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    Die mit dem Bauch tanzen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die mit dem Bauch tanzen
    Von Sophie Charlotte Rieger

    Starke Frauen sind zunehmend präsenter im Kino – nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera. Junge Filmemacherinnen setzen sich immer öfter mit ihrer weiblichen Identität und ihrem Verhältnis zur Elterngeneration auseinander, wie z.B. Hanna Doose in „Staub auf unseren Herzen“. Auch in dem Dokumentarfilm „Die mit dem Bauch tanzen“ geht es zugleich um die Identitätssuche der Regisseurin Carolin Genreith wie um den zweiten Frühling der Mutter und ihrer Bauchtanz-Freundinnen. Dabei zeichnet die Filmemacherin nicht nur ein sehr persönliches Portrait ihrer Protagonistinnen, sondern gewährt auch Einblicke in ihre eigenen Ängste und Hoffnungen.

    Eigentlich ist Carolin Genreith froh, die Eifel hinter sich gelassen zu haben. Dass jemand mit einem Leben in der Kleinstadt zufrieden sein könnte, bezweifelt sie ebenso wie die Behauptung, dass Frauen über 30 noch Grund zur Freude hätten. Als sie beschließt, einen Film über ihre Mutter und deren Bauchtanzgruppe zu drehen, ist sie sicher, eine Geschichte über die Sehnsucht nach Jugend und die Probleme der Wechseljahre erzählen zu können. Doch so sehr sie auch nachhakt, ihre Protagonistinnen sprühen vor Lebensfreude, ganz anders als die junge Regisseurin, die nun gezwungen ist, ihre ewigen Selbstzweifel zu hinterfragen. Und auch die Eifel hat plötzlich mehr zu bieten als nur Kuhweiden und Schützenvereine.

    Carolin Genreith erzählt ihre Geschichte voller Witz, ohne sich jedoch jemals über ihre Protagonistinnen lustig zu machen. Wenn das Publikum lacht, lacht es zum Beispiel mit den gut gelaunten Bauchtänzerinnen und nicht über sie. Genreiths Mutter und ihre Freundinnen widerlegen alle Vorurteile, die die Mitglieder der Generation U30 gerne gegenüber den „Alten“ hegen. Im Gegensatz zu der Regisseurin, die sich selbst in einer Phase des Zweifelns und Suchens befindet, strotzen die Frauen auf der Leinwand nur so vor Selbstbewusstsein und Ausgeglichenheit. Völlig verwundert stellt Genreith fest, dass keine ihrer Protagonistinnen mit Wehmut in die Vergangenheit blickt oder sich über die scheinbar negativen Seiten des Älterwerdens beklagt. Die durchweg positive und optimistische Stimmung des Films sorgt in jedem Fall für gute Laune, wirkt bei näherem Hinsehen dann aber doch nicht ganz glaubwürdig. Ist es wirklich möglich, dass diese Frauen unter keinerlei Problemen leiden?

    Kameramann Philipp Baben der Erde („Mia And Sam“) ist sehr nah dran an den Protagonistinnen, auffällig oft fängt er lediglich das Gesicht der Interviewpartnerinnen ein. Hierdurch entsteht ein Kontrast zu den Aufnahmen der Performances, die die Körper der Frauen in den typisch knappen und schillernden Kostümen zeigen. Doch es geht Carolin Genreith eben nicht um den Bauchtanz an sich, sondern um das Portrait einer Generation. Vermutlich ist es ihrer persönlichen Beziehung zu den Menschen vor der Kamera zu verdanken, dass ihre Protagonistinnen die Nähe der Kamera zulassen und dabei stets authentisch wirken.

    Zudem gelingt es der Filmemacherin, mit ihrer Geschichte eine Identifikationsfläche für Frauen ihres eigenen Alters zu schaffen. Auch wenn der Schwerpunkt des Films klar auf den Erfahrungen der Bauchtänzerinnen liegt, versucht Genreith immer wieder, ihre eigene Generation mit der portraitierten in Beziehung setzen. Woher kommt die Unzufriedenheit junger Frauen, denen doch scheinbar alle Türen offen stehen? Hier lässt es die Regisseurin allerdings bei einigen wenigen Erklärungsansätzen bewenden. Statt Probleme zu wälzen, lässt sie sich und ihren sehenswerten Film lieber von der Energie der Tänzerinnen anstecken.

    Fazit: „Die mit dem Bauch tanzen“ ist in erster Linie ein Film für Frauen. Carolin Genreith vermittelt erfolgreich weibliche Lebenslust, so nachdrücklich, dass es kaum schadet, dass ihre Betrachtungen und Analysen über das Verhältnis der Generationen oft an der Oberfläche bleiben.

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