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    1001 Nacht: Teil 3 - Der Entzückte
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    1001 Nacht: Teil 3 - Der Entzückte
    Von Christoph Petersen

    Die Kritik zur „1001 Nacht“-Trilogie findet ihr auf der Filmseite zum ersten Teil, an dieser Stelle folgen nun lediglich noch einige Gedanken speziell zum dritten Part „1001 Nacht: Volume 3 - Der Entzückte“: Nach all den anklagenden Geschichten begibt sich Miguel Gomes zum Abschluss auf die Suche nach der Schönheit (oder ist es nicht viel eher eine Flucht?). Scheherazade verlässt das Schloss, um sich ihr Reich anzusehen – und trifft dabei nicht nur auf schöne Männer, sondern auch auf einige ziemlich amüsante Anachronismen: Als sie die Lampe eines Flaschengeistes von den Klippen schmeißt, beschwert sich etwa eine Gruppe moderner Touristen lautstark über die Verschmutzung des Meeres. Den größten Teil von „Der Entzückte“ macht dann allerdings eine Dokumentation über eine Gruppe von Männern der Arbeiterklasse aus, die als Hobby Buchfinken einfangen und diese einmal im Jahr in einem Gesangswettbewerb gegeneinander antreten lassen (die genauen Regeln haben wir zugegebenermaßen auch nicht verstanden, aber es gibt mehrere Wertungsrichter und es mutet alles sehr komplex an).

    Manche der Männer setzen darauf, dass der Gesang der eingefangenen Finken so natürlich und unverfälscht wie möglich bleibt, während andere ihren Vögeln mit CD-Dauerbeschallung neue Zwitscherfolgen beizubringen versuchen (und damit oft den Rest der Familie in den Wahnsinn treiben). Das ist tatsächlich unglaublich faszinierend und nur auf den ersten Blick simpel: Denn wenn die gestandenen Männer sich hier fürsorglich um ihre Mini-Vögel kümmern, lässt Gomes geschickt immer wieder auch andere Elemente in die trügerisch-gradlinige Doku einfließen: So geht einem der Häscher – als ein Rückverweis auf den Scheherazade-Auftakt - statt eines Finken ein Wind-Flaschengeist ins Netz. Und auch der soziale Kommentar fließt ganz natürlich mit ein: Immerhin stammt die Vogelfänger-Tradition in der Region aus einer Zeit, in der die Gegend noch bewaldet war, statt wie heutzutage komplett mit unpersönlichen Sozialbauten zugepflastert zu sein. Dass der Film einfach so mit den Vogelfängern zu einem Ende kommt und nicht mehr zur erzählenden Scheherazade oder dem eingebuddelten Gomes zurückkehrt, darf dabei übrigens gerne als Aufforderung des Regisseurs an andere Filmemacher verstanden werden, seine Arbeit fortzusetzen. Es gibt immer noch genügend Geschichten über die Missstände und die Menschen in Portugal, die es zu erzählen lohnt.

    Fazit: Ein bezauberndes Meisterstück.

    Wir haben „1001 Nacht“ auf dem „14 Films Around The World“-Festival im Berliner Kino in der Kulturbrauerei gesehen.

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