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    What Moves You - Jetzt kommt alles in Bewegung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    What Moves You - Jetzt kommt alles in Bewegung
    Von Sophie Charlotte Rieger

    „Eurythmie? Das machen doch die Waldorfschüler, wenn sie ihren Namen tanzen, oder?“ Mehr als für diesen abgehangenen Witz reicht es bei den wenigsten Außenstehenden wenn sie den Begriff „Eurythmie“ hören. Mit seinem Dokumentarfilm „What Moves You“ versucht Christian Labhart („Appassionata“), einen objektiven Blick auf die oft verlachte Ausdrucksform zu werfen und gleichzeitig die prozessorientierte Kreativarbeit mit Jugendlichen zu schildern. So gelingt ihm ein durchaus interessanter Einblick, der sich aber ausschließlich an ein Publikum mit großem Vor-Interesse richtet.

    Anlässlich des 100. Geburtstages der Eurythmie findet sich 2012 eine Gruppe von 83 Jugendlichen aus 14 Nationen in Berlin zusammen, um gemeinsam Beethovens 5. Symphonie und ein modernes Stück von Arvo Pärt in Bewegungen umzusetzen. Vier Wochen haben die Projektleiter Zeit, um die Teilnehmer aufeinander einzustimmen und mit ihnen gemeinsam eine Abschlussperformance zu entwickeln. Auch wenn kleinere Konflikte und Tiefschläge dabei nicht ausbleiben, überwiegt stets die Freude an der Sache.

    Wie schon in „Appassionata“, wo sich Christian Labhart der Konzertpianistin Alena Cherny widmete, steht Musik im Zentrum seiner Dokumentation: die Eurythmie. Die einen sprechen dabei von Tanz, die anderen von gelebter Musik oder gar einem „Frühjahrsputz für die Seele“. Die Begeisterungsfähigkeit der im Film gezeigten jugendlichen Teilnehmer für diese Form körperlichen Ausdrucks hilft dem Zuschauer, eventuelle Vorurteile zu überwinden und sich auf das Thema einzulassen. Labhart überlässt es den Projektleitern und Teilnehmern, den Begriff zu erklären, wobei schnell deutlich wird, dass er nur schwer in Worte zu fassen ist. So sind es vor allem die Bilder des Probenprozesses, die einen Eindruck und vor allem ein Gefühl für diese performative Kunst vermitteln.

    Fünf Teilnehmer des Projekts stehen im Mittelpunkt und werden immer wieder zu ihren Erlebnissen befragt. Ergänzt wird ihre Perspektive durch die der Lehrer. Der Schwerpunkt der Dokumentation liegt jedoch auf der Beobachtung, nicht nur der Proben, sondern auch der Begegnungen dazwischen: So wie die Eurythmie von den Zwischentönen der Musik lebt, so nähert sich auch „What Moves You“ vor allem in scheinbar beliebigen Einblicken den Jugendlichen. Auf diese Weise gelingt es Labhart zu zeigen, dass es hier nicht nur um eine vom Leben entrückte Kunstform geht, sondern dass der Gruppenprozess selbst in die Performance einfließt. Er zeigt Konflikte, ohne sie künstlich zu inszenieren oder aufzubauschen. Vielmehr scheint sich das Ausbrechen von Emotionen, wie beispielsweise beim Ausstieg einer Teilnehmerin, aus der Gruppe selbst zu entwickeln. Dennoch lässt das Fehlen jeglicher Dramatik – so authentisch dies auch wirkt – das Geschenen zuweilen etwas spannungsarm dahinplätschern.

    Im Gegensatz zum thematisch ähnlich gelagerten „Rhythm is it!“ stehen die persönlichen Hintergründe der Teilnehmer weniger im Zentrum und kommen nur am Rande zur Sprache. Auf der einen Seite werden hier ganz normale Jugendliche gezeigt, die Cocktails trinken, rauchen und auf Facebook surfen, auf der anderen Seite wirken vielen der Jugendlichen für ihr Alter besonnen und verantwortungsbewusst. Statussymbole wie Markenklamotten spielen hier eine untergeordnete Rolle, stattdessen beschäftigt sich beispielsweise die Französin Julie gedanklich mit dem Privileg, an einem solchen Workshop teilnehmen zu können, während anderorts Menschen vor Hunger sterben. Dennoch ist „What Moves You“ keine Werbung für die Waldorf-Pädagogik, sondern benennt, zumindest am Rande, auch die problematischen Aspekte des anthroposophischen Umfelds, in dem vor lauter Lebensbejahung für Kritik nur wenig Raum bleibt.

    Fazit: „What Moves You“ verleiht interessierten Zuschauern einen guten Einblick in die Vielfältigkeit der Eurythmie, kann jedoch durch seine zurückhaltende Inszenierung nicht die große Faszination anderer Tanzdokumentationen entfachen.

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