkungsvoll. Und dann ist da schließlich auch noch das große Comeback von Mark Hamill alias Luke Skywalker – und der bringt Altes und Neues auf ganz eigene Art zusammen.

    Auch wenn die planetenzerstörende Starkiller-Basis vernichtet ist, befindet sich der Widerstand am Abgrund. Der furchteinflößend mächtige Anführer Snoke (Andy Serkis) hetzt seine Schergen der Ersten Ordnung auf die Flüchtigen um Generalin Leia Organa (Carrie Fisher), die von einer Flotte Sternenkreuzer in die Enge getrieben werden. Nach einem waghalsigen X-Wing-Manöver von Raumpilot Poe Dameron (Oscar Isaac) können sich die Rebellen durch eine List in den Hyperraum retten und nach einer neuen Basis für den Widerstand suchen. Währenddessen hat Rey (Daisy Ridley) den letzten Jedi-Meister Luke Skywalker (Mark Hamill) auf dem abgelegenen Wasser- und Inselplaneten Ahch-To gefunden und will sich nun ebenfalls zum Jedi ausbilden lassen. Doch der desillusionierte Eigenbrötler Luke verweigert Rey seine Hilfe. Die Abgewiesene baut unterdessen eine telepathische Verbindung mit Lukes Neffen Kylo Ren alias Ben Solo (Adam Driver) auf, um ihn von seinem Weg zur Dunklen Seite der Macht abzuhalten und stößt dabei auf ein düsteres Geheimnis in der Vergangenheit, an dem neben Kylo auch Luke beteiligt ist…

    Der Regiestuhl hat sich bei „Star Wars“-Projekten zuletzt wiederholt in einen Schleudersitz verwandelt – so wurden Phil Lord und Chris Miller bei „Han Solo: A Star Wars Story“, Colin Trevorrow bei „Star Wars 9“ und Josh Trank von einem noch nicht festgelegten „Star Wars“-Spin-off gefeuert. Die Maxime Disneys bei den bisherigen Neubesetzungen (mit Ron Howard für „Han Solo“ und J.J. Abrams für „Star Wars 9“) war „Sicherheit zuerst, nicht zu viele Experimente“. Der einzige Überlebende des kreativen Massakers ist Indie-Darling Rian Johnson. Der erwarb sich höchstpersönlich den Segen der Verantwortlichen um Produzentin Kathleen Kennedy und Schreiber-Gralshüter Lawrence Kasdan - was zu dem kühnen Auftrag für Johnson führte, nach „Star Wars 9“ eine weitere, inhaltlich erstmals abseits des Skywalker-Clans angesiedelte Trilogie zu erschaffen. Dieser Ritterschlag erfolgte nach der Fertigstellung von „Star Wars: Die letzten Jedi“, was zugleich heißt: Disney ist sehr glücklich mit dem achten Teil der Fantasy-Saga.

    Zu Recht? Vielleicht haben sich die Entscheider des Konzerns nach all den schlechten Nachrichten um die Regiepossen etwas voreilig in eine gewisse Euphorie hineingesteigert. Ja, Rian Johnson bringt einen satten „Star Wars“-Film mit eigener Note an den Start, aber er hält sich deutlicher zurück, als sich einige erhofft haben mögen. Und von den Haupthandlungssträngen in der „Star Wars“-üblichen Drei-Fronten-Erzählstruktur begeistert nur ein einziger auf ganzer Linie - zum Glück der wichtigste und ausführlichste um Rey, Kylo Ren und Luke Skywalker. Hier birst „Die letzten Jedi“ geradezu vor Emotionen, Energie und Tatkraft. Es ist zu spüren, dass es für die Beteiligten wirklich um alles geht. Daisy Ridleys („Mord im Orient-Express“) entschlossene Rey entpuppt sich dabei als die wahre Hauptfigur von „Die letzten Jedi“. Sie arbeitet sich an einem nun ambivalenten und zweifelnden Luke Skywalker („Die Zeit der Jedi ist zu Ende“) ab, der seinerseits seinen eigenen ganz großen Auftritt bekommt und dem auch mehr Leinwandpräsenz eingeräumt wird als etwa Han Solo in „Star Wars: Das Erwachen der Macht“: eine gute Entscheidung. Adam Driver („Paterson“, „Girls“) wiederum bringt als Kylo Ren überzeugend seine innere Zerrissenheit zum Ausdruck, ohne an die finstere Bösewicht-Aura eines Darth Vader zu dessen besten Zeiten heranzukommen. Am inszenatorischen Höhepunkt des Films sind Kylo und Rey ebenfalls beteiligt, als sie sich im roten Thronraum von Anführer Snoke einen artistischen Lichtschwertkampf liefern. Hier hat Kylo seinen allerbesten Moment: Er tanzt gleichsam auf der Grenze zwischen Gut und Böse und ist hin- und hergerissen wie nie zuvor – ehe er schließlich eine überraschende Entscheidung trifft.

