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    Der Sommer mit Mamã
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der Sommer mit Mamã
    Von Christoph Petersen

    Egal ob in Nationen, Unternehmen oder Familien, wenn dieselben Machtverhältnisse nur lange genug bestehen, werden sie in der Regel irgendwann als unveränderlich und gottgegeben hingenommen. So ist das auch in dem wohlhabenden Haushalt, den die brasilianische Regisseurin Anna Muylaert in ihrer satirischen Komödie „Der Sommer mit Mama“ seziert: Nach 13 Jahren als Kindermädchen und Haushälterin kann sich Val (Regina Casé) gar nicht mehr vorstellen, mal vom Nachtisch ihrer reichen Chefs zu naschen oder sich im Swimmingpool eine Abkühlung zu gönnen, obwohl doch immer wieder gesagt wird, dass sie ja „praktisch schon zur Familie gehört“. Aber dann kommt Vals attraktive Tochter (Camila Márdila) zu ihr nach Sao Paulo, um in der Metropole zu studieren – und im Gegensatz zu ihrer Mutter hält sie sich nicht an die ungeschriebenen hierarchischen Gesetze: Sie verdreht dem Hausherren den Kopf, isst am Esstisch statt in der Küche, springt in den Pool und nimmt von dem Eis, das ihr am besten schmeckt, egal für wen es eigentlich gedacht ist…

    Es gibt einige kleine Ausrutscher, in denen die sozialen Ungerechtigkeiten allzu karikaturartig ausgestellt werden, aber im Großen und Ganzen porträtiert Muylaert die eingeschliffenen Verhältnisse und ihr langsames Aufbrechen angenehm subtil. Dabei verkommt der im Panorama der Berlinale 2015 gezeigte „Der Sommer mit Mama“ übrigens nie zur trockenen Analyse, sondern ist durchweg amüsant, was zum großen Teil auch an der Hauptdarstellerin liegt: Regina Casé ist ein einziger Glücksfall für den Film und ihre heimlichen verschmitzten Freudenausbrüche sind in höchstem Maße ansteckend! Und am Ende verlässt das Publikum den Saal mit der Hoffnung, dass die nächste Generation mit ihrer frechen Unbedarftheit vielleicht tatsächlich etwas an den verkrusteten Hierarchien ändern kann. Ein gutes Gefühl, auch wenn das wohl nur ein märchenhafter Leinwandtraum bleiben wird.

    Fazit: Meist treffende und immer unterhaltsame Sozialsatire mit einer überragenden Hauptdarstellerin.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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