Mein Konto
    Katakomben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Katakomben
    Von Björn Becher

    Es gehört zu den vielen Highlights der Abenteuer-Reihe, wenn der Titelheld in „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ geheime Katakomben unter einer Bibliothek in Venedig findet. Langsam tasten seine Gefährtin Dr. Elsa Schneider und er sich durch die dunklen Gänge vor, wobei kurzzeitig jede Hoffnung auf einen Ausgang schwindet und die vielen Ratten bald das kleinste Problem sind. Für seinen Found-Footage-Horror-Film „Katakomben“ hat sich John Erick Dowdle („Devil - Fahrstuhl zur Hölle“) offensichtlich von diesem Szenario inspirieren lassen. Auch hier stammt der Hinweis auf die geheimen Gänge aus dem Tagebuch des Vaters der Hauptfigur und wenn Dowdle einen toten Kreuzritter auftauchen lässt, ist das eine weitere Verbeugung vor dem Vorbild. Die Qualität der recht kurzen Sequenz in Steven Spielbergs Klassiker erreicht „Katakomben“ aber trotz spannenden Beginns nicht einmal ansatzweise, auch weil sich das Szenario mit fortschreitender Laufzeit ungemein abnutzt und weil die wenig überzeugend integrierten übernatürlichen Elemente nicht etwa die Gruselwirkung verstärken, sondern ebenso wie die häufig unbeholfen-hanebüchenen Dialoge eher für unfreiwillige Komik sorgen.

    Schon ihr Vater (Roger van Hool) suchte bis zu seinem Selbstmord regelrecht besessen nach dem sagenumwobenen Stein der Weisen, der angeblich jedes Metall in Gold verwandeln und ewiges Leben schenken kann. Nach seinem Tod machte es sich Scarlett (Perdita Weeks) zu ihrer Aufgabe, sein Lebenswerk zu vollenden. Seither jagt die abenteuerlustige, mehrfach promovierte Archäologin rund um den Erdball nach Hinweisen auf das legendäre Artefakt und nun scheint sie der Lösung des Rätsels so nahe zu sein wie noch nie. Ein anderes Relikt hat sie nach Paris geführt: In einer geheimen, bislang unentdeckten Seitenkammer der unter der Stadt verlaufenden Katakomben, wo die Pariser früher ihre Toten begruben, muss der Stein der Weisen liegen. Begleitet von Benji (Edwin Hodge), der einen Dokumentarfilm über ihre Entdeckung plant, ihrem Weggefährten George (Ben Feldman) und dem Team des einheimischen Papillon (François Civil), das sich in den Katakomben bestens auskennt, wagt Scarlett den Abstieg. Doch als hinter ihnen der Durchgang einstürzt, gibt es plötzlich nur noch einen Weg: tiefer in die Katakomben, in einen Teil, der angeblich verflucht ist und aus dem noch niemand zurückgekehrt ist…

    Die Prämisse von „Katakomben“ macht durchaus was her. Mit Scarlett hat man als Mischung aus Lara Croft und Indiana Jones eine sympathische Hauptfigur, die kein Risiko scheut, mit klugem Verstand Rätsel lösen kann (so öffnet sie auf dem Weg immer wieder geheime Türen) und am Ende auch ein wenig Action-Heroine sein darf. Über Filmemacher Benji wird das Found-Footage-Prinzip glaubhaft installiert, wobei sich besonders auszahlt, dass er zusätzlich zur eigenen Kamera einigen Expeditionsmitgliedern Kopf-Kameras verpasst – so kann man besser als bei vielen anderen Filmen des Genres die Perspektive wechseln. Und schließlich sind da die Katakomben von Paris, vollgestopft mit Millionen von Schädeln und weiteren Knochen – ein imposanter und an sich schon Gruselstimmung ausstrahlender Ort. Die Szenen, die tatsächlich am Originalschauplatz gedreht wurden, bilden dann auch gemeinsam mit dem vorwärtstreibenden Elektro-Score von Keefus Ciancia („Diana“) das Prunkstück von „Katakomben“: In ihnen werden die gespenstischen Höhlengänge auch für den Zuschauer lebendig. Die typischen unruhigen Found-Footage-Bilder verstärken dabei den Eindruck von Unmittelbarkeit und tragen einiges zur fast schon klaustrophobischen Wirkung der besten Szenen bei, auch wenn extrem verwackelte Aufnahmen, bei denen nicht mehr wirklich zu erkennen ist, was gerade wo genau passiert, auch bei „Katakomben“ bisweilen nervig sind.

    Doch John Erick Dowdle, der gemeinsam mit seinem Bruder Drew auch das Drehbuch schrieb, belässt es nicht bei einer bodenständigen Abenteuergeschichte mit einem Hauch von Gruselatmosphäre und führt schnell übernatürliche Elemente ein. Diese kündigt er schon früh über einen Tippgeber, der genauso schnell wieder verschwindet wie er aus dem Nichts aufgetaucht ist, und eine mysteriöse weißgekleidete Frau an. Schon direkt nach dem Eingang in den „verfluchten“ Teil der Katakomben werden sie dann noch offensichtlicher: Da klingelt ein Scarlett bestens vertrautes Telefon, während George über ein Klavier (!) stolpert, mit dem unangenehme Erinnerungen verbunden sind. Diese Konfrontationen mit den Sünden der Vergangenheit sind an diesem unheimlichen Ort der pure Horror, aber deshalb sind sie auch schwer zu steigern und bei dem Versuch verzetteln sich die Dowdles. Schon ein immer wieder auftretender, einst verschwundener Gefährte von Papillon ist eher lustig als gruselig. Umso tiefer die jungen Entdecker hinabsteigen, wobei die Mitglieder der Expedition sich mit immer neuen unheimlichen Gefahren konfrontiert sehen, umso mehr übertreiben die Dowdles das Spiel mit dem Paranormalen und verlieren schlussendlich vollständig den Faden.

    „Katakomben“ bietet trotz einiger gelungener Gruselmomente und einzelner Szenen, in denen man im Kino herzhaft zusammenzucken kann, zu viel Anlass zur Belustigung – und dies nicht nur bei den absonderlichen Bedrohungen, die im letzten Drittel verstärkt aufgefahren werden. Das fängt vielmehr schon mit dem Figurenarsenal an. Zwar sind das alles sympathische Jungs und Mädels, die von soliden Schauspielern wie dem aus „Drop Dead Diva“ bekannten Ben Feldman oder der Waliserin Perdita Weeks („The Invisible Woman“) verkörpert werden, aber die Koryphäen in ihrem jeweiligen Spezialgebiet, die sie ja sein sollen, nimmt man ihnen zu keinem Zeitpunkt ab. Das beginnt damit, dass sie die Katakomben-Erkundung wie einen Wochenendausflug angehen und wenn dann zwischendurch immer wieder rätselhafte Botschaften gedeutet werden müssen, werfen sich Scarlett und Benji nichtssagende Stichworte zu, die im schlimmsten Fall im konkreten Zusammenhang schlicht unsinnig sind. Und in solchen Momenten verfliegt auch die vorher teilweise gekonnt aufgebaute Atmosphäre wieder.

    Fazit: John Erick Dowdles „Katakomben“ hat gute Ansätze und gute Momente, aber die reichen längst nicht für einen guten Film.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top