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    The Shallows - Gefahr aus der Tiefe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Shallows - Gefahr aus der Tiefe
    Von Christoph Petersen

    Dass sich der Trash-Faktor des Hai-Genres sowohl im Kino („Deep Blue Sea“, „Shark Night 3D“) als auch auf DVD („90210 Shark Attack in Beverly Hills“) und im TV („Sharknado“, „Hai-Alarm auf Mallorca“) in immer abgründigere Höhen schraubt, dürfte zu einem nicht unerheblichen Teil auch damit zusammenhängen, dass sich nach Steven Spielbergs Über-Meisterwerk „Der weiße Hai“ kaum noch jemand an einen tatsächlich auf Spannung abzielenden Hai-Thriller herantraut. „Orphan – Das  Waisenkind“-Regisseur Jaume Collet-Serra hat es trotzdem gewagt – und herausgekommen ist mit „The Shallows – Gefahr aus der Tiefe“ ein trotz Hochglanz-Optik wunderbar dreckiger, trotz 17-Millionen-Dollar-Budget atmosphärisch-intimer Survival-Thriller, der mit einer ganzen Reihe inszenatorischer Finessen und vor allem mit seiner starken Hauptdarstellerin punktet.

    Nach dem Krebstod ihrer Mutter reist die junge Texanerin Nancy (Blake Lively) zu einem abgelegenen Strand in Mexiko, an dem einst schon ihre Mutter gesurft hat, als sie damals mit Nancy schwanger war. Doch dann wird die Medizinstudentin harsch aus ihren emotionalen Familienerinnerungen herausgerissen, als sich beim Surfen ein riesenhafter Weißer Hai in ihren Oberschenkel verbeißt. Gerade so kann sich Nancy mit ihrer klaffenden Wunde noch retten – und zwar auf einen zufällig vorbeischwimmenden, bereits angeknabberten Wal-Kadaver...

    Nicht etwa der mächtige Weiße Hai, sondern Ex-Soap-Star Blake Lively („Gossip Girl“, „Savages“) dominiert diesen Film! Bei ihrer ebenso detailgenauen wie athletischen One-Woman-Show entwickelt sie eine solch überzeugende körperliche Präsenz, dass der Zuschauer sie ohne mit der Wimper zu zucken als Survival-Genie ernstnimmt – selbst eine ziemlich schmerzhaft anmutende Ohrring-Selbst-OP (eigentlich prädestiniert für unfreiwillige Komik) wirkt da keine Sekunde lächerlich. Da ist es vielleicht verständlich, aber deshalb nicht weniger störend, dass sich Collet-Serra und sein Kameramann Flavio Martínez Labiano („The Gunman“) offenbar einfach nicht an Livelys austrainierten Rundungen sattsehen können, womit sie zuweilen auch den Spannungsbogen beeinträchtigen.

    Deutlich subtiler geht das Duo hingegen vor, wenn es darum geht, die Attacken des Hais in Szene zu setzen: Wenn das aggressive Biest Nancy von ihren Surfbrett rammt, erspäht man nur durch eine Welle hindurch langsam einen Schatten herankommen. Und beim ersten ausgiebigen Biss in den Oberschenkel werden weder der Hai noch das Bein gezeigt, stattdessen umfasst der Bildausschnitt lediglich Nancys Oberkörper: So sehen wir ihre Schreie und wie sich das Wasser um sie herum blutrot färbt – mehr als genug, um sich den Rest des Schreckens selbst im Kopf auszumalen. Zwischendrin lässt uns der Regisseur immer wieder ausreichend Zeit mit der angenehm widerständigen, geduldig ausharrenden, nie herumjammernden Protagonistin, die sich nicht nur selbst zusammennäht, sondern auch ihrem Leidensgenossen Sully „Steven“ Seagull (eine Möwe) den Flügel wieder einrenkt, um tatsächlich ein Interesse an Nancys Schicksal entwickeln zu können.

    Collet-Serra verschafft seinen Zuschauern einen recht genauen Eindruck von dem Grundriss und den Entfernungen in der Bucht (obwohl der Film in Mexiko spielt, wurde er an der Goldküste in Australien sowie in einem gewaltigen Swimming Pool gedreht), was es einfacher macht, sich mit Nancy und ihren Plänen zu identifizieren. Die immer wieder eingeblendeten Zeitangaben stiften hingegen eher Verwirrung als Spannung: Erst zählt ein Countdown bis zur Ebbe runter, aber dann passiert zu diesem Zeitpunkt gar nichts, während der zweite Countdown bis zur Flut sehr wohl eine Bedeutung hat, weil bei Hochwasser Nancys aktueller Rettungsfelsen unter der Meeresoberfläche verschwinden wird. Ganz bis zum Ende halten die Macher ihren vergleichsweise geerdeten Ansatz dann übrigens doch nicht durch, weshalb das deutlich actionfilmartigere, fast schon ein wenig trashige Finale (ein besonders schmerzhafter Moment war übrigens ein tatsächlicher blutiger Unfall am Set, den die Macher einfach im Film belassen haben) das Publikum sicherlich spalten wird.

    Fazit: Simpler, aber effektiver Survival-Reißer mit einer hervorragenden Hauptdarstellerin.

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