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    Domian - Interview mit dem Tod
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Domian - Interview mit dem Tod
    Von Christian Horn

    Von montags bis freitags ab 1 Uhr nachts – live im WDR Fernsehen und in Eins Live – geht Jürgen Domian für 60 Minuten mit seinem Telefontalk auf Sendung. In mehr als 20 Jahren und über 20.000 Gesprächen haben sich einige Geschichten und Erlebnisse angesammelt. „Domian – Interview mit dem Tod“, so heißt ein Buch des Moderators, in dem dieser ein Gespräch mit dem Tod führt. Die Regisseurin Birgit Schulz („Die Anwälte – Eine deutsche Geschichte“) übernimmt den Titel für ihr Dokuporträt und konzentriert sich in ihrem Film entsprechend auf die Themen Tod und Sterben, obwohl das Interessante an der „Domian“-Sendung ja gerade die Vielfalt der Problemlagen und Themen ist: Kuriose Anrufer wie ein Mann, der eine (auch intime) Liebesbeziehung mit einem Gummibaum pflegt, stehen wertfrei neben Gesprächen über tödliche Krankheiten, lustige Pannen oder sexuelle Absonderlichkeiten. Der Sendung und dem feinfühligen Gesprächspartner Jürgen Domian wird Schulz' monothematischer Ansatz jedenfalls nicht gerecht. Im Verbund mit der biederen Machart – das Höchstmaß an Gestaltungswillen ist erreicht, wenn die Kamera zwischendurch in den Himmel oder über Sonnenblumen schwenkt -  bleibt eine kaum erhellende und recht langatmige Dokumentation.

    Originalausschnitte aus der Telefontalk-Sendung leiten neue Interviews ein, in denen einige Anrufer und Anruferinnen ihre Geschichte erneut rekapitulieren. Das Spektrum reicht von einer Frau, die den Tod ihres Ehemannes als Befreiung erlebte über einen reuigen Mörder bis zu einem 35-jährigen Krebspatienten im Endstadium. Dazu kommen Ausschnitte aus dem Hörbuch zum titelgebenden Buch, worin sich der Dialog zwischen Domian und dem Sensenmann auf laue Erkenntnisse wie jene beschränkt, dass alle Menschen „im Moment“ leben. Dazwischen begleitet Birgit Schulz den Moderator während einer Lapplandreise und spricht mit ihm über seinen persönlichen Umgang mit den teils schockierenden und tieftraurigen Telefoninterviews. Der Tonfall ist hier viel zu feierlich und weihevoll. Als Domian seinen Werdegang von der Hauptschule an die Universität beschreibt, spielt Schulz eine pathetische Musik ein, die dem Ganzen fast schon satirische Züge verleiht. Während der Moderator und seine Leistungen fast schon überhöht werden, kommt die „Domian“-Redaktion nur am Rande vor. Statt ernsthaft hinter die Kulissen der täglichen Arbeit zu schauen, lässt Schulz drei Stammhörer von ihrer Faszination für das Format erzählen. In ihrer Beliebigkeit stehen diese Einschübe symptomatisch für den oberflächlichen Gesamteindruck, den der Film hinterlässt.

    Fazit: Oberflächliches dokumentarisches Porträt des Telefontalkers Jürgen Domian ohne großen Mehrwert.

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