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    I Am Michael
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    I Am Michael
    Von Christian Horn

    Hollywood-Tausendsassa James Franco („127 Hours“) ist auf der Berlinale 2015 wie schon vor zwei Jahren mit gleich drei Filmen vertreten: Neben den Wettbewerbsbeiträgen „Every Thing Will Be Fine“ von Wim Wenders und „Queen of the Desert“ von Werner Herzog läuft in der Panorama-Sektion das Queer-Drama „I Am Michael“, das sich als regelrechte James-Franco-One-Man-Show entpuppt: Das Biopic von Regiedebütant Justin Kelly und Produzent Gus Van Sant („My Private Idaho“) erzählt die wahre Geschichte des Bloggers Michael Glatze, der 1998 in San Francisco als Aktivist für die Schwulenszene eintritt. Zu dieser Zeit führt er eine innige Liebesbeziehung mit Bennett (Zachary Quinto), der sich bald auch noch der junge Tyler (Charlie Carver) anschließt. Gemeinsam dreht das Trio eine Doku über schwule Christen, bevor Michael die Queer-Zeitschrift „Young Gay America“ gründet. Doch dann kommt die Angst: Weil er befürchtet, wie sein Vater unheilbar herzkrank zu sein und sterben zu müssen, überdenkt Michael sein Leben. So gerät er an eine mormonische Gemeinde, beginnt mit dem Meditieren, schwört seiner Homosexualität ab, um wieder zu Gott zu finden, und lernt schließlich an einer Bibelschule die gläubige Rebekah (Emma Roberts) kennen…

    Hi, I'm Michael!“, lautet der erste gesprochene Satz des Films, der direkt das Kernthema der folgenden Leinwandbiografie vorgibt: die Brüchigkeit der eigenen Identität. Immerhin entsagt hier nicht einfach irgendwer dem Schwulsein, sondern eines der größten Vorbilder der homosexuellen amerikanischen Jugend (was von den entsprechenden rechtskonservativen Blogs natürlich dankend ausgeschlachtet wurde). Ein blondierter James Franco schaut dabei abwechselnd engagiert, grüblerisch oder zerknirscht, während seine Figur eine sprunghafte Wandlung durchlebt, die zwar auf wahren Tatsachen beruht, aber auf der Leinwand dennoch rein behauptet wirkt. Dass Regisseur Kelly seinem Publikum bestimmte Aspekte fingerdick aufs Brot schmiert, ist nämlich nicht nur ein typischer Anfängerfehler, es lässt „I Am Michael“ bisweilen sogar unfreiwillig komisch wirken: Wenn Franco unablässig gen Himmel starrt oder seine mit bunten Klebezetteln übersäte Bibel zückt, dann hat hoffentlich auch der letzte Zuschauer seine Hinwendung zum Glauben kapiert. Positiv fällt neben der ambitionierten Thematik rund um den Widerstreit von Christentum und Homosexualität hingegen der Auftritt von „Star Trek“-Star Zachary Quinto auf. Nach seiner reifen Leistung in „Margin Call – Der große Crash“ überzeugt er erneut als präziser Charakterdarsteller mit bändesprechenden Augenbrauen.

    Fazit: Justin Kelly wagt sich mit seinem Queer-Biopic „I Am Michael“ zwar an ein spannendes Thema, scheitert aber letztendlich an seiner Überdeutlichkeit.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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