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    Magic in the Moonlight
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Magic in the Moonlight
    Von Christoph Petersen

    Auch mit 78 Jahren dreht Woody Allen noch einen Kinofilm pro Jahr, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche (die letzte Abweichung von diesem Rhythmus liegt stolze 27 Jahre zurück, als 1987 mit „September“ und „Radio Days“ gleich zwei Filme des „Stadtneurotikers“ in den Lichtspielhäusern liefen). Aber selten war dabei ein Sprung so groß wie der vom 2013er-Werk „Blue Jasmine“ zum diesjährigen „Magic in the Moonlight“: Wo sich „Blue Jasmine“ (der Hauptdarstellerin Cate Blanchett einen verdienten Oscar einbrachte) noch als echter Downer erwies, in dem Allen all seinen Zynismus und all seine Misanthropie auf die Leinwand schmiss, entpuppt sich „Magic in the Moonlight“ nun als leichtfüßig-nostalgische Gute-Laune-Romanze, wie sie kaum besser zu ihrem sommerlich-sonnigen Setting an der französischen Côte d'Azur der 1920er passen könnte. Abgerundet wird das Vergnügen durch das grandiose Zusammenspiel der Hauptdarsteller Colin Firth und Emma Stone, zwischen denen die Chemie einfach stimmt.

    Der britische Zyniker Stanley (Colin Firth) tourt 1928 als asiatisch geschminkter, selbst Elefanten mit lockerer Geste wegzaubernder Illusionskünstler Wei Ling Soo durch Europa, als ihn sein Kollege und Freund Howard Burkan (Simon McBurney) bittet, ihn beim Entlarven einer Schwindlerin zu unterstützen. Die junge Sophie Baker (Emma Stone) gibt sich als Medium aus und hat sich gemeinsam mit ihrer Mutter (Marcia Gay Harden) bei der reichen amerikanischen Familie Catledge eingenistet. Während der Sohn Brice (Hamish Linklater) und seine Mutter Grace (Jackie Weaver) der hübschen Mystikerin völlig verfallen sind, hegen die Tochter Caroline (Erica Leerhsen) und ihr Ehemann George (Jeremy Shamos) starke Zweifel. Doch obwohl der undercover als angeblicher Geschäftsmann bei den Catledges untergeschlüpfte Stanley bisher noch jeden Scharlatan entlarvt hat, kann selbst er sich nicht erklären, wie Sophies Hellsehereien funktionieren. Und so bleibt dem Superskeptiker schließlich nichts anderes übrig, als ebenfalls an Sophies übersinnliche Fähigkeiten zu glauben, was sein gesamtes Weltbild über den Haufen wirft...

    Oscar-Preisträger Colin Firth (für „The King’s Speech“) gibt einen herrlich hochnäsigen, durch und durch selbstsicheren Schnösel – und so macht es gleich doppelt so viel Spaß, ihm dabei zuzusehen, wie er sich an der nur scheinbar naiven Emma Stone („The Amazing Spider-Man“) zunehmend die Zähne ausbeißt. Die wiederum brilliert einmal mehr mit der für sie typischen Schlagfertigkeit, lässt hinter den kecken Sprüchen aber immer wieder auch eine Verletzlichkeit aufblitzen, die man so noch gar nicht von ihr kennt. Aber selbst wenn beide Stars für sich brillieren, ist es am Ende vor allem die tatsächlich geradezu magische Chemie des unwahrscheinliches Paares, die nicht nur den Altersunterschied von 28 Jahren, sondern auch die eine oder andere allzu bequeme Abkürzung des Drehbuchs (den Figuren fällt praktischerweise von einem Moment zum anderen ein, dass sie sich ineinander verliebt haben) vergessen lässt. Apropos Skript: Deutlich mehr Mühe hat sich Allen übrigens bei seinem Magie-Twist gegeben, der tatsächlich gar nicht allzu weit hergeholt ist, den wir aber trotzdem so nicht haben kommen sehen.

    Firth und Stone sind Schauspieler, die wiederholt bewiesen haben, dass sie boshafte Kommentare wie vergiftete Pfeile abschießen können (er schon vor 13 Jahren in „Bridget Jones“, sie etwa in der Highschool-Satire „Einfach zu haben“). Aber obwohl Allen ja für seine entlarvenden Spitzen berühmt ist, verzichtet der vierfache Oscar-Preisträger diesmal auf allzu bissige Pointen: Die Kabbeleien zwischen Stanley und Sophie bleiben trotz seiner oberlehrerhaften Arroganz immer liebevoll und sogar die hinters Licht geführte amerikanische Familie inklusive des serenadenkrakeelenden Sohns ist eher schrullige Skurrilität als bloßstellende Karikatur. Allen scheint diesmal in seinem schwelgerisch-nostalgischen Setting so sehr aufgegangen zu sein, dass er darüber seine sarkastische Ader völlig vergessen hat. So könnte man „Magic in the Moonlight“ gerade im Hinblick auf das mit ironischen Meisterwerken gespickte Œuvre seines Regisseurs als mitunter zu harmlos oder gediegen abtun, aber viel besser ist, sich einfach von seinem entwaffnenden Charme verzaubern zu lassen.

    Fazit: „Magic in the Moonlight“ ist für seinen Regisseur kaum mehr als eine sommerlich-leichte Fingerübung, aber dank der beiden herausragenden Hauptdarsteller zumindest eine zauberhaft-charmante.

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