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    Remainder
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    Spawn
    Spawn

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    3,5
    Veröffentlicht am 29. Mai 2016
    nde der Neunziger und Anfang der Zweitausender Jahre entstand ein neues Filmgenre, dass mit Elementen der Neo-Noir, des Surrealismus und des Thrillers in die Popkultur als sog. „Mindfuck-Film“ eingegangen ist. Klassische Vertreter sind u.a. David Finchers „Fight Club“ oder „The Game“, Christopher Nolans „Memento“, aber auch „Oldboy“ von Park Chan-Wook. Typisch für diese Art Filme ist eine simulierte Realität, die sich sowohl dem Protagonisten wie auch dem Zuschauer erst gegen Ende offenbart und dadurch die gesamte bisherige Handlung oder eben die Realität des Protagonisten auf den Kopf stellt. Leider hatte sich das Muster beim Zuschauer immer mehr eingebrannt und die sog. „Schlusstwists“ wurden dadurch leichter zu durchschauen. Aber auch die Qualität der Drehbücher flaute ab und der Mindfuck-Film schien sich totzulaufen. Nun schickt sich der in Berlin lebende Videokünstler Omar Fast mit seinem Spielfilmdebüt „Remainder“ an, dieses Genre wieder zu beleben.

    Passenderweise beginnt die Eröffnungssequenz auch mit einem Mindmap, so dass der Zuschauer auch gleich weiß, worauf er sich hier eingelassen hat. Im Zentrum der Handlung steht der Protagonist Tom, der eher zufällig in der Londoner Innenstadt von herabstürzenden Objekten am Kopf getroffen wird und schwerverletzt ins Koma fällt. Nach einer monatelangen Rehabilitation, verbleibt er körperlich schwer gehandicapt und mit fast vollständigem Gedächtnisverlust. Von seinem Anwalt bekommt er einen Deal angeboten: Er bekommt 8 ½ Millionen Pfund zugesprochen und darf dafür im Gegenzug mit niemandem mehr über den Unfall reden. Warum und von wem das Angebot kommt, bleibt unklar. Er nutzt das Geld um die wenigen Bruchstücke seiner Vergangenheit durch gezieltes Nachstellen seiner Erinnerungen durch Schauspieler neu inszenieren zu lassen und hofft dadurch das Licht ins Dunkel seiner Vergangenheit dringen zu lassen. In der Verzweiflung etwas bruchstückhaftes zu ergattern nehmen seine Regieanweisungen immer groteskere Züge an und zwingen allen Beteiligten zu äußerster Disziplin. Er schwingt sich regelrecht zu einer Art Diktator auf und doch ist jede künstliche Nachstellung der geglaubten Realität zum scheitern verurteilt, weil sie eben nicht real ist. Das glaubt zumindest Tom und somit auch der Zuschauer.

    Im Gegensatz zu anderen Videokünstlern gelingt es Omar Fast hier nicht nur durch geschickte Schnitte und interessanten Einstellungen den Zuschauer in ein Labyrinth hineinzuziehen, sondern auch die Story kann sich mit großen Hollywood-Produktionen durchaus messen lassen. Das liegt natürlich zum Großteil an der Romanvorlage von Tom McCarthy, der auch am Drehbuch beteiligt war. Es ist aber auch dem gut aufspielenden Tom Sturridge zu verdanken, der als Protagonist seiner Figur die nötige Ambivalenz verleiht. So kommt auch sein Wandel vom unschuldigen Opfer zum perfektionistischen Unterdrücker sehr schleichend, aber deutlich spürbar daher. Am Anfang noch oft verletzlich und von einer unbekannten Bedrohung geprägt, wirkt die Szenerie zu Beginn noch eher kafkaesk. Im Laufe der Zeit wandeln sich durch die Macht des Geldes die Vorzeichen. Er übernimmt die Kontrolle und wird selber zur Bedrohung.
    Interessant sind auch die Kameraperspektiven. Es werden sehr viele Details in den Fokus gerückt und alles drum herum bleibt oft unscharf. Es sind eben die kleinen Details, die eine Szenerie erst real machen und die lassen sich eben nicht beliebig wiederholen. Zu viele Faktoren müssen dafür zusammen kommen. Es bleibt kein Platz für Variationen. Das ist im Prinzip das, was es für den Zuschauer stellenweise schwer macht, den Film zu genießen. Die ständige Wiederholung wird einem bewusst vor Augen geführt. Ebenso ist es mit dem Kontrollverlust. Bestimmte Dinge passieren einfach. Ob die Katzen auf dem Dach liegen oder ob man von einem herunterfallenden Objekt erschlagen wird. Auch wenn die Auflösung an dieser Stelle noch nicht verraten werden soll, sie bietet jedenfalls genug Spielraum zur stundenlangen Diskussion und sich den Film auch noch ein zweites mal anzusehen. Und genau das macht ja einen guten „Mindfuck-Film“ aus.

    Fazit: Omar Fast gelingt mit „Remainder“ ein grundsolides Spielfilmdebüt mit einem durchdachten Plot und einigen philosophischen Interpretations-Spielräumen. Stellenweise empfindet man die Inszenierung innerhalb der Inszenierung vielleicht etwas zu anstrengend um sie gänzlich genießen zu können. Aber vielleicht ist es ja auch genau das, was wir empfinden sollen?
    Inglourious Filmgeeks
    Inglourious Filmgeeks

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    4,0
    Veröffentlicht am 1. März 2017
    [...] Tom Sturrige hat dieses markante Gesicht und die harrende Verzweiflung, die jedes Augenschließen zur kleinen Erlösung werden lassen. Ein Kritiker und Filmwissenschaftler charakterisierte Jack Nicholsons Spiel in Michelangelo Antonionis Spätwerk-Geniestreich „Beruf: Reporter“ einmal so: „als ob er mit jeder Geste gegen den Impuls ankämpfen müsse, sich hinzulegen und sich von […] Wellen der Niederlage überrollen zu lassen.“ Sturrige kommt dieser Art einer existenziellen Müdigkeit so nahe wie die meisten Akteure schon lange nicht mehr. Er will aber noch nicht schlafen, er kann es noch nicht. Es gibt diese eine Szene, in der Tom – er ist gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden, er hat Probleme mit der Feinmotorik – stolpert und ein Glas Milch verschüttet. Niederlage. Warum nicht für immer liegenbleiben? Omer Fast liebt Berührungen, er liebt die Unschärfe. Er erhebt sie gar zum Fetisch; extreme Großaufnahmen. Das sanfte Geräusch der Hand, die über etwas streicht; die Farbfelder einer Stadt im Hintergrund, im Mittelgrund Klänge, die man nicht einordnen kann – ist es Musik? – und im Vordergrund: der kleine, Scharfe Fleck eines Details. Flüchtig wie Toms Erinnerungen. Klaviermusik Wie Fast seine gestalterischen Mittel wiederholt, so versucht auch Tom, seine Erinnerungen an fetischisierte Abläufe und Gegenstände festzubinden. Schon die Filmtitel sind Assoziationen. „Remainder“ ist kein Film, der sich uns selbst auf dem dramaturgischen Silbertablett serviert. [...]
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