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    Marguerite and Julien
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Marguerite and Julien
    Von Michael Meyns

    Vielleicht bekommt Valérie Donzellis „Marguerite and Julien“ in Deutschland einen Untertitel wie: „Ihre Liebe kannte keine Grenzen“ verpasst, was ebenso banal wie inhaltlich zutreffend wäre. Außerdem klingt das eher brav-romantisch, was hier ziemlich in die Irre führt, denn im Wettbewerb von Cannes 2015 ist das oft furios gefilmte, kraftvoll-schillernde Drama nach Maïwenns „Mon roi“ die zweite große französische Amour fou. Und sie hat diesmal noch einen zusätzlichen Dreh ins Verbotene: Die beiden Liebenden Marguerite (Anaïs Demoustier) und Julien (Jérémie Elkaïm) sind nämlich Geschwister, die von Geburt an unzertrennlich sind. Die Eltern und vor allem der örtliche Pfarrer, versuchen alles, um das Paar zu trennen. Doch die Liebe ist stärker, Marguerite und Julien bäumen sich gegen die gesellschaftlichen Konventionen auf und fliehen - doch der Arm des Gesetzes ist lang…

    Das in Frankreich weithin bekannte tragische Schicksal dieser inzestuösen Liebe im frühen 17. Jahrhundert ist zwar historisch verbürgt, doch Valérie Donzelli macht daraus alles andere als einen trockenen Kostümfilm. Eingerahmt wird die Haupthandlung von Szenen in einem Nonnenkloster, wo die Geschichte der Liebenden den jungen Zöglingen vorgelesen wird. Was hier in groben Strichen gezeichnet und zum Märchen verklärt wird, ist eine Variation von aus dem Kino sattsam bekannten Rebellengeschichten: An „Bonnie und Clyde“ oder „Badlands“ muss man denken und nicht zuletzt immer wieder an die Filme der Nouvelle Vague. Das ist kein Zufall, denn Donzelli hat für „Marguerite and Julien“ ein Drehbuch von Jean Gruault adaptiert, das dieser einst für François Truffaut geschrieben hatte und sie nimmt sich bei der Umsetzung ganz im Geiste der bilderstürmerischen Vorbilder viele Freiheiten heraus: Hier fliegen Hubschrauber durchs 17. Jahrhundert und Autos sind auch zu sehen, Disparates und Zeitloses steht scheinbar zufällig nebeneinander – dieser Film ist meist ebenso wild und ungestüm wie die unbeugsame Liebe seiner Hauptfiguren.

    Fazit: Valérie Donzelli überhöht die auf wahren Begebenheiten beruhende Liebesgeschichte zwischen Bruder und Schwester zu einem wilden, manchmal etwas wirren Drama.

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