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    It Follows
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    It Follows
    Von Gregor Torinus

    2010 sorgte David Robert Mitchell mit seinem Debütfilm „The Myth of the American Sleepover“ bei verschiedenen internationalen Filmfestivals für Aufsehen. Der einfühlsame Coming-of-Age-Film bestach insbesondere durch seine stark ausgebildete, sehr eigene Atmosphäre. 2014 kehrt Mitchell für seinen zweiten Film „It Follows“ ins suburbane Detroit zurück. Erneut stehen Teenager im Zentrum der Handlung. Erneut gelingt ihm ein sehr atmosphärischer Film, was durch die exzellente musikalische Untermalung verstärkt wird. Mit dem unbeschwerten Spaß von spätsommerlichen Übernachtungspartys ist jetzt allerdings Schluss. Stattdessen regieren bei dem Horrorfilm nacktes Entsetzen und panische Angst. Zur Quelle des Grauens lässt sich nur sicher sagen: Es verfolgt einen!

    Ein Date im Kino mit dem netten Hugh (Jake Weary) endet für die 19-jährige Jay (Maika Monroe) so überraschend, wie abrupt: Gerade hatte Hugh auf eine bestimmte Person am Eingang gedeutet, die Jay jedoch nicht gesehen hat, da verlässt er auch schon überstürzt den Saal. Als Jay sich draußen besorgt erkundigt, was eigentlich los sei, gibt Hugh nur unbestimmt von sich, dass er sich plötzlich unwohl fühle. Doch gleich das nächste Treffen der beiden gipfelt in heißen Sex auf dem Rücksitz von Hughs Auto. Aber diesmal erlebt Jay eine noch weit bösere Überraschung, als Hugh sie zuerst mit Chloroform betäubt und sie anschließend an einen Stuhl gefesselt in einem leeren Fabrikgebäude wieder erwacht. Hugh wird jedoch nicht handgreiflich, sondern redet nur eindringlich auf Jay ein: Er habe beim Sex etwas an sie weitergegeben, dass er sich selbst irgendwo eingefangen hat, ohne dass er es sich erklären kann. In diesem Moment sieht er „es“ bereits draußen vor der Fabrik näherkommen. „Es“ wird Jay so lange erbarmungslos verfolgen, bis sie es ihrerseits weitergibt, indem sie mit jemanden Sex hat. Leider redet Hugh keinen Unsinn...

    Ein bedrohlich dröhnender elektronischer Sound erklingt, noch bevor das erste Bild erscheint. Jenes zeigt eine grüne Mittelschichtvorstadtsiedlung. Obwohl der Sound unmittelbar vor dem Einblenden dieses ersten Bildes bereits erstorben ist, wirkt die aufgebaute Bedrohung weiter, ist der eigentlich friedliche Eindruck bereits infiziert. Langsam schwenkt die Kamera zu einem Haus, aus dem in diesem Moment eine nur mit Unterwäsche bekleidete junge Frau stürmt. Sie blickt panisch um sich, als ob sie verfolgt würde. Doch es ist nichts zu sehen. Sie rennt wieder ins Haus hinein und gleich erneut heraus, stürmt ins Auto und drückt augenblicklich aufs Gaspedal. Sie fährt zu einem einsamen Strand. Am nächsten Tag ist sie tot. Ein Bein steht schräg von ihrem Körper ab, wie ein Ast, der von einem Sturm gebrochen wurde.

    Autor und Regisseur David Robert Mitchell gelingt es auf diese Weise sofort eine diffus bedrohliche Stimmung aufzubauen. Seine stärkste Hilfe ist hierbei das herausragende Sounddesign: Dumpf wummernde Bässe, die im Kinosaal die Eingeweide der Zuhörer zum Beben bringen. Es sind unschwer an John Carpenter („Halloween“) angelehnte wunderbar altmodische Synthie-Sounds, dichte drohende Klangwände, die sich so unverhofft aufbauen, wie sie wieder verschwinden. Das Grauen, das keinen Namen und stets wechselnde Gestalten hat, findet seine höchste Verdichtung in diesem unmittelbar Angst einflößendem Klang. Daneben bestechen die kunstvoll durchkomponierten Bilder in denen immer wieder markante, aber unverbrauchte Farben einzelne Akzente setzen. Die Kameraarbeit von Mike Gioulakis („John Dies At The End“) sorgt im Zusammenspiel mit dem dichten Klangteppich dafür, dass „It Follows“ in seinen besten Momenten zu einem audiovisuellem Kunstwerk wird.

    Hinzu kommen die glaubhaft ausgestalten Figuren. Statt des typischen Inventars an pausenlos coole Sprüche klopfenden Möchtegern-Draufgängern und unentwegt kichernden Tussies, sind die Teenager hier angenehm geerdet und entspannt. Mitchell nimmt die Standartelemente der typischen US-Teenie-Horrorfilme auf, macht jedoch etwas Eigenes daraus. So gehört es zu den in Stein eingemeißelten Gesetzen des Teenie-Slashers, dass zuerst diejenigen dran glauben müssen, die sich so unmoralischer Handlungen wie vorehelichem Sex und unerlaubtem Drogenkonsum schuldig machen. Jay und ihre Freunde haben jedoch gar kein Interesse an Drogen. Den reflektierten Kids ist bereits die Erinnerung an den Tag peinlich, an dem sie in gefundenen Pornoheften schmökerten. Sie denken jedoch nicht, dass dies moralisch verwerflich sein könnte, sondern lachen lediglich über ihre damalige Unreife.

    Deshalb ist es für die von Maika Monroe („Labor Day“) gespielte Jay eigentlich keine Option einfach den nächstbesten Typen zu vögeln, um den Fluch weiterzugeben. So stecken sich in diesem Film zwar - den Regeln des Genres entsprechend - Teenies beim Sex mit einem einer unheilbaren Geschlechtskrankheit gleichenden tödlichen Fluch an. Doch eine anschließende Enthaltsamkeit senkt - entgegen den etablierten - deutlich ihre Überlebenschancen. Außerdem ist die Gefahr mit der Weitergabe des Fluchs keineswegs endgültig beendet. Soll nämlich der nun Infizierte dem Fluch zum Opfer fallen, ist erneut der Vorgänger in der Ansteckungskette das Ziel der Verfolgung. So unheimlich viral war selbst das Horror-Video aus Hideo Nakatas „Ringu“ nicht. Trotz dieser Idee spielt David Robert Mitchells „It Follows“ aber eine ganze Liga unter solchen Horror-Klassikern. Die verschiedenen Schockvariationen nutzen sich mit der Zeit ähnlich ab, wie die willkürlich wechselnden Erscheinungsformen des geisterhaften Verfolgers zu nerven beginnen, so dass nach und nach die Spannung leidet.

    Fazit: „It Follows“ ist ein atmosphärisch gelungener Teenie-Schocker mit einer sehr schönen Grundprämisse. Auch wenn die Handlung gegen Ende ein wenig an Fahrt verliert, sorgt bis zum Schluss die starke Soundkulisse für genug Spannung.

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