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    Detective Dee und der Fluch des Seeungeheuers
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Detective Dee und der Fluch des Seeungeheuers
    Von Stefan Dabrock

    Hongkongs Regie-Legende Tsui Hark galt schon fast als abgeschrieben, doch dann gelang ihm 2010 mit dem fantastischen Historienspektakel „Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen“ nach Jahren mit schwachen Filmen inklusive eines gescheiterten Hollywood-Ausflugs in den Neunzigern ein beeindruckendes Comeback. Auf einmal waren Harks visuelle Kreativität und sein Händchen für atemberaubende Actionszenen wieder da. Nach „Flying Swords Of Dragon Gate“ – einem weiteren Ausflug in historische Kampfkunstgefilde – kehrt er mit dem Prequel „Young Detective Dee: Rise Of The Sea Dragon“ zur erfolgreich etablierten Figur des cleveren Ermittlers zurück. Dabei schwelgt er erneut in opulenten Bildern, die zusammen mit schwerelos wirkenden Martial Arts-Kämpfen an Harks beste Arbeiten wie „Once Upon A Time In China“ erinnern.

    Im Jahr 665 reitet der junge Detective Dee (Mark Chao) nach Luoyang, der damaligen Hauptstadt der chinesischen Tang-Dynastie, wo er in den Dienst der kaiserlichen Sicherheitsorganisation Dalisi treten soll. Bei Wu Zetian (Carina Lau), die zusammen mit ihrem Mann Gaozong (Sheng Chien) die Geschicke des Reiches lenkt, herrscht derweil helle Aufruhr: Die gesamte Schiffsflotte wurde während einer Schlacht durch eine unbekannte Kraft – Gerüchte besagen ein Seeungeheuer - zerstört. Ihr Chefermittler Yuchi Zhenjin (Feng Shaofeng) soll innerhalb von zehn Tagen die Ursache finden, andernfalls wird er geköpft. Dee stößt bei seinem Eintreffen in Luoyang erst einmal auf ein paar Schurken, die eine Entführung der Kurtisane Yin Ruiji (Angelababy) planen. Kampfesmutig vereitelt er das Verbrechen, gerät aber mit dem ebenfalls zum Ort des Geschehens geeilten Yuchi aneinander und landet im Gefängnis statt seinen Dienst beginnen zu können. Geschickt manipuliert er den Gefängnisarzt Shatuo Zhong (Lin Genxing), der ihm zur Flucht verhilft. Gemeinsam kommen sie einer Verschwörung auf die Spur, die auch mit dem Vorfall auf See zusammenhängt.

    Mit solcher Inbrunst stürzt sich Tsui Hark in die weitverzweigte Geschichte, dass einem der Atem stockt. Schon die Zerstörung der kaiserlichen Flotte ist ein spektakulärer Augenschmaus: Holzplanken fliegen durch die Luft, die See türmt auf, Menschen werden zu Hunderten ins Meer geschleudert. Doch die brodelnde Dynamik ist kein kraftmeierischer Selbstzweck, sondern eine Metapher für die schwerwiegenden Probleme, die dem autoritären Kaiserreich drohen. In rasendem Tempo geht es weiter. Traumwandlerisch sicher nutzt Hark seine malerischen Schauplätze wie einen Pavillon mit Seerosenteich oder eine Färberei mit kräftig bunten Tüchern für schwerelos erscheinende Kämpfe. Dee und seine Kontrahenten wirbeln artistisch elegant durch den Raum und trotzen den Gesetzen der Physik. Eine märchenhafte Magie entsteht, die bezaubernd unschuldig wirkt, ohne dass Hark seine ernst gemeinten Themen aus den Augen verliert, wobei er geradezu subversive Kraft entwickelt.

    Denn der rebellisch auftretende junge Dee handelt nach eigenen Maßstäben, wenn er es für nötig hält: So verhilft er der Kurtisane Yin Ruiji entgegen Wu Zetians Anordnungen zur Flucht und bringt Harks Misstrauen gegenüber autoritären Strukturen zum Ausdruck. Dazu passt auch das Motiv der Käferparasiten, mit denen der Beamtenapparat zum drohenden Schaden des Reiches durchsetzt wurde. Geschickt unterfüttert Hark die märchenhafte Geschichte mit solchen kritischen Spitzen und flechtet sie virtuos in das Gesamtkunstwerk seiner ideenreichen Bilderwelt ein. Die steht im Dienste der kindlichen Lust des Menschen, die bekannte Realität zugunsten sinnlicher Schönheit eintauschen zu können. Klassische Emotionen wie Spannung, Liebe und Verrat bilden dabei die Basis, die durch fantastische Elemente überhöht werden. Einmal mehr beweist Hark auch hier, dass er die Kunst des groß angelegten Unterhaltungsfilms mit Hintersinn noch nicht verlernt hat.

    Fazit: Mit „Young Detective Dee: Rise Of The Sea Dragon“ schwingt sich Hongkongs Regie-Legende Tsui Hark zu alter Souveränität im Umgang mit märchenhaft-fantastischen Stoffen auf. Das Resultat ist ein starker Augenschmaus mit exzellenter Action.

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