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    Feuer im Kopf
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Feuer im Kopf
    Von Manuel Berger

    Mit ihrer Bestseller-Autobiografie „Feuer im Kopf“ schuf die Journalistin Susannah Cahalan 2012 Aufmerksamkeit für eine bis dato kaum bekannte Krankheit: Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, bei der sich der Körper gleichsam selbst vernichtet, indem er das Gehirn „bekämpft“. Eine Diagnose ist oft nur möglich, wenn gezielt nach diesem seltenen Leiden gesucht wird, weshalb Betroffenen – so zumindest der Tenor in Gerard Barretts Verfilmung von Cahalans Buch – oft völlige physische Gesundheit und bei schlimmer werdenden Symptomen schließlich eine psychische Störung attestiert wird. Die Auserzählung des kontinuierlichen Verfalls eines Menschen ist prädestiniert für eindringliche Schauspielerleistungen, die gerne mit Auszeichnungen bedacht werden. Kein Wunder, dass sich mit Charlize Theron eine namhafte Darstellerin als Produzentin die Filmrechte an der Geschichte sicherte und „Feuer im Kopf“ zumindest auf dem Papier gut besetzt ist. Tatsächlich ist das Drama aber ein Reinfall und eher ein Kandidat für die Goldene Himbeere als für den Oscar. Da hilft auch die hehre Aufklärungsintention nicht viel.

    Susannah (Chloë Grace Moretz) steht am Anfang einer vielversprechenden Karriere als Journalistin bei der New York Post – ihr Traumjob. Auch im Privatleben läuft es gut, denn sie ist frisch verliebt in den Musiker Stephen (Thomas Mann). Doch gerade als ihr Chef Richard (Tyler Perry) sie mit verantwortungsvolleren Aufgaben als bisher betraut, werfen plötzliche Anfälle, Halluzinationen, generelle Ermattung und Stimmungsschwankungen Susannah aus der Bahn. Verschiedene Ärzte bescheinigen ihr trotzdem, sie sei kerngesund und sehen als Ursache eine ungute Kombination aus Stress und Partys. Doch Susannahs Zustand verschlechtert sich immer weiter…

    Man merkt dem Film durchaus an, dass Regisseur Gerard Barrett („Glassland“) sich an intensiven Krankheitsdramen wie Todd Haynes‘ „Safe“ oder „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ von James Marsh orientiert hat. Er bemüht sich um eine seriöse Aufarbeitung von Susannahs Leiden, hält sich aber zu sehr mit den Symptomen auf. Er zeichnet vor allem ein Krankheitsbild, während Haynes und Marsh ihr Hauptaugenmerk auf die von dem Leiden betroffenen Menschen richten, wobei sie beide auch von außergewöhnlichen Schauspielerleistungen profitieren. Barrett dagegen, der auch das Drehbuch zu „Feuer im Kopf“ verfasst hat, verleiht seinen Figuren nicht genügend Substanz und so können die Zuschauer kaum einen emotionalen Bezug zu ihnen herstellen.

    Hauptdarstellerin Chloë Grace Moretz („Kick-Ass“) wiederum scheint das Versäumnis ihres Regisseurs im Alleingang ausgleichen zu wollen, indem sie die leidende Susannah mit größtmöglicher Intensität verkörpert. Dabei überspannt sie allerdings wiederholt den Bogen und strapaziert mit extremem Overacting mehr als einmal die Geduld des Publikums. Dass ihre Bemühungen zuweilen unbeholfen wirken, liegt aber auch ganz entscheidend daran, dass die Frage „Wer ist diese Susannah eigentlich?“ von Barrett geflissentlich ignoriert wird, und Moretz daher mehr oder weniger im luftleeren Raum agiert. Damit wirkt sie deutlich überfordert: Jede Bewegung, jeder Gesichtsausdruck und jedes Wort fällt übertrieben aus, wobei ihr alsbald die Ideen auszugehen scheinen und sie immer wieder die gleichen Grimassen schneidet.

    Abgesehen von harten Fakten – ambitionierte Zeitungsjournalistin, in einer Beziehung, getrennte Eltern – erfahren wir nichts über die Protagonistin. Stattdessen beginnt Barrett bereits nach fünf Minuten eine schier endlose Aneinanderreihung von Szenen, die den Verfall der jungen Protagonistin veranschaulichen. Die von Müdigkeit geplagte junge Susannah läuft orientierungslos durch die Stadt, die unter Stimmungsschwankungen leidende Susannah hüpft auf den Bürotisch und schreit ihre Kollegen an, und die inzwischen auch paranoide Susannah versucht nach der Einlieferung ins Krankenhaus mehrere Personen dazu zu überreden, sie wieder hinauszuschmuggeln.

    In solchen überdramatisierten Krankheitsszenen sehen wir eine junge Frau, die längst von der Gehirnentzündung und ihren Folgen beherrscht wird, aber da wir die gesunde Susannah nicht kennengelernt haben, können wir ihr Verhalten weder richtig einschätzen noch wirklich mit ihr mitleiden. Die Figur ist vollkommen unausgereift und auch Richard Armitage („Der Hobbit“) und Carrie-Anne Moss („Matrix“) bekommen in ihren Nebenrollen als Susannahs Eltern kein besseres Material. Sie definieren sich über Aussagen wie „Wir müssen stark sein“ und „Ich brauche dich, Susannah braucht dich“.

    Mit seiner eindimensionalen und bisweilen effekthascherischen Inszenierung (vor allem die Musik und ihr Einsatz drücken klischeehaft und manipulativ auf die Tränendrüse) wirkt das Ganze oft eher wie eine schlechte Seifenoper als wie ein prominent besetzter Hollywood-Kinofilm und es gipfelt in einer mit Zeitlupe aufgebauschten Verfolgungsjagd durchs Hospital. Angesichts der zu Beginn ausführlich zelebrierten Verschlimmerung der Krankheit wirken die letzten Wendungen des Films dann noch einmal besonders wenig nachvollziehbar und wie auf dem Weg dahin auch noch Ärzte dämonisiert werden, gibt dem Film dann auch eine ärgerliche Note.

    Fazit: „Feuer im Kopf“ basiert auf einer tragischen Geschichte. Doch von dieser Tragik landet bei diesem emotionslosen, eindimensionalen und effekthascherischen Drama nur sehr wenig auf der Leinwand beziehungsweise auf dem Bildschirm.

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