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    Was heißt hier Ende?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Was heißt hier Ende?
    Von Thomas Vorwerk

    Michael Althen (1962-2011) gehörte zusammen mit Milan Pavlovic und dem Dunstkreis um das Filmmagazin „Steadycam“ zur ersten Generation deutscher Filmkritiker, die „mehr im amerikanischen Hollywoodkino zuhause sind als Zuhause“. Er schrieb unter anderem anderthalb Jahrzehnte lang für die „Süddeutsche Zeitung“, ehe er 2001 Filmredakteur bei der „Frankfurter Allgemeinen“ in Berlin wurde, wo er nach kurzer heftiger Krankheit viel zu früh auch verstarb. Althen entzückte seine Leser vor allem durch seine immer spürbare persönliche Begeisterung fürs Kino, die er sich auch nach Jahrzehnten berufsmäßiger Beschäftigung mit dem Medium bewahrte und die er seit den 1990ern auch in eigenen Film- und Fernseharbeiten zum Ausdruck brachte. In seiner liebevollen essayistischen Dokumentation „Was heißt hier Ende?“ zeichnet Regisseur Dominik Graf („Die geliebten Schwestern“), der mit seinem Freund Althen einst selbst zwei Dokumentarfilme und ein Buch realisierte, nun ein empfindsames und umfassendes Porträt des Kritikers und Menschen.

    Dominik Graf führt nicht nur zahlreiche Interviews mit Kritikerkollegen, mit Filmemachern wie Tom TykwerWim Wenders und Christian Petzold sowie mit Althens Familie, sondern lässt vor allem auch den verstorbenen Freund und Mitstreiter selbst zu Wort kommen, indem er immer wieder Texte von ihm vorträgt oder vortragen lässt. Anhand von Althen-Arbeiten etwa über Robert Mitchum, Tom Cruise oder Audrey Hepburn bekommt damit auch der Nichtkenner einen guten Eindruck von dessen unverwechselbarem, fast schon poetischem Tonfall. Ein Hauch von Kino-Magie liegt auch über einer Anekdote von einem Interview des Kritikers mit der von ihm verehrten Schauspielerin Jacqueline Bisset. Bei der Anordnung der Gespräche, Erzählungen und Textbeispiele geht Graf im Großen und Ganzen chronologisch vor, dazu macht er kleine Abstecher in Städte, die für Althen eine besondere Bedeutung hatten (neben München, Berlin und Paris gehören dazu auch die Festivalstädte Cannes und Venedig) und nimmt sich auch Zeit für Interessengebiete fernab des Kinos, wie etwa die Liebe für Modelleisenbahnen, die Althen mit seinem Bruder teilte. Besonders gelungen ist auch die Schlusswendung, wenn die Frage aus dem Filmtitel „Was heißt hier Ende?“, die natürlich aus einem Text Althens stammt und sich eigentlich auf die mittlerweile aus der Mode gekommene Einblendung „Ende“ am Schluss eines Films bezieht, gekonnt und berührend auf den frühen Tod des Kritikers übertragen wird.

    Fazit: Wer sich zuvor nie für Michael Althen interessiert hat, mag Dominik Grafs zärtliche Huldigung für den früh verstorbenen Filmkritiker etwas langatmig finden, aber wer den Autor und seine Sicht auf das Kino liebt, dem werden die zwei Stunden kurz vorkommen.

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