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    Der Bodyguard - Sein letzter Auftrag
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Der Bodyguard - Sein letzter Auftrag
    Von Michael Meyns

    Spannende Themen garantieren noch keine spannenden Filme. Diese Binsenweisheit wird auf bisweilen schmerzlich banale Weise von Alice Winocours Drama „Der Bodyguard - Sein letzter Auftrag“ bestätigt, das in der Nebenreihe Un Certain Regard beim Festival von Cannes 2015 seine Weltpremiere erlebte. Eine Hauptfigur mit Posttraumatischer Belastungsstörung sowie ein paar Thriller-Elemente, dazu der aus „Der Geschmack von Rost und Knochen“ bekannte Matthias Schoenaerts und die immer schmucke Diane Kruger („Inglourious Basterds“) - da kann vermeintlich nicht allzu viel schief gehen. Doch in Winocours zweitem Langfilm zeigt sich einmal mehr, dass reizvolle Ansätze und vielversprechende Mitstreiter eine misslungene Inszenierung kaum wettmachen können.

    Vincent (Matthias Schoenaerts) hat als Soldat in Afghanistan Furchtbares erlebt. Die schlimmen Erfahrungen belasten ihn auch nach seiner Rückkehr nach Frankreich stark, wo er zwischen seinen Auslandseinsätzen bei einer Sicherheitsfirma arbeitet. So gerät er eines Tages nach Maryland, dem mondänen Wohnsitz eines reichen libanesischen Geschäftsmanns. Dort wird er kurzfristig als hochgerüsteter Aufpasser für die Familie engagiert und bewacht Jessie (Diane Kruger), die Frau des Hausherren, sowie ihren Sohn Ali (Zaïd Errougui-Demonsant). Der von ständiger Paranoia geplagte Vincent vermutet hinter jeder Ecke eine Bedrohung – bald auch mit Recht, denn sein Auftraggeber hat mächtige Feinde, die Jessie nach dem Leben trachten.

    Anfangs wirkt „Der Bodyguard“ wie ein klassisches Drama über die Leiden eines aus dem Krieg heimgekehrten Soldaten. Mit ausgefeiltem Sounddesign wird Vincents Trauma akustisch angedeutet, rhythmische Geräusche, Musik und Stimmengewirr überlagern sich in seinem Kopf zu einer Kakophonie, die ihn wahnsinnig zu machen droht. Dennoch hat Vincent alle Sinne bei sich und belauscht auf einer Party beim Libanesen diverse Unterhaltungen, die ein politisches Komplott andeuten. Eine spannende Richtung scheint Regisseurin Alice Winocour („Augustine“) in diesem Moment einzuschlagen, aber diese klassischen Thriller-Motive einer Verschwörung verfolgt sie dann doch nicht weiter und selbst aus der räumlichen und personellen Verdichtung (bis auf zwei, drei Szenen sind die Hauptfiguren Vincent und Jessie in Maryland eingeschlossen, während draußen eine unbekannte Bedrohung lauert) zieht sie kaum Spannung.

    Statt auf erzählerische Dynamik und Suspense setzt Alice Winocour verstärkt auf leisere Töne, doch auch die Geschichte einer schwierigen Beziehung unter außergewöhnlichen Umständen bleibt wie vieles in diesem Film im Ansatz stecken, denn für das Ausloten psychischer Abgründe bekommen die Schauspieler nicht ausreichend Zeit. Letztlich landet „Der Bodyguard“ mit seiner unentschlossen-profillosen Inszenierung zwischen den Genre-Stühlen und das Ganze ergibt am Ende weniger als die Summe seiner Teile. Aber immerhin hat der Film einen der amüsantesten Dialoge des Cannes-Jahrgangs 2015 zu bieten, der natürlich besonders in französischen Kinos für Belustigung sorgt: Als Jessie gefragt wird, wo sie herkommt, antwortet sie: „Aus Deutschland“. Die Replik: „Wirklich? Nun, das kann jedem passieren…

    Fazit: Die interessanten Ansätze ihrer Geschichte verspielt Alice Winocour in ihrem Thriller-Drama „Der Bodyguard“ weitgehend durch eine unausgegorene Umsetzung.

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