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    Worst Case Scenario
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Worst Case Scenario
    Von Christian Horn

    Eigentlich wollte Franz Müller („Die Liebe der Kinder“) während der Europameisterschaft 2012 in Polen eine knallige Fußballkomödie rund um die „Assi-Verwandtschaft“ des Torhüters Manuel Neuer drehen. Doch sechs Wochen vor Drehbeginn kappten die Geldgeber die Finanzierung. Also machte der Regisseur aus der Not eine Tugend und drehte stattdessen eine Low-Budget-Komödie auf einem Danziger Campingplatz voller Fußballfans, die damit beginnt, dass dem Filmteam um den narzisstischen Regisseur Georg (Samuel Finzi) die Finanzierung flöten geht... In „Worst Case Scenario“ springt die Produzentin allerdings nicht eineinhalb Monate vor der ersten Klappe ab, sondern erst am ersten Drehtag. Der Kameramann geht daraufhin sofort samt Technik stiften, die Hauptdarstellerin Meike (Laura Tonke) und das übrige Filmteam bleiben aber vorerst an Bord. Georg will die Dreharbeiten nämlich allen Widrigkeiten zum Trotz stemmen und passt die Filmidee geschmeidig den desaströsen Umständen an. Bald ist es völlig egal, was gedreht wird – Hauptsache, die Kamera läuft.

    In der Praxis gelingt der gebeutelten Film-im-Film-Crew indes keine einzige Szene: Den Laiendarstellern vom Campingplatz fehlt in ihrer Bierseligkeit die nötige Muße, das polnische Theaterensemble versteht kein Deutsch und der Not-Kameramann entwickelt auf den Pfaden seines Vorbilds Lars von Trier eine sehr eigenwillige Vision. Mitten in diesem Chaos erfährt Georg auch noch, dass seine Ex-Freundin, die Kostümbildnerin Olga (Eva Löbau), ein Kind von ihm erwartet. Weil Georg von der Neuigkeit alles andere als begeistert ist, turtelt Olga in einer Nebenhandlung mit dem jungen polnischen Setrunner herum. Die Liebelei verleiht der überspitzten Film-Farce eine tragikomische Erdung, zu der auch das herzhaft improvisierende Ensemble entscheidend beiträgt. Und ganz nebenbei ist „Worst Case Scenario“ auch ein Seitenhieb auf zaudernde Filmemacher, die ihre Bekannten mit Crowdfunding-Kampagnen belästigen, auf das unflexible Fördersystem schimpfen und ihre Stoffe bis zur „Marktreife“ weichspülen. Dabei könnten sie sich doch einfach eine Kamera schnappen und das Ding drehen. Franz Müller hat es vorgemacht.

    Fazit: Eine improvisierte Low-Budget-Komödie über das Scheitern eines Filmdrehs, die zugleich ein Plädoyer für das Filmemachen an sich ist.

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