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    ... und Äktschn!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    ... und Äktschn!
    Von Carsten Baumgardt

    Der Misserfolg der stumpfen Römer-Persiflage „Germanikus“ von 2004, auf deren zahnlose Pointen Kritik und Publikum entsetzt reagierten, als sie den Film nach mehr als zwei Jahren im Giftschrank endlich zu sehen bekamen, lag Gerhard Polt offenbar schwer im Magen. Erst ein Jahrzehnt später lässt das bayerische Kabarett-Urgestein einen neuen Film folgen, kehrt für die Provinz-Posse „… und Äktschn“ zu seinen Wurzeln zurück und besinnt sich auf seine große Stärke: dem Volke spitz aufs Maul zu schauen. Das hat ihm schon zu Zeiten von „Kehraus“ (1983) und „Man spricht deutsh“ (1988)  große Erfolge beschert und so taucht Polt nun gemeinsam mit seinem Regisseur und Co-Drehbuchschreiber, dem Austro-Briten Frederick Baker, in den Mief der bayerischen Provinz ein, widmet sich dazu globalen Themen wie der Finanzkrise und kombiniert das Ganze mit einer Geschichte über Hitler! Das klingt durchaus kühn, einige schmerzhafte ironische Spitzen sind das auch, aber in der zweiten Hälfte mutiert „… und Äktschn“ immer mehr zu einer Film-im-Film-Farce und versandet zunehmend in Langeweile.

    Der Amateurfilmer Hans A. Pospiech (Gerhard Polt) ist ein Dilettant vor dem Herrn – allerdings mit dem Ego eines Blockbuster-Regisseurs à la James Cameron! Im bayerischen Nest Neufurth wurschtelt der graue Grantler in seiner Garage vor sich hin, produziert miese Video-Filmchen und verscherbelt nebenbei Weltkriegs-Memorabilien aus dem Nachlass seines Vaters, um sich finanziell irgendwie über Wasser zu halten. Seine Frau hat schon längst das Weite gesucht, doch Pospiechs Glaube an die eigene filmemacherische Stärke ist ungebrochen und wird nur von der Arroganz seines dörflichen Kontrahenten Direktor Nagy (Nikolaus Paryla) überboten, der im Amateurfilmclub gern altklug vom Leder zieht. Doch dann schreibt Sparkassen-Direktor Faltermeier (Michael Ostrowski) einen Kulturförderwettbewerb aus. Aber nur aus einem Grund: Der designierte Gewinner Pospiech soll mit dem Preisgeld seine Bilanz ausgleichen – es muss nur noch ein Film her, der es halbwegs wert ist, ausgezeichnet zu werden. Der Laienregisseur nimmt sich für sein Werk das private Leben von Adolf Hitler vor und gabelt die Besetzung in Grete Neuriedls (Gisela Schneeberger) Kneipe am Ort auf. Die Wirtin selbst übernimmt bereitwillig die Rolle der Hitler-Geliebten Eva Braun, während sich Musikalien-Händler Fleischbauer (Robert Meyer) noch ein wenig ziert, den Diktator zu mimen.

    Der begnadete Kabarettist Polt will mit seinem erst sechsten Kinofilm seit 1981 inhaltlich und stilistisch an frühere Werke wie „Kehraus“ oder „Man spricht deutsh“ und nicht etwa an spätere Flops wie „Herr Ober“ oder „Germanikus“ anknüpfen, das ist klar zu erkennen und es gelingt zumindest teilweise. Immer wieder blitzen in „… und Äktschn“ brillante Ideen auf, die sich dann allerdings in der zunehmend zäher werdenden Handlungsmasse immer weniger behaupten können. Polt setzt einerseits scharfzüngige Spitzen, oft in Form von genial-bräsigen Weisheiten („Zum Genie fehlt mir das Geld“ / „Der Mensch stirbt, aber der Film bleibt“ / „Ohne den Peter Ustinov wüsste doch heute kein Mensch mehr, wer Rom angezündet hat“, „Armut ist ohne Geld gar nicht denkbar – und mit auch nicht“), arbeitet aber auch mit subtil-fiesen Botschaften im Hintergrund. So etwa wenn er anfangs genüsslich „Tage wie diese“ von den (Ex-?)Punkern Die Toten Hosen über das Autoradio spielen und auf die geballte Spießigkeit der tiefsten bayerischen Provinz prallen lässt. Die Band, die einst gegen jegliche Anpassung rebellierte, muss nicht mehr nur ertragen, dass ihr Hit im realen Leben von siegestrunkenen Konservativen auf  CDU-Wahlpartys nachgegrölt wird, sondern bekommt von Polt nun auch noch vorgeführt, wie das dörfliche Spießbürgertum sie verehrt und für sich vereinnahmt. Das ist schmerzhaft-böser Witz mit Biss!

    Berührungsängste mit der Persona Non Grata Hitler hat der Satiriker Polt naturgemäß nicht. Amateurfilm-Pfuscher Pospiech will den Privatmann Hitler zeigen, denn auch der „Oarsch von Braunau“ muss eine häusliche Seite jenseits der karikaturesken Brüll-Hass-Reden gehabt haben, vermutet der Mann. Baker und Polt zeigen Hitler nicht als Witzfigur, sondern durchaus entlarvend als banalen Tor, der mit seiner Eva Braun beim Kirschkuchenessen über Nichtigkeiten debattiert. Nebenbei nimmt das Filmemacher-Duo aktuelle Themen wie die Finanzkrise und deren Auswüchse aufs Korn, zeigt den bizarren Widersinn von Umschuldungsprogrammen auf, klagt die Missstände bei der Filmförderung an und persifliert das Autorenfilmertum. Das ist alles recht gut ausgedacht, aber Baker und Polt strapazieren die Nerven des Zuschauers zuweilen, indem sie die Absurdität ihrer Befunde so sehr betonen, dass die Pointen jeden Anflug von Humor verlieren und die ins Visier genommenen Tatsachen in ihrer blanken Trostlosigkeit vor uns stehen. Dazu kommt noch, dass Regisseur und Star ihr Pulver weitgehend bereits in der sorgfältig eingefädelten ersten Filmhälfte verschießen und sich anschließend zu  einer öden Film-im-Film-Posse versteigen, in der gleichsam in Dauerschleife die immer gleichen Witze wiederholt werden.

    Fazit: Licht und Schatten wechseln sich beim Kino-Comeback von Gerhard Polt ab. Zusammen mit seinem Regisseur und Co-Autor Frederick Baker attackiert der Kabarettist in der Satire „… und Äktschn“ Spießbürger, Hochfinanz - und Hitler! Gag-Trefferquote: mittelmäßig.

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