Mein Konto
    Endzeit
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Endzeit
    Von Katharina Granzin

    Wie sähe die Erde wohl aus, wenn ein riesiger Komet darauf niedergegangen wäre und große Teile zerstört hätte? Wie würden sich die überlebenden Menschen begegnen? Das ist ein Szenario, das schon sehr viele Autoren und Filmemacher beschäftigt hat und an Faszination wohl niemals nachlassen wird. In seinem Spielfilmdebüt „Endzeit" interessiert Sebastian Fritzsch sich allerdings weniger für das Weltuntergangsszenario an sich als vielmehr dafür, wie die Beziehungen der Menschen untereinander sich unter extremen Bedingungen gestalten. Beides miteinander zu verbinden, gelingt dabei eher nicht. Mit sehr sparsamen Mitteln realisiert Fritzsch ein kammerspielartiges Drama - sparsam, nicht nur bezogen auf das vermutlich sehr geringe Budget, mit dem dieser Film entstehen musste, für den Fritzsch keinerlei Förderung erhielt. Das zeugt von bewundernswertem Durchhaltevermögen. Sparsam sind allerdings auch die künstlerischen Mittel, die zur Anwendung kommen: wenig Dialog, wenig Handlung, wenig Entwicklung. Die Schauspieler machen das Beste aus dem Wenigen, doch das ist immer noch nicht genug, als dass man es unbedingt auf neunzig Minuten hätte strecken müssen.

    Zu Beginn ist die Frau (Anne von Keller) ganz allein: Eine junge Frau wird im Wald von der Kamera dabei beobachtet, wie sie sich von niederem Gewürm ernährt, ein Kaninchen in einer Falle fängt und häutet. Ein mühsames Überleben, das noch mühsamer wird, als Wölfe sie entdecken und jagen. Eine einsam gelegene Hütte scheint Schutz zu gewähren. Hier trifft die Frau auf einen anderen Menschen, passenderweise einen jungen Mann (Alexander Merbeth). Die beiden teilen zuerst eine Konservendose und dann das Lager. Der Mann will nicht im Wald bleiben, sondern weiterziehen. Auf dem Weg lesen die jungen Leute einen älteren Mann (Heinrich Baumgartner) mit einer Beinverletzung auf, der kaum noch gehen kann. Sie helfen ihm; als Gegenleistung nimmt er das Paar mit auf seinen Hof, der ebenfalls einsam auf einem Hügel liegt. Seine erwachsene Tochter (Elisabeth Wolle) lebt auch dort. Sie scheint die Neuankömmlinge eher widerwillig aufzunehmen, der junge Mann und sie beäugen sich gegenseitig. Die andere Frau, möglicherweise getrieben von Eifersucht, will allein fortziehen, stößt dabei im Wald auf einen weiteren Menschen, wieder einen jungen Mann (Sebastian Ganzert). Da er bedrohlich wirkt, läuft sie weg, zum Berghof zurück. Doch der fremde Mann folgt ihr...

    Insgesamt ließe sich Fritzschs Film durchaus eine gewisse künstlerische Konsequenz attestieren, falls man bereit ist zu akzeptieren, dass die gesamte Versuchsanordnung etwas höchst Künstliches, Unplausibles besitzt. Aber daran ist nur schwer vorbeizukommen. Ein seltsamer Zufall etwa, dass es, bis auf den alten Mann, vier junge Menschen in ihren Zwanzigern sind, dazu noch zwei Frauen und zwei Männer, die hier als Überlebende aufeinandertreffen. Allein diese Personenkonstellation weist darauf hin, dass dieser Film nur oberflächlich ein Endzeitfilm ist, sein eigentlicher Fokus aber darauf liegt, was eigentlich geschieht, wenn sich zufällig junge Personen unterschiedlichen Geschlechts in einem gar nicht so menschenleeren Wald kurz nach Weltende begegnen. Die Frage, welche Art von Leben man nach einem Beinahe-Weltuntergang noch führen kann, stellt sich dagegen kaum, von Überlebensdingen ist erstaunlich wenig die Rede. Die zuerst vier, dann fünf Menschen sitzen gemeinsam im dunklen Bergbauernhof und essen unablässig, wie es scheint, Pampe aus der Dose. Mehr körperliche Bewegung als das, was beim Wasser-aus-dem-Brunnen-Holen oder dem bisschen Sex anfällt, scheint sich niemand zu machen. Erst als der Dosenvorrat sich dem Ende zuneigt, ist die Rede davon, vielleicht mal jagen zu gehen. Ebenso wenig wie diese seltsame Aktivitätsscheu lässt sich die unnatürliche Maulfaulheit dieser Leute verstehen, die sich in so übersparsamen Dialogen ausdrückt, dass es manchmal beinahe ans Komische grenzt. Von echter unfreiwilliger Komik, die man dann dankbar empfängt, sind eher wenige Szenen; am schönsten noch jene, in welcher der zweite junge Mann der ersten jungen Frau quer über eine Bergwiese hinterherrennt und dabei ungelenk einen Knüppel in der Hand schlenkert.

    Fazit: „Endzeit" ist ein Endzeitfilm, der sich für sein Endzeitszenario weniger interessiert als für die faden erotischen Interessenskonflikte der wenigen Überlebenden.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top