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    Love Steaks
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Love Steaks
    Von Christian Horn

    „Ein Masseur. Eine Köchin. Ein junges Paar auf's Maul“ – mit diesem griffigen Slogan werben die Macher von „Love Steaks“ für ihre sehr bemerkenswerte Liebeskomödie. Und auch wenn der Werbespruch recht kryptisch ausfällt, so trifft er den Ton des zweiten Langfilms von Jakob Lass („Frontalwatte“) doch sehr treffend. Der junge Regisseur zelebriert in seinem ohne Fördermittel gedrehten Film den Regelbruch und konnte dafür bereits auf mehreren Filmfestivals Lorbeeren einfahren. So erhielt „Love Steaks“ auf dem Münchner Filmfest 2013 gleich alle vier möglichen Auszeichnungen des Förderpreises Neues Deutsches Kino und gewann den Max Ophüls Preis 2014. Der Zuspruch für „Love Steaks“ auf diversen Festivals ist mehr als gerechtfertigt, denn einen leidenschaftlichen, eingängigen und bezwingenden Film wie diesen sieht man im jungen deutschen Kino viel zu selten.

    Ein luxuriöses Wellnesshotel an der Ostsee: Während Lara (Lana Cooper) als Auszubildende im hektischen Küchenbetrieb schuftet, tritt der junge Clemens (Franz Rogowski) seine erste Stelle als Masseur an. Beide kneten tagtäglich Fleisch, doch könnten sie kaum unterschiedlicher sein. Die extrovertierte und ungestüme Lara trinkt gerne einen über den Durst und will in jeder Situation die Zügel in der Hand halten. Clemens ist hingegen in sich gekehrt, oft unbeholfen und gehemmt – und will seinem Wesen folgend stets Harmonie herstellen. Trotzdem oder gerade deswegen prallen sie aufeinander und beginnen eine lange Zeit unausgesprochene, dafür aber umso heftigere und einschneidende Liebesbeziehung.

    Auf eine klassische, konventionelle Dramaturgie wird in „Love Steaks“ verzichtet. Die Erzählung wird eher von nuancierten Beobachtungen und Zufälligkeiten, Seitenpfaden und kleinen Verästelungen als von einer geradlinig vorangetrieben Handlung bestimmt. Das liegt schon dem Ansatz geschuldet: Lass drehte während des laufenden Hotelbetriebs und mit echten Mitarbeitern als Gastdarstellern. Ein richtiges Drehbuch gab es ebenfalls nicht, sondern lediglich ein „dramaturgisches Handbuch“ mit 18 Szenen, das viel Raum für die gewünschten Improvisationen der großartig aufspielenden Hauptdarsteller Lana Cooper („Bedways“, „Fleisch ist mein Gemüse“) und Franz Rogowski („Frontalwatte“) ließ.

    In Anlehnung an das „Dogma 95“-Manifest von u.a. Lars von Trier fassen Jakob Lass und sein Team die spezifische Vorgehensweise unter dem Begriff „Fogma“ zusammen. Das Regelwerk schreibt zum Beispiel vor, auf Lichtsetzung und Studiodrehs zu verzichten. Auch dank der galant geführten Handkamera kommt so ein bisweilen dokumentarischer Stil auf, der jedoch wegen des artifiziellen Schnitts, der sprunghaften Handlung und der schieren filmischen Energie mehr an die frühen Filme von Wong Kar-Wai („In The Mood For Love“) als eine Dokumentation erinnert. Bei „Love Steaks“ funktioniert die Herangehensweise jedenfalls hervorragend, auch wenn die Allgemeingültigkeit der recht starren und kleinteiligen Fogma-Regeln durchaus angezweifelt werden kann.

    Einen Gutteil seiner Stimmung und – wenn man so will – Aussage transportiert „Love Steaks“ über seine gerade für einen deutschen Debütfilm höchst ungewöhnliche filmische Form. Jakob Lass stellt seine eigenen Regeln auf und verlässt sich auf die Kraft der bewegten Bilder und die Chemie zwischen seinen Hauptdarstellern. Mit einem Augenzwinkern entwirft er in seinem sehr komischen, gleichzeitig aber ernsten Liebesfilm ein Porträt der verunsicherten Mittzwanziger-Generation. Schlüsselmoment ist hier eine wundervolle Szene, in der der strenge Hotelmanager seinen beiden jungen Mitarbeitern eine handfeste Standpauke hält. Daneben geht es um Machtverhältnisse, allerhand Nebensächlichkeiten wie Doktorspiele und immer wieder die unbestimmte Sehnsucht der beiden Liebenden.

    Fazit: Jakob Lass gelingt nach seinem Festival-Insider „Frontalwatte“ ein herausragendes und mehr als bemerkenswertes Kinodebüt - sehr unterhaltsam und lebendig, zudem ästhetisch anspruchsvoll und unbedingt sehenswert.

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