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    How It Ends
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    How It Ends
    Von Markus Fiedler

    Apokalyptisch angehauchte Bilder von Zerstörung und Untergang haben Filmemacher wie Kinopublikum schon immer fasziniert. Bereits Stummfilmpionier Georges Méliès ließ effektvoll einen Vulkan auf der Leinwand ausbrechen und sorgte damit für Aufsehen. Ob die Erde nun durch Naturkatastrophen zerstört wird wie bei Roland Emmerich in „2012“ und in „The Day After Tomorrow“, ob sie durch Atomwaffen unbewohnbar wird wie in „The Day After“ oder ob eine Zombieseuche die Menschheit bedroht wie etwa in „World War Z“: Der Vorstellungskraft sind keine Grenzen gesetzt und die Lust am Weltenende ist ungebrochen. Regisseur David M. Rosenthal („A Single Shot“) wiederum spielt genau mit dieser Lust und unterläuft sie in „How It Ends“ zugleich. Er lässt den Strom ausfallen und die Infrastruktur zusammenbrechen, aber ansonsten gibt er uns sehr wenige Infos zur Katastrophe und ihren Gründen. So ist sein nüchtern inszenierter Film vor allem ein waschechtes Road Movie vor dem düsteren Hintergrund einer zusammenbrechenden Zivilisation.

    Will (Theo James) freut sich mit Gattin Samantha (Kat Graham) auf Nachwuchs, muss aber beruflich seine Heimat Seattle verlassen und nach New York fliegen. Dort besucht er eher widerwillig seinen Schwiegervater Tom (Forest Whitaker), zu dem er kein sonderlich gutes Verhältnis hat. Als er am nächsten Morgen mit Sam telefoniert, bricht das Gespräch plötzlich ab, bald darauf fällt im ganzen Land der Strom aus. Die Flughäfen sind lahmgelegt: Etwas Großes muss passiert sein. Der Ex-Marine Tom schaltet schnell und will den Weg zu seiner Tochter nach Seattle mit dem Auto zurücklegen – ein Reiseweg, dem Will sich eher notgedrungen anschließt. Der Trip nach Westen wird für das ungleiche Team schon bald zu einer Fahrt in den langsam wachsenden Wahnsinn …

    Ein Mann lernt auf einer Reise etwas über sich selbst und findet heraus, wozu er fähig ist – und wozu eben nicht. Es ist wahrlich keine neue Geschichte, die Drehbuchautor Brooks McLaren da erzählt. Dass „How It Ends“ dennoch recht gut funktioniert, liegt an der glaubhaften Umsetzung. Langsam und stetig wie bei einem Steigerungslauf erhöhen Rosenthal und McLaren die Spannung. Begegnet das Duo zu Beginn noch Menschen, die ebenso ahnungslos sind wie sie selbst und auf Hilfe durch die Regierung warten, wird es mit jedem Kilometer weiter nach Westen ein wenig bedrohlicher. So stoßen Will und Tom bei einem kurzen Zwischenstopp bei Freunden auf eine vom dortigen Sheriff angeführte Bürgerwehr, die beim geringsten Anlass brutale Gewalt anwendet. Und bald danach erreichen die Reisegefährten ein Gebiet, aus dem die Zivilisation sich bereits komplett verabschiedet hat und nur noch das Recht des Stärkeren oder besser Bewaffneten zählt.

    Die ständig wachsende Gefahr mit immer wieder neuen Bedrohungen durch andere, auf die der militärisch ausgebildete Tom sofort mit Gegengewalt reagiert, während der friedliebende Will es lieber mit Reden versuchen will, sorgt schließlich dafür, dass sich die beiden so ungleichen Männer langsam öffnen und sich miteinander arrangieren. Sie sind aufeinander angewiesen, wenn sie am Leben bleiben und ihr Fahrtziel erreichen wollen. Theo James („Die Bestimmung“-Reihe) und Forest Whitaker (Oscar für „Der letzte König von Schottland“) machen diese gemeinsamen Momente durch ihr feinfühliges Spiel zu Höhepunkten des Films. Die funktionieren auch deshalb so gut, weil die beiden Protagonisten, die sich nicht sonderlich mögen, aber auch keine Gegner sind, eben nicht auf einen Schlag zu Blutsbrüdern werden. Ihre Annäherung wird vielmehr behutsam und trotz der düsteren Grundstimmung mit ein wenig Humor geschildert. Gegen Ende gehen den Filmemachern jedoch etwas die Ideen aus und es kommt trotz der einnehmenden Hauptfiguren zu etwas Leerlauf.

    Wer seine filmische Apokalypse am liebsten laut krachend und explosiv mag, der kommt hier kaum auf seine Kosten. Der potenzielle Weltuntergang, den „How It Ends“ schon im Titel anzukündigen scheint, spielt im Film letztlich keine allzu große Rolle. Mehr als diffuse Gewitter und Stürme gibt es nicht zu sehen, Erklärungen für die Vorkommnisse gibt es gar nicht. Die ungesehene Katastrophe dient nur dazu, die Handlung in Gang zu setzen, und die Filmemacher interessieren sich weitaus mehr für die gesellschaftlichen Auswirkungen des fatalen Ereignisses als für dieses selbst. Für Effektorgien fehlten sowieso die Mittel: Mit nur 20 Millionen Dollar (so hoch war das Budget) könnte auch der Hollywood-Schwabe Roland Emmerich kein krachend-opulentes Inferno entfachen.

    Fazit: Statt auf Bilder der Zerstörung setzt Regisseur Rosenthal in seinem Road-Movie vor Katastrophen-Hintergrund auf ein düsteres, aber zurückhaltend inszeniertes Szenario vom Zerfall der Zivilisation. Die exzellenten Hauptdarsteller Theo James und Forest Whitaker füllen das Gedankenspiel mit Leben.

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