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    Halley - Das Leben eines Zombies
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Halley - Das Leben eines Zombies
    Von Christian Fußy

    Der Halleysche Komet bewegt sich in einer Ellipse periodisch um die Sonne und ist von der Erde aus nur durchschnittlich alle 76 Jahre zu sehen. Sebastián Hoffmanns Untoten-Drama „Halley – Das Leben eines Zombies“ ist nun nicht der erste Film, in dem dieses Phänomen eine Rolle spielt. Der prominente Himmelskörper hatte bereits 1985 einen Auftritt im Weltraum-Vampirfilm „Lifeforce – Die tödliche Bedrohung“ von „The Texas Chainsaw Massacre“-Regisserur Tobe Hooper – das war genau ein Jahr, bevor Komet Halley das letzte Mal am Himmel zu sehen war (das nächste Mal wird dies am 28. Juli 2061 der Fall sein). Das seltene Erscheinen des Kometen ist natürlich prädestiniert dazu, mystifiziert und versinnbildlicht zu werden, schließlich vergeht von einem Auftauchen zum nächsten etwa ein Menschenleben. Zombie-Protagonist Halley hat seines aber logischerweise schon hinter sich.

    Beto (Alberto Trujillo) arbeitet als Nachtwächter im Fitnessstudio von Silvia (Luly Trueba). Ein Job, den er aufgrund seiner gesundheitlichen Situation jedoch nicht mehr lange ausüben können wird. Denn: Beto ist tot und steckt bereits seit Längerem mitten im Prozess der Verwesung. Regelmäßig muss er sich seine klaffenden Wunden zutackern oder Maden aus dem verrottenden Fleisch ziehen. Um seinen Zustand bestmöglich zu verbergen, schminkt er sein fahles Gesicht, versteckt seine toten Augen hinter einer Sonnenbrille und überdeckt den Leichengeruch mit Parfüm. Allerdings verschlechtert sich seine Verfassung jeden Tag unaufhaltsam weiter…

    „Halley – Das Leben eines Zombies“ ist kein Zombiefilm im klassischen Sinne - und um Kometen geht es eigentlich auch nur ganz am Rande. Beto ist schließlich kein blutrünstiger Untoter mit Heißhunger auf Hirn, sondern eine tragische Figur, die durch ihr Leiden zur Einsamkeit verdammt ist. Der mexikanische Regiedebütant Sebastián Hoffmann präsentiert Betos Zustand, der ihm keinerlei weltliches Vergnügen mehr ermöglicht, in einem betont harschen Kontrast zur herausgestellten Körperlichkeit seiner Umwelt: Die Kamera verharrt etwa auf essenden Mitfahrern in der Bahn, die genüsslich vor sich hin schmatzen, und auf Fitnessjüngern, die in Silvias Studio schwitzend und stöhnend an ihrer perfekten Figur arbeiten.

    Trotz einer FSK-Freigabe ab 16 Jahren ist „Halley“ definitiv nichts für schwache Nerven. Zwar ist das Gezeigte längst nicht so grafisch wie ein typischer Zombie-Splatterfilm, die bedrückende Stimmung und der fast schon klaustrophobische Fokus auf das Elend der Hauptfigur gehen aber trotzdem unter die Haut. Da der Film nie die Perspektive wechselt und wir Beto somit durch seinen gesamten deprimierenden Alltag und jede noch so grausige Körperkorrekturmaßnahme begleiten, fühl man größtes Mitleid für den Schmerz des wortkargen Außenseiters. Hoffmann hält diese regelrecht unangenehme Atmosphäre bis zum Schluss aufrecht, liefert dem Publikum dazu aber leider weder genug narrativen Kontext noch eine nachvollziehbar definierte Aussage.

    Man bekommt einfach kein Gefühl dafür, wer der passive Beto außerhalb seines Elends eigentlich ist. Und auch die anderen Figuren strotzen nicht gerade vor Persönlichkeit. Die Bodyhorror-Effekte sind zwar durchweg ansehnlich, reichen aber nicht aus, um die Aufmerksamkeit über die sowieso schon schlanken 80 Minuten hoch zu halten. „Halley“ strebt in erster Linie eben nicht nach Unterhaltung, sondern nach hoher Filmkunst. Besonders zum Ende hin sind klare Parallelen zu Mary Shelleys Klassiker „Frankenstein“ zu erkennen, der Film hält sich jedoch nicht mit elementaren philosophischen Fragen auf, sondern konzentriert sich stattdessen ausschließlich auf das Leid seiner Kreatur. Das wirkt unterm Strich dann aber nicht groß künstlerisch, sondern eigentlich nur unappetitlich, grausam und streckenweise sogar abschreckend zynisch.

    Visuell wirkt „Halley“, als wäre er von zwei verschiedenen Personen gefilmt worden: Größtenteils präsentiert er sich in gestochen scharfen, stimmungsvoll unterkühlten Bildern. Insbesondere die Szenen, in denen Beto mit aller Gewalt versucht, seinen Körper zusammenzuhalten, wirken durch ihre Sterilität gleichermaßen abstoßend und mitleiderregend. Andere Sequenzen irritieren dann aber durch übertrieben helles Backlighting und verschwommene Bilder ohne klaren Fokus.

    Fazit: Die Effekte sind gut, die Stimmung passend zum Thema bedrückend und man merkt einfach, dass der Regisseur durchaus eine klare Vision von seinem Film hatte. Leider wirkt „Halley“ unterm Strich trotzdem inhaltsleer und dem der Geschichte zugrundeliegenden Kerngedanken, dass Krankheit und körperliche Abnormalität von der Gesellschaft isolieren, hat der Film auch nicht wirklich etwas Neues hinzuzufügen. Eine Empfehlung vor allem für Fans von ausgewiesenen Feel-Bad-Filmen.

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