    Die Szene im Thronsaal bietet neben tollen Schauwerten auch inhaltlich Unerwartetes. Von den vielen Raumschlachten und Weltraumverfolgungsjagden beim Evakuierungsplot um Generalin Leia lässt sich das dagegen kaum behaupten. Dort feuert Johnson einfach seine Spektakel-Munition ab - explodierende Sternenkreuzer, rasante Luftnahkämpfe zwischen Sternenjägern der Rebellion und ihren Gegnern der Ersten Ordnung sowie krachende Bodenattacken auf einem Salzsee. Johnson bedient sich am „Star Wars“-Erbe und fügt einige neue Schlachtenvariationen hinzu, wobei er die technischen Möglichkeiten des gegenwärtigen Blockbusterkinos voll ausschöpft. Doch die Aufregung bleibt hier zuweilen etwas äußerlich, denn die Kämpfe laufen mitunter arg vorhersehbar ab. Die große Ausnahme bildet eine mitreißende finale Auseinandersetzung, auf die wir hier aus Spoilergründen nicht näher eingehen wollen. Dort springt der magische „Star Wars“-Funke jedenfalls gleich mehrfach über.

    Der Schwachpunkt des Films ist der unbedeutendste der drei zentralen Handlungsstränge, nämlich der Plot um den Ex-Sturmtruppler Finn (John Boyega), der im Gespann mit der Technikerin Rose Tico (Kelly Marie Tran) auf einem Sternenkreuzer einen Transponder deaktivieren soll, um so die Flucht der Rebellen zu ermöglichen. Allerdings ist das Ganze unnötig kompliziert eingefädelt und darunter leidet zunehmend auch die Spannung. Ähnliche Defizite gibt es teilweise auch bei der zweiten Haupthandlung mit den flüchtenden Rebellen. So fehlt den Szenen der Ende 2016 verstorbenen Carrie Fisher als Leia Organa ein wenig der Drive, was die „Star Wars“-Ikone mit ihrem Charisma zumindest teilweise ausgleicht. In ihrem Dunstkreis erweist sich Oscar Isaacs („Inside Llewyn Davis“) Pilotenass Poe Dameron wieder einmal als größter Aktivposten, der vor Dynamik und Abenteurerlust nur so sprüht.

    „Star Wars: Die letzten Jedi“ ist lustig. Punkt! Und das geht klar über verschmitzten Han-Solo-Humor hinaus. Bei aller Ernsthaftigkeit und Düsternis vor allem der Szenen auf Ahch-To streut Regisseur Johnson immer wieder aus der Hüfte geschossene Gags ein. Das funktioniert erstaunlich gut, weil die Pointen oft völlig aus dem Nichts kommen und durch den Überraschungsfaktor noch wirkungsvoller ins Schwarze treffen. So gibt es amüsante Antworten darauf, wie sich Luke Skywalker eigentlich auf seinem kargen Eiland ernährt (jedenfalls nicht von den süßen Porgs, die Chewbacca auf den Grill packt). Dazu kommen kleine Slapstick-Einlagen, etwa wenn Luke gleich in der ersten Szene sein altes Lichtschwert wegschmeißt oder wenn BB-8 später einen Kampfläufer steuert. Mit diesen humorigen Einlagen hat Johnson am meisten gewagt - und gewonnen.

    Neben den sachten Neuerungen und Akzentverschieben gibt es aber natürlich auch wieder reichlich Liebgewonnenes, wobei der Nostalgiefaktor dieses Mal gegenüber „Das Erwachen der Macht“ zumindest ein wenig reduziert wurde. Was wäre „Star Wars“ ohne John Williams‘ majestätisch-geniale Musik? Ohne den Millennium Falken, C-3PO, R2-D2? Oder ohne den Eröffnungslauftext? Also gibt es diese Standards frei Haus. Erfreulich ist zudem das Comeback eines alten „Star Wars“-Kempen, der zwar nur einen kleinen Gastaufritt hat, aber dabei für eine Menge Spaß sorgt. Und zu guter Letzt gibt der Film auch noch die Antwort auf die Frage, wer denn nun wirklich der letzte oder die letzten Jedi sind (der Originaltitel „The Last Jedi“ lässt schließlich beide Interpretationen zu).

    Fazit: 40 Jahre „Star Wars“ und kein Ende in Sicht: Rian Johnson liefert mit dem Fantasy-Spektakel „Die letzten Jedi“ einen starken Mittelteil der dritten Trilogie ab, der vor allem von der Rückkehr Mark Hamills als legendärer Luke Skywalker lebt. Gemeinsam mit Daisy Ridleys energischer Rey übertüncht er einige schwächere Elemente in den anderen Handlungssträngen.

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