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    Bizarre
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Bizarre
    Von Christoph Petersen

    Das Bizarre ist eine Bar in Brooklyn, in deren Keller regelmäßig Burlesque-Shows stattfinden, die in der New York Times als „schockierend explizit“ beschrieben wurden und bei denen die Veranstalter auf ihrer Homepage selbst empfehlen, das moralische Empfinden bereits an der Tür abzugeben. Von diesem surreal-zirkushaften Ort der gesellschaftlichen und sexuellen Provokationen hat sich der französische Regisseur Étienne Faure („Bis an die Grenzen“) zu seinem experimentellen Underground-Drama „Bizarre“ inspirieren lassen, das im Panorama der Berlinale 2015 seine Weltpremiere feierte. Im Zentrum steht dabei der junge gutgebaute Franzose Maurice (Pierre Prieur), der sich in New York mit Gelegenheitsjobs durchschlägt, bis er im Bizarre Arbeit als Barkeeper und Putzkraft findet. Obwohl ihn die oft albtraumhaften, sexuelle Selbstbestimmung predigenden Burlesque-Revuen zutiefst faszinieren, wird sich Maurice über seine eigenen Gefühle etwa zu seinem introvertierten Arbeitskollegen Luca (Adrian James) einfach nicht klar…   

    Zweimal fällt Newcomer Pierre Prieur aus seiner Rolle, einmal davon gleich zu Beginn: Da verkündet er mit seinem französischen Akzent, dass er nur Englisch sprechen wird, weil es der Regisseur von ihm verlangt – und in Anbetracht des rauen Heimvideo-Looks wähnt sich der Zuschauer sogar kurzzeitig in einem Dokumentarfilm, bis er versteht, dass in der Welt des Bizarre eben alles möglich ist. Was folgt, ist eine fürs Underground-Genre nicht untypische, aber dafür mitreißend-zärtlich erzählte Sexuelles-Erwachen-Geschichte, die immer wieder von realen Mitschnitten der selbstbewusst-lauten Burlesque-Aufführungen konterkariert wird. Erst im verstörenden Finale weicht die Zärtlichkeit der Außenseiter, die schließlich doch zueinandergefunden haben, einer leidenschaftlichen Brutalität. Hier fällt Prieur dann auch zum zweiten Mal aus der Rolle, als er nackt in eine der New Yorker U-Bahnen steigt und das Publikum noch einmal daran erinnert, dass er ja schließlich nur eine Figur in einem Film sei.  

    Fazit: Dieser atmosphärische Trip in die alternative Underground-Burlesque-Szene macht seinem Titel alle Ehre: bizarr, zärtlich, verstörend!

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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