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    Chasuke's Journey
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Chasuke's Journey
    Von Christian Horn

    Mit seinem fulminanten Kinodebüt „Dangan Runner - Wie eine Kugel im Lauf“ etablierte sich der japanische Regisseur Sabu im Jahr 1996 als einer der spannendsten zeitgenössischen Filmemacher, der über die Jahre eine hohe Vielseitigkeit nachwies. Sein neuester Film „Chasuke's Journey“, der im Wettbewerb der Berlinale 2015 lief, basiert auf Sabus eigenem Romandebüt und verfügt über eine ähnliche Ausgangslage wie „Der Himmel über Berlin“ von Wim Wenders. Die Unterschiede zwischen den Filmen sind indes himmelweit: Wo Wenders lyrisch und langsam erzählt, inszeniert Sabu eine rasante und wahnwitzige Genre-Mixtur.

    „Chasuke's Journey“ beginnt im Himmel, wo ein hektisches Treiben herrscht: In ständiger Zeitnot erdenken Autoren die Biographien der Erdenbewohner, die sie auf eine Schriftrolle pinseln. Weil Gott mehr Avantgarde fordert, verlegt einer der Schreiber den Heiratsantrag seiner Figur in eine Karaoke-Bar. Das setzt eine Kettenreaktion in Gang, in deren Verlauf die stumme Yuri (Ito Ohno) bei einem Autounfall ums Leben kommt. Weil diese Wendung einigen Autoren missfällt, soll der Teeservierer Chasuke (Ken'ichi Matsuyama) auf die Erde reisen und den Crash vereiteln – der Anfang einer Tour de Force durch Okinawa.

    Aus dieser Prämisse entwickelt Sabu eine sprunghafte und nie vorhersehbare Story mit vielen Verästelungen. Wie oft bei Sabu, dessen Filme meist etwas mit Bewegung zu tun haben, ist das Geschehen stets im Fluss. Dazu wechselt er in diesem ausgesprochen selbstreflexiven Film munter die Tonarten - mal traurig oder humorvoll, dann wieder romantisch oder gewalttätig. Mit Wunderheilungen gelangt „Engel“ Chasuke zu einiger Berühmtheit, bevor ihn Polizisten mit Mephisto-Fratzen und Yakuza jagen. Mitunter tritt Chasuke auch als Racheengel auf und geht nicht gerade zimperlich gegen seine Widersacher vor. Kleine Zusammenschnitte fassen die herrlich absurden Lebenswege der Hauptfiguren zusammen, wobei Filme wie „Ghost – Nachricht von Sam“ oder „Titanic“ offen zitiert werden – die „Drehbuchautoren“ im Himmel schreiben nämlich meist ab…

    Sabu inszeniert gewohnt dynamisch. Die Kamera wirkt wie entfesselt, so ruhelos geht es zu. Kräftige Farben und Shutter-Effekte treffen auf Mainstream-Motive. Wenn Chasuke fortwährend durch schmale Gassen und Passagen hetzt, erinnert das an „Dangan Runner“, der wiederum Tom Tykwers „Lola rennt“ inspirierte. Die Mittel verdeutlichen am Ende – wie so oft bei Sabu – aber vor allem die Botschaft, die gar nicht mal so viel mit Bewegung und Rasanz zu tun hat. Hinter all der Ironie und den Selbstreferenzen steckt nämlich schlussendlich ein klares Plädoyer für die Kraft des freien Willens. Dieser vermag es nämlich sogar die Drehbücher der Autoren im Himmel zu ändern und das Schicksal zur Hölle zu schicken…

    Fazit: Sabu liefert mit seinem originellen Engel-auf-Erden-Drama mal wieder Kino in Reinform!

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