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    Easy Rider 2: The Ride Back
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Easy Rider 2: The Ride Back
    Von Stefan Dabrock

    Dennis Hoppers rebellischer Bikerfilm „Easy Rider“ avancierte nicht nur zu einem Klassiker der Anti-Establishment-Kultur, er war auch ein Hit an den Kinokassen. Und so verwundert es nicht, dass immer wieder Pläne für eine Fortsetzung gab. Die Hauptdarsteller Peter Fonda und Dennis Hopper dachten bereits in den Achtziger Jahren darüber nach, ihre am Ende des Originals ermordeten Figuren aus dem Reich der Toten zurückzuholen und durch ein zukünftiges, postapokalyptisches Amerika fahren zu lassen. 2002 wollte Produzent Lauren Lloyd „Easy Rider A.D.“ mit der seltsamen Idee auf den Weg bringen, dass Wyatt 'Captain America' Williams (Peter Fonda) gar nicht ins Gras gebissen hat, sondern wegen Mordes im Gefängnis saß und nach seiner Entlassung wieder unterwegs ist. Aber erst der ehemalige Anwalt Phil Pitzer brachte mit unbändigem Willen eine Fortsetzung an den Start. Um das Jahr 2003 herum sicherte er sich die notwendigen Rechte, überwand in den folgenden Jahren juristische Hürden, schrieb zusammen mit dem späteren Regisseur Dustin Rikert ein Drehbuch, übernahm die Hauptrolle und steckte einige Millionen Dollar eigenes Geld in den Film. Herausgekommen ist „Easy Rider 2: The Ride Back“, ein gescheiterter Versuch die Wunden der Vergangenheit und die Probleme der Gegenwart gleichermaßen anzusprechen.

    Morgan Williams (Phil Pitzer) ist der Bruder von Wyatt (Peter Fonda), der zusammen mit seinem Kumpel Billy (Dennis Hopper) einst ermordet wurde. Seit rund 40 Jahren lebt Morgan in Mexiko, weil er die USA verlassen hat, um nicht in den Vietnamkrieg ziehen zu müssen. Sein Geld verdient der Alt-Hippie mit Silberschmuck und kleinen Drogendeals. Das Motorrad seines Bruders hält er wie dessen Lederjacke in Ehren. Eines Tages taucht Morgans Schwester Shane (Sheree J. Wilson) auf und bittet ihn, zum Geburtstag ihres gebrechlichen Vaters 'Wild Bill' (Newell Alexander) zurück nach Hause zu kommen. Also macht er sich gemeinsam mit seinem Kumpel und Shanes ehemaliger großer Liebe Wes Coast (Jeff Fahey) auf den Weg in die USA. Während sie auf ihren Motorrädern über die weiten Straßen des Landes fahren, erinnert sich Morgan immer wieder an einzelne Episoden aus seinem Leben. Parallel dazu erzählt 'Wild Bill', der nichts von Morgans Reise weiß, einem alten Kriegskameraden die Geschichte seiner Familie.

    Als „Easy Rider“ Ende der 1960er Jahre gedreht wurde, war die amerikanische Gesellschaft durch Vietnamkriegsproteste und Rassenunruhen gespalten, der Film ist ein klares Zeugnis dieser Zeit. Dies versuchen die Macher des Sequels nun auch mit dem Hier und Heute. So ist Morgans Fahrt in die USA eine Reise durch eine belastete Gegenwart mit Umweltzerstörung und Armut hin zu den ungelösten persönlichen Wunden des Protagonisten. Parallel dazu wollen Pitzer und Regisseur Dustin Rikert anhand der Erzählung der Geschichte der Familie Williams aus den 1950er und 1960er Jahren die Entwicklung der gesellschaftlichen Spaltung nachzeichnen. Dieser Versuch eines Rundumschlags aus soziologischen Erklärungsansätzen und persönlichen Dramen zwischen Generationskonflikten, Liebesbeziehungen sowie Klassengrenzen entpuppt sich angesichts der erzählerischen Fähigkeiten der kreativen Köpfe hinter „Easy Rider 2“ als viel zu überambitioniert.

    Vater Wild Bill darf die eigene Familiengeschichte mit seiner reaktionären Weltsicht ungefiltert präsentieren: Danach ist ein Kriegsdienstverweigerer ein schändlicher Verräter an der eigenen Nation, war früher alles besser und ist sein anderer Sohn Virgil (Chris Engen) kein Feigling, weil er in Vietnam seinen Mann gestanden hat. Pitzer vermeidet zwar, in diesen Fragen eindeutig Stellung zu beziehen, aber er räumt den erzkonservativen Reden viel Zeit ein, während ein problematischer Aspekt wie Virgils aus dem Krieg mitgebrachter psychischer Schaden nur fragmentarisch abgehakt wird. So geht er jeder Auseinandersetzung mit den tiefgreifenden Konflikten der Vergangenheit aus dem Weg. Diese ist aber die Voraussetzung für eine glaubwürdige Versöhnung zwischen Vater und Sohn sowie Vergangenheit und Gegenwart, die von Anfang an angestrebt wird. Ebenso ungeschickt ist die Konfrontation mit aktuellen Themen eingebaut. Da sucht die Hauptfigur auf seiner Fahrt mal einen kalifornischen See auf, dessen Ökosystem völlig zerstört wurde, und läuft ein paar Obdachlosen über den Weg. Pitzer verzichtet auf jegliche Zusammenhänge und reiht nur solche Impressionen aneinander. Anschließend schüttet er die Gräben seines Themensammelsuriums mit aufgesetzter Harmonie zu. So einfach kann Problemlösung funktionieren: Man verdrängt alles zugunsten einer Familienidylle.

    Fazit: Phil Pitzers Herzensprojekt „Easy Rider 2: The Ride Back“ ist weit entfernt vom Geist des Originals. Wo dort beiläufig ein Bild der Vereinigten Staaten gezeichnet wird, werden hier Themen aneinandergereiht, ohne dass dabei wirklich deutlich wird, was sich verändert hat.

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