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    The World Of Kanako
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The World Of Kanako
    Von Ulf Lepelmeier

    Schon mit seinem ebenso faszinierenden wie unbeugsamen Schuldrama „Geständnisse“ von 2010 zeichnete Regisseur Tetsuya Nakashima ein düsteres und zunehmend blutiges Porträt der japanischen Gesellschaft. Nun schlägt der Filmemacher in seinem neuen Werk, dem Psychodrama „The World Of Kanako“, noch schonungslosere Töne und eine noch härtere Gangart an: Sex, Verbrechen und Drogenkonsum bestimmen das Geschehen in einer ebenso verkommenen wie hedonistischen Welt, in der selbst die leidenschaftlichsten Liebesbekundungen nur noch leere Worthülsen sind. Hier neigt sogar der „Held“ , der heruntergekommene Ex-Polizist Akikazu (Kôji Yakusho), der sich auf der Suche nach seiner verschollenen Tochter Kanako (Nana Komatsu) befindet, zu häuslicher Gewalt, begeht Vergewaltigungen und treibt das Blutvergießen weiter voran. Nakashima eilt in seinem visuell wieder mal begeisternden Film gleichsam von Skandal zu Skandal und so wird aus dem schmerzhaften Drama „The World Of Kanako“ mit voranschreitender Laufzeit immer deutlicher eine Satire auf Yakuza-Filme und Rachethriller.

    Kriminelle Organisationen, Schülerinnen, die sich prostituieren und Jugendliche, die den Freitod wählen - gesellschaftliche Probleme finden sich in „The World Of Kanako“ zuhauf, doch geht es hier weder um eine Analyse noch um Lösungsansätze. Der aus den Fugen geratenen Welt entspricht vielmehr eine überdreht-rauschhafte Inszenierung. Die Kameraführung ist verspielt-unruhig, extrem schnelle Schnitte machen den Exzess zum Dauerzustand. Dazu wechselt der Filmemacher ständig zwischen zwei Zeitebenen, er streut scheinbar willkürlich Visionen und Träume ein: Anspannung und Orientierungslosigkeit übertragen sich auf den Zuschauer. Die vermisste Kanako stellt sich dabei zunehmend als gefallener Engel der Verschlagenheit heraus, der Menschen in seinen Bann zieht, um sie dann in ein bodenloses Loch der Verzweiflung fallen zu lassen. Die manipulative Alice eines tiefdunklen Wunderlandes scheint sich an dem Scheitern anderer förmlich zu ergötzen. Der Vater demonstriert brutal-körperliche Macht, die Tochter geht psychologisch gerissen vor, um ihre Überlegenheit auszuspielen. Die inneren und die äußeren Zustände fallen auf beunruhigende Weise zusammen und über das die Haupthandlung rahmende Weihnachtsfest bringt Nakashima auch noch eine religiöse Ebene in den Film und lässt unmissverständlich klar werden, dass auch dort keine Erlösung zu finden ist.

    Fazit: In „The World of Kanako“ dreht Regisseur Nakashima das Gewaltrad auf ein schwer erträgliches Niveau und zeichnet die japanische Gesellschaft im Licht der moralischen Verwahrlosung.

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