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    Der Sex Pakt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Der Sex Pakt
    Von Andreas Staben

    Seit dem bahnbrechenden Erfolg von „Brautalarm“ und geistigen Nachfolgern wie „Dating Queen“ oder „Girls Trip“ dürfen in Hollywood-Komödien endlich auch Frauen fluchen, furzen und ficken wie sie wollen. Aber während es das Normalste von der Welt ist, wenn männliche Teenager in Komödien von „Eis am Stiel“ bis „American Pie“ endlich Sex haben wollen, schrillen noch immer alle Alarmglocken, sobald es Mädchen sind, die unbedingt noch vor dem Abschluss ihr erstes Mal erleben wollen. Das gilt auch für die Teenagerinnen, von denen Kay Cannon in ihrer Geschlechter- und Generationen-Clash-Komödie „Der Sex Pakt“ erzählt.

    Hier treffen ganz normale auf das Leben neugierige Schülerinnen auf Eltern, die mit dem Erwachsenwerden ihrer Kinder so gar nicht zurechtkommen und sich ohne jede Zurückhaltung in das Intimleben des Nachwuchses einmischen – das Ergebnis sind jede Menge derber Slapstick und unter die Gürtellinie abzielende Pointen, aber am Ende auch ein überraschend berührendes tieferes Verständnis für die jeweils andere Seite. Während die Mädchen hier letztlich auf sympathische, aufgeklärt-liberale Weise endlich erzählerische Gerechtigkeit erfahren, gibt es auf dem Weg dorthin auch die ein oder andere frustrierend ins Leere laufende Albernheit.

    Die Freundinnen Julie (Kathryn Newton), Kayla (Geraldine Viswanathan) und Sam (Gideon Adlon) beschließen, in der Nacht nach dem Abschlussball das erste Mal Sex zu haben. Während Julie damit die Beziehung zu ihrem Freund Austin (Graham Phillips) romantisch besiegeln möchte, sieht Kayla pragmatisch die Gelegenheit, „es“ endlich zu tun. Als Partner hat sie sich den tiefenentspannten Connor (Miles Robbins) ausgeguckt, der den ganzen Jahrgang mit diversen Drogenkreationen versorgt. Sam wiederum steht eigentlich auf Mädchen, hat das aber noch niemandem erzählt und nimmt den willigen Chad (Jimmy Bellinger) ins Visier. Alles läuft nach Plan, bis Julies alleinerziehende Mutter Lisa (Leslie Mann) und Kaylas überfürsorglicher Vater Mitchell (John Cena) Wind von dem Pakt ihrer Töchter bekommen. Sie wollen unbedingt verhindern, dass die Kinder Sex haben und heften sich am Abend des Balls an die Fersen der Mädchen…

    Die drei den titelgebenden Pakt schließenden jungen Frauen entsprechen durchaus den aus zahlreichen männlichen Coming-of-Age-Komödien bekannten Typisierungen: Julie ist die „Normalo“-Protagonistin, Kayla der forsche Sidekick und Sam das (heimlich lesbische) Mauerblümchen. Aber die jungen Darstellerinnen spielen über solche Kategorisierungen fröhlich hinweg, vor allem bei Geraldine Viswanathan („Emo: The Musical“) haben selbst grobe Gags über Penisse („Die sind zum Benutzen da – wie Pümpel“) und Oralsex („Lieber zehn Schwänze lutschen als ein Bounty essen“) eine selbstbewusste Selbstverständlichkeit abseits plumper Provokation. Aber während die Mädchen und sogar ihre erwählten Sex-Partner weitgehend zu lebendigen Figuren werden, haben die eigentlich im Mittelpunkt des Films stehenden erwachsenen Komödienprofis deutlich stärker mit müden Klischees und halbgaren Witzen im von fünf Männern verfassten Drehbuch zu kämpfen.

    Leslie Mann („Immer Ärger mit 40“) versucht gar nicht erst, das Klammern an ihre Filmtochter vernünftig oder zumindest vertretbar erscheinen zu lassen und gibt sich stattdessen mit Feuereifer der hysterisch angehauchten Überdrehtheit ihrer Figur hin, was besonders gut funktioniert, wenn die Stalker-Mutter in einem Hotelzimmer unwahrscheinliche körperliche Verrenkungen vollführen muss, um nicht entdeckt zu werden. Vollen Körpereinsatz zeigt auch Wrestling-Star John Cena („Daddy’s Home 2“) als unsicherer Dad, dessen Beschützerinstinkt genauso überentwickelt ist wie seine Verklemmtheit. Mit einer Sport-Analogie, bei der seine Tochter ein Match verlieren könnte, kann man ihn zu jeder noch so absurden Aktion bewegen - und wenn sich Mitchell einen Schlauch in den Hintern schieben und einen Bier-Einlauf verpassen lässt, dann spielt Cena auch das erstaunlich engagiert.

    Ob man solche Exzesse (es gibt auch eine Kotz-Orgie) witzig findet, ist letztlich Geschmackssache, aber die steife Inszenierung von Debütregisseurin Kay Cannon, die zuvor die Drehbücher zu allen drei „Pitch Perfect“-Filmen geschrieben hat, trägt nicht gerade dazu bei, das betont Grobschlächtige zur inspirierten Farce zu erheben. Wenn es etwa bei einem nackten Ringelpiez mit Anfassen auch einen seit „Nie wieder Sex mit der Ex“ ja fast schon obligatorischen blanken Penis gibt, dann wirkt das nicht mehr provokant oder progressiv, sondern allenfalls noch programmatisch, zumal die Szene auch sonst etwas sehr Gewolltes an sich hat.

    Besser zünden die Gags, wenn die nichtsahnenden Eltern versuchen, die ausspionierten Textnachrichten ihrer Töchter zu verstehen oder den „Emoji-Code“ zu knacken (Stichwort: Aubergine). Die überforderten Alten haben fast etwas Rührendes und die Szene steigert sich schnell zu einem der Höhepunkte des Films. Mehrfach wird auch der eigentlich unverzeihliche Vertrauensbruch der drei Protagonisten recht komisch auf die Schippe genommen: Einmal durch eine flammende Rede von Mitchells indischstämmiger Frau Marcie (Sarayu Blue), die hier etwas aufgesetzt die Stimme der Vernunft verkörpert, und zum anderen durch die Skrupel von Hunter. Der als Loser eingeführte Vater von Sam kann sich trotz langer Abwesenheit viel besser in die Töchter hineinversetzen als Lisa und Mitchell - und er wird von Ike Barinholtz („The Mindy Project“) mit einer glaubwürdig geerdeten Unbeholfenheit gespielt, die sich auch in den ansonsten eher wie Pflichtübungen daherkommenden emotionalen Versöhnungsszenen auf der Zielgeraden auszahlt.

    Fazit: Regiedebütantin Kay Cannon treibt den Konflikt zwischen überfürsorglichen Eltern und ihren pubertierenden Töchtern mit aufklärerischem Impuls auf eine absurde Spitze. Die Mischung aus groben Gags und versöhnlicher Emotionalität geht allerdings trotz engagierter Darsteller nicht ganz auf.

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